Die Braut des Herzogs (German Edition)
feinen Gesellschaft einschlagen wie ein Blitz!«
Olivia, die dem unerwarteten Eifer ihrer Stiefmutter mit wachsender Belustigung zugehört hatte, kniff nun leicht die Augen zusammen und blickte sie durchdringend an:
»Die Wahrheit, bitte, Marilla«, forderte sie schließlich. »Warum ist es für dich so wichtig, daß ich in der Gesellschaft einschlage wie ein Blitz?«
Lady Redbridge schwieg geraume Zeit und blickte gedankenverloren über den Park, der sich in nächtlicher Stille zu beiden Seiten des weitläufigen Hauses erstreckte.
»Also gut«, sagte sie endlich. »Ich hatte ursprünglich vor, mit dem Herzog persönlich darüber zu sprechen. Doch nun ist er nicht gekommen. So werde ich jetzt dir die ganze Geschichte erzählen und dich um deine Hilfe bitten. Vielleicht ist es sogar besser so.«
Sie begann wieder im Zimmer auf und ab zu gehen und mit fahrigen Gesten nach den richtigen Worten zu suchen.
»Es geht um meinen Sohn«, erklärte sie schließlich.
»Um Harry?« fragte Olivia erstaunt.
Marilla schüttelte den Kopf. »Nein, um meinen älteren Sohn. Um Matthew Laurent. Ja, er heißt wirklich so. Du wirst es nicht glauben.« Leise lachte sie auf. »Mein Mann wollte es so. Er heißt Matthew nach seinem Vater. Dieser Name wird englisch ausgesprochen. Und Laurent wurde er nach seinem französischen Urgroßvater genannt. Die Mutter meines Mannes war Französin«,fügte sie erklärend hinzu. »Sie stammte aus der Nähe von Paris. Darum hat mein Erstgeborener einen englischen und einen französischen Vornamen. Es fiel allerdings nicht sehr ins Gewicht. Jeder nannte ihn seit seinen Kindertagen Mat.«
»Darum also hat Amanda Cookrigde davon gesprochen, daß du zwei Söhne haben müßtest«, sagte Olivia. »Wie alt ist Mat jetzt?«
»Er ist dreißig«, erklärte Marilla. Als sie Olivias überraschten Gesichtsausdruck wahrnahm, setzte sie mit geschmeicheltem Lächeln hinzu: »Ich hoffe wirklich, daß man mir einen derart erwachsenen Sohn nicht ansieht. Du mußt bedenken, daß ich erst siebzehn Jahre alt war, als Mat zur Welt kam. Mein Mann war mehr als zwanzig Jahre älter als ich. Ich habe ihn mit sechzehn geheiratet, als meine erste Saison kaum vorüber war. Für mich war Sudbury der Ersatz für den Vater, den ich nie hatte. Ich habe dir doch erzählt, daß mein Papa kurz vor meiner Geburt starb, nicht wahr? Und mein Gemahl benahm sich auch wie ein Vater zu mir. Er war zwar freundlich und wohlwollend, zugleich jedoch sehr bestimmend. Er ließ keine andere Meinung gelten als seine eigene. Ich habe mich daher eng an meine Söhne angeschlossen. Und ich hatte auch ein gutes Verhältnis zu ihren Freunden, besonders zu Matthews Freunden. Der Altersunterschied zu diesen war ja geringer als zu den meisten Freunden meines Mannes. Mat hatte vor allem zwei Freunde, mit denen er viel unternahm. Sie verbrachten nahezu die gesamte Freizeit zusammen, waren gemeinsam in Eton und Oxford.« Marilla lachte, als sie sich jetzt wieder erinnerte: »Man pflegte sie ›Die großen Drei‹ zu nennen«, fuhr sie fort und wurde gleich wieder ernst:
»Alles ging gut, bis Mat zweiundzwanzig Jahre alt wurde. Mein Gatte hielt große Stücke auf ihn. Er war ein intelligenter junger Mann, sportlich und ehrgeizig. Er sprach französisch so gut wie seine Muttersprache. Und außer den Dummheiten, die jeder junge Mann macht, gab es nie ernsthafte Probleme. Mit zweiundzwanzig lernte er dann dieses Frauenzimmer kennen.« Sie kniff fest die Lippen aufeinander.
»Eine gewisse Betty Laroche. Weiß Gott, ob die Dame wirklich so hieß. Mat brachte sie eines Tages nach Hause und verkündete stolz, daß er sie zu heiraten gedenke. Du kannst dir vielleicht die Aufregung vorstellen, die diese Ankündigung verursachte. Mein Mann war ein Earl aus einem alten Adelsgeschlecht. Stolz auf seine Herkunft und überaus standesbewußt. Die Vermählung seines Erben mit einer Bürgerlichen hätte er nie in Erwägung gezogen. Und dann war diese Miss Laroche auch noch von äußerst zweifelhaftem Ruf. Wir waren beide entsetzt. Auch ich, die sonst immer zu meinen Söhnen gehalten hatte. Ich hatte die beiden stets vor ihrem gestrengen Vater in Schutz genommen. Doch in diesem Fall konnte ich Mat nicht unterstützen. Ich wußte, daß eine derartige Ehe nur schlimm enden konnte. Diese Frau hätte seine Zukunft zerstört. Mat hatte politische Ambitionen, mußt du wissen. Nein, es war einfach ausgeschlossen, so einer Verbindung zuzustimmen.«
Sie seufzte tief. »Das hat mir
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