Die Braut des Herzogs (German Edition)
sie sich vor. »Ich wohne bei Lady Darlington am Grosvenor Square. Sollte ich Ihnen einmal behilflich sein können, dann lassen Sie es mich bitte wissen, Mr. Stevens. Es wäre mir eine Freude, mich revanchieren zu können.«
Die Augen des Schusters leuchteten auf: »Das ist aber sehr großzügig, Miss«, sagte er erfreut »Ich danke für das Angebot.«
Er verbeugte sich abermals und verabschiedete sich.
Olivia blickte ihm kurz nach und machte sich dann eilig auf den Weg zur Schneiderin. Sie konnte es gar nicht fassen, was sich soeben ereignet hatte. Was für ein Glück, daß ihr Mr. Stevens zu Hilfe gekommen war.
Nun galt es nurmehr eine Hürde zu nehmen: Tante Mable möglichst schonend über das Erlebnis zu informieren.
Als sie am nächsten Abend einen Ball bei Almack’s besuchte, hatte Olivia den Vorfall auf der Bond Street schon fast wieder vergessen. Tante Mable hatte natürlich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, als sie von dem aufregenden Erlebnis ihrer Nichte erfuhr. Sie sparte nicht mit Tadel, daß diese entgegen ihren Wünschen nicht in der Bücherei auf sie gewartet hatte. Bedauerte, daß sie dem tatkräftigen Helfer nicht persönlich hatte danken können, und wollte sich erst beruhigen, als Olivia den Inhalt ihres Retiküls vor ihr ausgebreitet hatte und versicherte, daß wirklich nicht die geringste Kleinigkeit fehlte.
Zum Glück schien keiner ihrer Bekannten den Vorfall beobachtet zu haben, und so machte das Geschehen nicht die Runde.
Der Ball bei Almack’s war in vollem Gange. Es war halb elf Uhr abends, um elf würden die Tore unwiderruflich geschlossen werden. Es war ein ungeschriebenes Gesetz des Clubs, daß nach elf Uhr kein Gast mehr Einlaß in die geheiligten Hallen finden würde, wie hochgestellt er auch sein mochte.
Lady Darlington schien mit ihrer Vermutung recht gehabt zu haben, daß sie auch an diesem Abend nicht mit der Gegenwart von Wellbrooks rechnen mußten.
»Denn weißt du«, hatte sie ihrer Nichte gegenüber gemeint, »Almack’s läuft geradezu über von heiratswilligen Damen, und darum macht der Herzog schon seit Jahren einen großen Bogen um diesen Club.«
Als es jedoch nur noch wenige Minuten vor elf Uhr war, schlenderte Wellbrooks in den Ballsaal. Sein überraschendes Erscheinen erregte nicht geringe Aufmerksamkeit.
Er war wieder exquisit gekleidet, in einem perfekt geschnittenen dunklen Frack, sein Blick schweifte leicht gelangweilt über die anwesenden Gäste, ab und zu ein Nicken zum Zeichen del Grußes, dann blieben seine Blicke kurz auf Olivia hängen. Die Musik, die eine kurze Pause eingelegt hatte, begann soeben wieder zu spielen, und an den ersten Klängen der Geigen wurdedeutlich, daß das Orchester einen Walzer anstimmte. Olivia, die mit Lord Linham auf der Tanzfläche gestanden hatte, ließ sich zu einer Sitzgelegenheit am Rande des Ballsaales führen. Obwohl Walzer seit einiger Zeit auch bei Almack’s Einzug gefunden hatte, durfte sich eine junge Dame nur zu diesem Tanz führen lassen, wenn dies mit ausdrücklicher Billigung einer der Patronessen geschah.
Wie Wellbrooks unschwer aus Olivias Verhalten ersehen konnte, hatte sie noch nicht diese notwendige Zustimmung erhalten. So war sie gezwungen, auf einem Sofa zu sitzen und, wie er mit leicht belustigtem Lächeln feststellte, langweilige Monologe seines Cousins Charles über sich ergehen zu lassen. Der Herzog sah Lady Sefton im Kreise einer Gruppe Gäste in seiner Nähe und ging direkt auf sie zu : »Meine teuerste Mary«, sagte er lächelnd, als er sich über ihre Hand beugte. Er nickte den Umstehenden zu und zog Myladys Arm durch den seinen, um sie von ihren Bekannten wegzuführen.
»Was führt dich in den Club, Wellbrooks?« fragte Lady Sefton frei heraus. »Es ist schon eine Ewigkeit her, seit wir dich zum letztenmal hier gesehen haben. Du meidest doch normalerweise diesen Heiratsmarkt.«
Seine Gnaden lächelte auf sie herab, ging jedoch nicht weiter auf ihre Frage ein: »Ich möchte dich um einen Gefallen bitten«, meinte er statt dessen. »Würdest du mich einer jungen Dame als den geeigneten Tanzpartner für diesen Walzer vorstellen?«
Mylady kniff leicht die Augen zusammen, als sie zu ihrem Begleiter hochsah: »Welche Dame soll es denn sein?«
»Miss Redbridge«, erklärte der Herzog knapp.
»Miss Redbridge?« wiederholte Mylady, den Blick nicht von seinem Gesicht wendend, »endlich Feuer gefangen, Julian?«
Des Herzogs Augen blitzten kurz auf: »Aber nein«, sagte er leichthin.
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