Die Braut des Kreuzfahrers
Antwort zu hören, sosehr Gottfried auch die Ohren spitzte. Nebenan bei den Knechten wurde es jetzt lebendig, einer gähnte überlaut, ein anderer stolperte zur Treppe und stieß dabei gegen einen Gegenstand aus Metall. Unten auf der Gasse vernahm man ein kräftiges Rauschen, irgendjemand schlug dort sein Wasser ab.
» Du … du boshafte Teufelin. Wie kannst du so hartherzig sein, Tiessa! Ich brauche dich. Weißt du nicht, wie sehr ich dich … wie sehr ich dich liebe? «
Gottfried ließ sich zurück auf sein Polster fallen. Yolanda war eine sonderbare Frau, soviel war gewiss. Doch was man auch immer über sie sagen konnte, sie war ihrem Fulco eine gute Ehefrau. Er lauschte noch eine Weile angestrengt, aber der Streit drüben hatte offensichtlich ein Ende gefunden und war nicht so ausgefallen, wie Yolanda es sich erhofft hatte.
Kurz darauf war das ganze Haus in Aufruhr, sodass es ihn nicht mehr auf dem Lager hielt und er durch Zimmer und Flure lief. Mägde und Knechte schleppten das Gepäck der Heimreisenden auf die Gasse hinunter und luden es dort auf Maulesel, die ihnen ein gewitzter Viehhändler zu einem Wucherpreis zur Verfügung stellte. Zu Gottfrieds Ärger hatten sich auch andere Ritter aus dem Perche entschlossen, ihrem König zurück nach Frankreich zu folgen. Man eilte die Treppen hinunter, Frauen schrien nach ihren Mägden, eine gefüllte Truhe polterte die Stufen hinab, der Deckel sprang auf und der Inhalt verstreute sich über die Treppe. Gleich darauf wurden die ungeschickten Knechte mit kräftigen Schlägen bedacht, während die Mägde hastig Wäsche und Kleinodien ihrer Herrin einsammelten. Diejenigen Ritter, die im Land bleiben wollten, sahen dem Durcheinander mit hämischen Blicken zu, und vor allem ihre Frauen und Mägde ergingen sich in boshaften Bemerkungen.
Gottfried setzte sich an den Tisch und zwang sich, einige kurze Sätze auf ein Pergament zu schreiben, denn er wollte seiner Ehefrau durch die heimkehrenden Ritter eine Nachricht zukommen lassen. So rasch er sonst die Feder führte, fiel es ihm jetzt schwer, die rechten Worte zu finden. Gewiss, er konnte vom Sieg der Kreuzfahrer bei Akkon berichten. Außerdem teilte er Richenza mit, dass er beschlossen habe, von nun an im Heer des englischen Königs zu kämpfen, was sie vielleicht freuen würde, da sie eine Nichte des Löwenherz war. Auch den Tod seines Vaters konnte er ihr nicht verschweigen, doch über andere seiner Ritter, die im Kampf oder durch Krankheit das Leben verloren hatten, berichtete er nichts. Das Kind in ihrem Leib musste nun schon fast sieben Monate alt sein, und es war sicher, dass er bei ihrer Niederkunft nicht im Perche sein würde. Also schrieb er, dass er für sie bete und all seine Gedanken bei ihr und dem Kind seien. Er kam sich wie ein Lügner vor, als er diese Zeilen durchlas, denn in Wahrheit hatte er während der vergangenen Wochen nur wenig an Richenza gedacht. Wäre die Zeit nicht so knapp gewesen, hätte er die Nachricht noch einmal in anderer Form verfasst. So aber rollte er das Pergament zusammen, schlang ein Band darum und versiegelte es.
Nur von Bertran und zweien seiner adeligen Ritter begleitet, ritt er später zum Hafen, wo die Schiffe des französischen Königs bereits ausgelaufen waren. Eine Menge Leute drängte sich an den Anlegestellen, wo dickbäuchige Handelsschiffe sacht im blauen Wasser schaukelten. Es waren in der Mehrzahl venezianische und genuesische Schiffe, die Waren jeglicher Art, vor allem aber Lebensmittel in die Läden und Marktstände geliefert hatten. Gottfried stellte staunend fest, dass sich die geschäftige Hafenstadt Akkon innerhalb weniger Tage von den Zerstörungen und Plünderungen erholt hatte und zu einem fast normalen Alltag zurückgekehrt war. Man sah allerorten geöffnete Läden mit Früchten, Gebäck, Gemüse und sogar Zuckerwerk, das in seiner Heimat ganz und gar unerschwinglich war. Auch fremdartig duftende Gewürze wurden in kleinen Körben angeboten, bunt gewirkte Seidenstoffe und allerlei Schnitzereien aus Elfenbein oder Stein, von denen er nicht wusste, ob sie nicht heidnisches Zauberwerk waren. Ein Händler aus Venedig bot sogar mit Edelsteinen eingelegte Kruzifixe und emaillierte Silberkelche an, dazu kleine, schön gemalte Bilder der Heiligen Jungfrau. Groß war die Zahl der Bettler und Krüppel, die in Gassen und auf Plätzen umherlungerten und die Vorübergehenden um eine milde Gabe anflehten. » Um Christi willen « war das Zauberwort, das ihnen die Beutel
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