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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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Schwangerschaft konnte Rotrou nicht beeindrucken. Wer sagte denn, dass sie einen Sohn zur Welt brachte? Der väterliche Zorn hatte Gottfried schmerzlich getroffen. Er hatte diese Einwände zwar vorausgesehen, dennoch war er in dem Glauben hierher gereist, der Vater könnte seine Entscheidung letztlich doch verstehen. War nicht auch Rotrou für die Sache der Christen ins Heilige Land gezogen? Weshalb also gönnte er seinem Sohn diese Pilgerschaft mit dem Schwert nicht?
    Der Fluss seiner Gedanken wurde immer unruhiger, brach sich an hartem Gestein, kreiste in Wirbeln, zwängte sich durch enge Felsspalten und zog ihn unwiderstehlich an einen Ort, den er sorgsam hatte vermeiden wollen. Es war Jeans Tochter, die ihn immer wieder beschäftigte, über die er sehr viel häufiger nachgrübelte, als er es sich gestatten wollte. Zuerst hatte er geglaubt, es sei nur die Sorge um eine Schutzbefohlene, für die er Verantwortung trug. Doch als sie vor drei Tagen ernsthaft erkrankte, hatte er einen tiefen Schrecken empfunden. Zugleich war eine sinnlose und sündige Eifersucht über ihn gekommen, denn es war Ivo Beaumont, der sie auf seinen Armen an Land trug.
    Weshalb hatte er das Mädchen nicht zurück ins Perche geschickt? Er hätte ihr einige seiner Knechte als Begleitung mitgeben können, dann wäre sie ohne Zweifel sicher in der Heimat angekommen und er hätte sich jetzt nicht mit Gedanken herumschlagen müssen, die eines Pilgers unwürdig waren. Inzwischen war er sich gar nicht mehr so sicher, ob jenes Himmelszeichen göttlichen Ursprungs gewesen war. Konnte es nicht auch ein Trugbild des Teufels gewesen sein?
    Er hatte Angst um ihr Leben gehabt. Mehrfach hatte er Jean nach ihrem Zustand befragt, viel zu oft. Er konnte nur hoffen, dass niemand in seiner Umgebung diesen Übereifer bemerkt hatte. Zu allem Überfluss hatte er sich auch bei Fulco von Villeneuve erkundigt und die Antwort erhalten, dass sich dessen Frau, Yolanda, Tag und Nacht um die Kranke kümmere. Weiß Gott, er hatte sich wie ein Narr aufgeführt, hatte bei den Johannitern sogar nach einem Arzt für sie nachgefragt und sich erst beruhigt, als Jean ihm heute gegen Mittag berichtete, seine Tochter sei genesen.
    In der Hitze seiner Gefühle nahm er sich vor, Tiessa so bald wie möglich einzuschiffen – wenn nötig unter Zwang –, damit sie keiner weiteren Gefahr ausgesetzt war. Auch würde er sie eindringlich vor Ivo Beaumont warnen, mit dem sowohl sie als auch ihr Vater wieder freundlichen Umgang pflegten. Schon allein deshalb, weil sich der junge Bursche als Feigling erwiesen hatte. Beim Kampf gegen die Piraten hatte er sich unter einer Ruderbank verkrochen und so keinen einzigen Kratzer davongetragen.
    Als jedoch der Morgen dämmerte, erkannte der Herr von Perche, dass er sich allzu sehr ereiferte, und er beschloss, gar nichts zu unternehmen und auf Gottes Führung zu vertrauen.
    Am folgenden Tag stellte die Ankunft des englischen Königs alle anderen Geschehnisse in den Schatten. Trotz der durchwachten Nacht war Gottfried am Morgen gemeinsam mit seinem Vater und einer Anzahl Kämpfern und Knechten vor die Stadt Akkon gezogen, um die Männer, die während der Nacht dort bei den Katapulten gewacht hatten, abzulösen und die Angriffe gegen die Mauern wieder aufzunehmen. Es war eine mühevolle Arbeit, die die adeligen Ritter gern den Knechten überließen. Nicht wenige der armen Burschen waren von den Pfeilen der Verteidiger getroffen worden, während sie die schweren Gegengewichte des Hebels nach unten zogen und dann Steinbrocken in die Schleuder luden. Zudem schien es Gottfried, dass diese Angriffe nur halbherzig geführt wurden, allzu wenige der Kämpfer beteiligten sich daran, während der weitaus größere Teil der Ritter im Lager blieb. Auch die Sarazenen schienen die beiden Katapulte nicht ernst zu nehmen. Man hörte sie oben zwischen den Zinnen höhnisch lachen, wenn ein Geschoss in die Festung oder gegen die Mauer polterte. Wenn sie aber selbst mit Steinen warfen oder Pfeile schossen, riefen sie Allah dabei an. Damit meinten sie Gott den Herrn, wie man ihm gesagt hatte. Welch eine Gotteslästerung!
    Trotz allem musste man immer auf der Hut vor Saladins blitzschnellen Angriffen sein, sowohl von See her als auch von der Landseite, deshalb hatte man Wachposten bis hin zur Küste aufgestellt. Es war gegen Mittag, und man hatte beschlossen, in sicherer Entfernung von den Mauern eine Mahlzeit zu halten, als vom Strand her laute Rufe hörbar wurden.
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