Die Braut des Herzogs (German Edition)
liebt die neue Herrin. Auch jene, die bereits bei uns waren, als Mama noch lebte. Das mußt du dir vorstellen!«
Sie nahm einen weiteren Schluck aus der Tasse und fuhr fort: »Von diesem Tag an kam sie oft zu uns. Sie freundete sich mit allen Hausbewohnern an. Sie ließ sich von Mrs. Skipton das ganze Haus zeigen, lobte ihre Kochkunst und fragte sie nach einzelnen Rezepten. Sie spielte mit den Kleinen und schmökerte mit Sophia in einigen Ausgaben von La belle Assemblé , die sie aus London mitgebracht hatte. Nach kurzer Zeit konnten wir uns gar nicht mehr vorstellen, wie es ohne sie gewesen war. Die Hochzeit vor vierzehn Tagen wurde im kleinen Kreise in der alten Kapelle gefeiert. Mein Bruder Gregory war aus Oxford gekommen. Lord Hamsham war der einzige Verwandte, den Marilla eingeladen hatte. Sie ist noch in Trauer um ihre Mutter, mußt du wissen. Das ist auch der Grund, warum die Trauung in aller Stille gefeiert wurde. Im Juni, wenn das Trauerjahr vorüberist, soll die Eheschließung offiziell bekanntgegeben werden. Solange wollten die beiden mit der Heirat nicht warten. Das kann ich gut verstehen, denn Marilla konnte nicht im Hause eines verwitweten Mannes übernachten, ohne daß es Gerede gegeben hätte. Und die weite Anreise für ihre Besuche und die Aufenthalte in den Gasthöfen waren auf die Dauer doch zu beschwerlich. Die Hochzeit war ein schönes Fest. Wir haben viel gelacht, und es gab keinen, der Marilla nicht in sein Herz geschlossen hätte.«
»Und ihre Söhne?« wollte Mrs. Cookridge wissen, »waren die nicht eingeladene?«
»Söhne?« wiederholte Olivia erstaunt, »soviel ich weiß, hat sie nur einen Sohn, Harry. Er ist zur Zeit als Offizier in Belgien stationiert und konnte keinen Urlaub bekommen.«
Mrs. Cookridge dachte angestrengt nach : »Ich kann mich natürlich irren«, sagte sie schließlich. »Soweit ich mich erinnere, gab es da noch einen zweiten Sohn. Möglich aber auch, daß ich da zwei Familien verwechsle.«
Sie blickte Olivia offen ins Gesicht: »Was du mir erzählt hast, klingt alles sehr schön. Aber so erfreulich diese Heirat auch sein mag, für dich ist sie doch eine Katastrophe. Oder denkst du etwa, daß dich die neue Lady Redbridge auf dem Gut weiter frei schalten und walten läßt?«
Olivia lachte etwas wehmütig: »Nein, das ganz gewiß nicht. Sie ist es gewöhnt, ein viel größeres Haus zu führen, als es das unsere ist. Und sie hat bereits begonnen, die Zügel in die Hand zu nehmen. Es hat sich schon so manches verändert, allerdings nicht zum Nachteil. Jetzt, da die finanziellen Mittel vorhanden sind …«
»Ja, Sudbury war immens reich«, unterbrach sie Mrs. Cookridge. »Er hat also seine Witwe wohlversorgt zurückgelassen?«
»Ja, ganz sicher. Ich weiß zwar nicht, wie groß Marillas Vermögen ist, nehme jedoch an, es ist beträchtlich: Für unser Gut ist das natürlich ein Segen. Zumal sich Papa, nach anfänglichem Sträuben, bereit erklärt hat, Marilla für die längst fälligen Reparaturen und Modernisierungen aufkommen zu lassen. Auch diebeiden Pferde vor meinem Gig sind aus ihrem Stall. Und für die Kinder ist es auch wunderbar: John kann nun doch nach Oxford gehen, und für die Mädchen wird eine ordentliche Gouvernante bestellt. Du weißt, dafür waren nie genügend Mittel vorhanden.«
»Ja, aber du! Was wirst du tun?« wollte Mrs. Cookridge wissen.
»Ich gehe nach London«, erklärte ihre Freundin zu ihrer Überraschung. »Ich habe an meine Tante Mable geschrieben, du weißt, Mamas Schwester. Ich habe sie gebeten, mich für die Dauer der Saison bei sich aufzunehmen. Heute ist ihr Antwortbrief eingetroffen. Sie schreibt, daß sie sich freue, mich wieder bei sich zu haben. Nun …«erwog sie leidenschaftslos. »Freuen wird sie sich wohl nicht gerade. Aber es ist nett von ihr, daß sie das schreibt.«
»Das ist wirklich eine gute Nachricht.« Mrs. Cookridge war begeistert. »Auch wenn du mir fehlen wirst, denn ich habe unsere Teestunden immer sehr genossen. Aber für dich ist eine Abwechslung sicher genau das Richtige. Nun, da du deine Pflichten deiner Familie gegenüber losgeworden bist, ist es höchste Zeit, daß du auch einmal an dich denkst.«
Olivia stimmte ihr ohne falsche Bescheidenheit zu: »Ja, das habe ich mir auch gedacht. Nun, da ich die Kinder in guten Händen weiß, brauche ich mir um sie keine Sorgen mehr zu machen. Ich werde also nach London gehen und mir einen Ehemann suchen.«
Als sie bemerkte, daß ihre Freundin über ihre Offenheit
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