Die Braut des Herzogs (German Edition)
Stiefmutter die Türe »Wenn es dir recht ist, treffen wir uns in einer halben Stunde bei den Ställen. Ich werde John Bescheid geben, er soll anspannen lassen.«
Es war am späten Nachmittag, als die beiden Damen ihren Heimweg nach Redbridge Manor antraten. Die alte Mrs. Goodhow winkte ihnen noch lange nach, als sie in Olivias Gig die Straße entlangfuhren. Lady Redbridge hatte sich in ihrem Sitz zurückgelehnt, auf ihrem Schoß ein Bündel Kräuter und das Rezept für einen Tee, der gegen die Kopfschmerzen helfen sollte, die sie von Zeit zu Zeit plagten. Olivia, die durch die Besuche abgelenkt worden war und zu ihrer gewohnten Fröhlichkeit zurückgefunden hatte, war wieder in ihr tiefes Grübeln versunken.
»Du bist so nachdenklich«, unterbrach ihre Stiefmutter die Stille.
»Es ist alles so schwierig«, stöhnte Olivia. »Wenn ich nur wüßte, was hinter diesem mysteriösen Antrag steckt. Ich kann den Gedanken nicht loswerden, daß sich da jemand einen dummen Scherz erlaubt hat. Aber da war doch das Wappen auf dem Briefkopf eingeprägt. Und warum sollte der Herzog scherzen? Wie sollte es mir möglich sein, einen Antrag anzunehmen, wenn ich weder den Bewerber noch dessen Beweggründe kenne?«
»Warte doch einfach den Besuch Seiner Gnaden ab, bevor du eine Entscheidung fällst«, schlug Lady Redbridge vor. »Außerdemist es ein glücklicher Zufall, daß dich deine Tante gerade jetzt zu sich eingeladen hat. Du wirst in London häufig mit Wellbrooks zusammentreffen und kannst dir ein Bild von ihm machen. Wie kommt es eigentlich, daß dich deine Tante für diese Saison eingeladen hat?«
»Weißt du, ich habe ihr geschrieben und sie gebeten, sie möge es tun. Ich habe mit diesem Gedanken gespielt, seitdem du das erste Mal bei uns zu Besuch warst.«
»Um Himmels willen!« rief Mylady entsetzt und richtete sich steif in ihrem Sitz auf. »Ich will dich doch nicht aus deinem Vaterhaus vertreiben! Hältst du mich denn für ein Ungeheuer, mit dem du dir ein Zusammenleben unter einem Dach nicht vorstellen kannst?«
Sie war sichtlich erschüttert.
»Aber nein«, widersprach Olivia lachend. »Im Gegenteil.«
»Das mußt du mir näher erklären«, insistierte ihre Stiefmutter.
Olivia zügelte die Pferde und begann: »Wie du weißt, war ich bereits einmal bei meiner Tante in London zu Gast. Ich war damals siebzehn und sollte meine erste Saison bei ihr verbringen. Leider starb Mama unerwartet bei diesem schrecklichen Bootsunfall, und ich kehrte nach wenigen Wochen wieder nach Hause zurück. Es mußte sich schließlich jemand um den Haushalt und um die Kinder kümmern.«
»Du Arme!« warf Lady Redbridge ein, »wie schrecklich schwer muß dir das gefallen sein.«
»Mamas Tod traf mich hart«, gab Olivia zu, »aber das Ende meiner Saison habe ich nicht bedauert. Weißt du, ich war damals ein richtiges Landkind. Die großen Bälle und Abendveranstaltungen erschreckten mich. Ich war es nicht gewöhnt, mit fremden Menschen über alles und nichts zu plaudern. Überdies habe ich auch nicht gut ausgesehen. Hausbacken, pausbäckig und an allem Modischen völlig desinteressiert. Ich hatte nur ein Auge für Pferde. Nicht für Männer. Den Kopf voll von naiven Vorstellungen. Ich vermute, Tante Mable hatte es nicht leicht mit mir und war ganz froh, daß sie mich so bald loswurde. Umso netter finde ich es, daß sie mich nun, sechs Jahre später, erneut zu sich einlädt.«
Sie hätte das Fahrzeug angehalten und sprang behende von ihrem Sitz. »Wenn es dir recht ist, binde ich die Pferde hier fest, und wir gehen ein Stück spazieren. Im Gehen spricht es sich leichter.«
Lady Marilla warf einen skeptischen Blick auf ihre leichten Halbstiefelchen, sagte jedoch kein Wort und erhob sich ebenfalls. Nachdem Olivia die Pferde festgebunden hatte, hakte sie sich bei ihrer Stiefmutter unter und fuhr in ihrer Erzählung fort: »Ich habe mich also fortan um das Haus, Vater und die Kinder gekümmert. Und war mit meinem Dasein zufrieden.«
»Bis ich kam«, warf Marilla ein.
»Sehr richtig«, bestätigte Olivia mit einem amüsierten Blitzen in ihren blauen Augen. Setzte aber gleich hinzu: »Ich habe es für meine Pflicht angesehen, hier für Ordnung zu sorgen. Wenn du mir versprichst, es Papa und den Kindern nicht zu erzählen, dann gestehe ich dir, daß ich das Leben manchmal sehr eintönig fand. Ich habe mich danach gesehnt zu tanzen, mich zu unterhalten, mit anderen Menschen zu sprechen als mit unseren Pächtern. Ich will mich ganz gewiß
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