Die Braut des Herzogs (German Edition)
war erleichtert, als sie nun von seiner überstürzten Abreise erfuhr. Was mochte ihn zu diesem raschen Entschluß veranlaßt haben? Nicht zu Unrecht vermutete sie, daß der Herzog seine Hand im Spiel gehabt haben könnte.
Da also George Romsey als Begleiter ausfiel und sie Ausfahrten mit Lord Linham nur dann unternahm, wenn es sich gar nicht vermeiden ließ, sah man sie nun öfter an der Seite des Vicomte de Valliseau. Sie ritten zusammen aus, bei jeder Tanzveranstaltung sah man den schönen Franzosen sie aufs Parkett führen, und da auch Lady Darlington nichts gegen seine Gegenwart einzuwenden hatte, führte er die beiden Damen eines Abends in die Oper.
Mylady hatte dort für das ganze Jahr eine Loge gemietet. Man gab Mozarts Die Hockzeit des Figaro . Der Vicomte erwies sich als charmanter Begleiter, und sie waren alle in vorzüglicher Stimmung. Dann, es war zu Beginn der Pause, noch bevor Myladys Freunde die Loge betreten hatten, um mit ihr zu plaudern, als der Vicomte Olivia unvermittelt fragte, ob sie schon etwas vom Aufenthaltsort von Lord Sudbury gehört habe.
Damit brachte er sie in peinliche Verlegenheit. Sie hatte ihn nicht davon unterrichtet, daß Lady Darlington nichts über ihre Suche nach Mat wissen durfte, denn es war ihr plötzlich ungehörig erschienen, vor ihrer Tante ein derartiges Geheimnis zu haben. Und doch hatte sie weiterhin nicht vor, diese einzuweihen. Als sie nun die Augen von Mylady erstaunt auf sich gerichtet sah, antwortete sie ein wenig überstürzt, die Wangen leicht gerötet: »Nein, nein. Überhaupt nicht.«
In diesem Moment wurde die Logentüre geöffnet und Lady Linham trat ein, gefolgt von ihrer Tochter Julie und ihrem Sohn Charles. Olivia war noch nie so froh gewesen, die drei begrüßen zu können. Das Thema Mat wurde nicht weiter erörtert. Obwohl sie sich sofort den Neuankömmlingen widmete, fragte sich Olivia doch, was wohl der skeptische Blick des Vicomte bedeuten konnte, den sie aus den Augenwinkeln heraus aufgefangen hatte.
Zwei Tage nach diesem Opernabend, an einem kühlen Nachmittag, hatte sich Olivia in ihr Zimmer zurückgezogen, um einen ausführlichen Brief nach Hause zu schreiben, als ihre Tante den Kopf zur Türe hereinsteckte. »Ich wollte dir nur sagen, meine Liebe, daß ich mich auf den Weg zu meiner Schneiderin mache. Ich werde nicht lange ausbleiben. Es handelt sich lediglich um eine Anprobe. Du weißt ja, das grüne Kleid, für das wir den Stoff so unerhört günstig in dem kleinen Geschäft in der Jermyn Street gekauft haben. Ich werde bei dieser Gelegenheit auch gleich Ausschau nach passenden Handschuhen halten. Aber laß dich von mir nicht aufhalten, ich sehe, du erledigst deine Post.«
Olivia lächelte ihr zu und wünschte viel Erfolg bei ihren Unternehmungen. Tante Mable war gerade dabei, die Türe hinter sich zuzuziehen, als Olivia es sich anders überlegte:
»Tante Mable«, rief sie, »ist das Geschäft deiner Schneiderin nicht in einer Seitenstraße der Bond Street, gleich um die Ecke von Hookham’s Bücherei?«
Mylady kehrte ins Zimmer zurück und nickte. »Dann möchte ich dich gerne begleiten, wenn du nichts dagegen hast Ich habe nämlich bei Hookham’s ein Buch mit Gedichten bestellt, das ich gerne abholen würde. Und dann sind da noch meine Diamantenohrgehänge. Mir ist beim Ball von Lady Jersey aufgefallen, daß ein Verschluß nicht mehr richtig schließt, und darum sollte ich sie umgehend zu einem Juwelier bringen.«
Lady Darlington hatte natürlich nichts gegen die Begleitung ihrer Nichte einzuwenden, und eine Viertelstunde später sahman die beiden Damen im Landauer sitzen, das Verdeck wegen des kühlen Wetters hochgeklappt.
»Wenn du so gut bist, mich bei der Bücherei aussteigen zu lassen«, schlug Olivia vor. »Du brauchst nicht auf mich zu warten. Ich werde dich dann bei deiner Schneiderin wieder treffen. Du brauchst keine Angst zu haben, ich kenne den Weg.«
»Aber du kannst doch unmöglich alleine auf der Bond Street promenieren!« wandte Mylady ein. »Was würde denn das für einen Eindruck machen? Gut, ich werde dich vor diesem Buchladen absetzen, aber ich werde dich auch wieder mit dem Wagen abholen. Ich denke, in einer halben Stunde bin ich mit der Anprobe fertig.«
Der Landauer wurde vor Hookham’s zum Stehen gebracht.
»Also, bis in einer halben Stunde«, wiederholte Lady Darlington.
»Du brauchst dich wegen mir nicht zu hetzen, Tante Mable. Ich schmökere gerne in den Büchern, du kannst also deine Anprobe in Ruhe
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