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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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einkehren, alter Freund! Hier findet man alles zugleich, einen guten Trunk, ein hübsches Weib und die besten Gerüchte aus erster Hand. «
    Gottfried lehnte ab. Er war keiner, der gern in Tavernen herumhockte, vor allem nicht in dieser, die ihm recht heruntergekommen vorkam. Auch die beiden Frauen, die sich beim Eingang aufhielten und die heranreitenden Ritter mit frechen Blicken musterten, gefielen ihm wenig.
    » Ach richtig, ich vergaß, dass der heilige Gottfried nicht zu den Huren geht « , gab Roger leicht verstimmt zurück. » Aber gewiss, was man im Hause umsonst bekommt, das muss man nicht für teures Geld auf dem Markt kaufen. «
    Gottfried starrte ihn verständnislos an, und Roger brach in spöttisches Gelächter aus.
    » Mich führst du nicht hinters Licht, Bruder « , rief er und landete einen freundschaftlichen Schlag auf Gottfrieds Schulter. » Dein Liebchen ist von ganz besonderer Art, aber sie gefällt mir trotz allem. Ein Teufelsweib, das ich gern einmal zureiten würde. Wenn du also einmal genug von ihren Scherzen hast, dann schick sie zu mir, deine Tiessa! «
    Gottfried wollte seinen Ohren nicht trauen. Als er jedoch begriff, dass der andere diese Ungeheuerlichkeit in vollstem Ernst ausgesprochen hatte, wurde ihm für einen Augenblick schwarz vor Augen.
    » Nimm diese Worte auf der Stelle zurück « , rief er aufgeregt, während sein Pferd, das die Unruhe des Reiters spürte, unter ihm zu tänzeln begann. » Nimm sie zurück und schwöre mir, dass du niemals wieder und vor keinem anderen solch schamlose Lügen aussprechen wirst! Bei unserer Freundschaft! «
    Roger de Briard stieg seelenruhig vom Pferd und gab die Zügel seines Tieres in die Hand einer der beiden Hübschlerinnen. Erst dann wandte er sich zu dem zornbebenden Herrn von Perche, der jetzt Anstalten machte, ebenfalls abzusteigen.
    » Verdammt – was regst du dich auf? Deine zärtliche Richenza wird niemals davon erfahren. «
    » Es geht nicht um Richenza … « , entfuhr es Gottfried. Gleich darauf begriff er, dass er drauf und dran war, sich lächerlich zu machen, und er schwieg.
    » Geht es dir vielleicht um die Ehre deiner Magd Tiessa? « , grinste Roger. » Die muss dich ja fest in ihrer kleinen Faust haben, dieser Satansbraten, dass du ihretwegen sogar einen Freund zum Abschwören verleiten willst. «
    » Du irrst dich, Roger « , beharrte Gottfried. » Das Mädchen ist ehrbar und niemandes Liebchen, am wenigsten meines. «
    Rogers Grinsen erstarb, und seine Züge nahmen den Ausdruck mitleidiger Besorgnis an.
    » Hör zu, Gottfried « , sagte er in leisem Ton. » Du bist zwar hie und da ein wunderlicher Bursche, aber ich hänge nun mal an dir. Deshalb gebe ich dir einen guten Rat: Das Weib ist eine Ausgeburt des Teufels, der sie lasterhaft und voller Bosheit schuf. Ist sie deine Ehefrau, dann hab ein Auge auf sie, ist sie eine Hure, dann schick sie beizeiten davon. Wenn du aber auf die Idee kommen solltest, dein Herz an ein Weib zu hängen, dann wirst du geradewegs in dein Unglück rennen. «
    » Danke für den Rat « , gab Gottfried mit unbewegter Miene zurück. » Und jetzt schwöre … «
    » Weiß Gott, dir ist nicht zu helfen! «
    » Sprich mir nach und schwöre bei deiner Seligkeit … «

29
    U m die Mittagszeit erstarb die kühlende Meeresbrise, und die Augustsonne nahm die Stadt in Besitz. Mitleidslos drang sie in jede Gasse und jeden Winkel, ließ die Schatten neben den Hauswänden zu schmalen Bändern zusammenschmelzen und schlich sich wie ein böser Geist in die Köpfe der Menschen. Sogar auf den Märkten erlosch jetzt das laute Treiben, man zog Tücher über die Waren, um sie vor der Sonnenglut zu schützen. Fast unbeweglich lagen die Schiffe an den Anlegestellen, das Holz ihrer Masten und Planken knackte leise, träge schwappte das Wasser gegen den Kai.
    Tiessa hatte seit dem Morgen neben dem Krankenlager gesessen, jetzt ließ sie ein leises Geräusch zusammenfahren, und sie stellte erschrocken fest, dass sie eingenickt war.
    » Vater? « , flüsterte sie und beugte sich vor, um nach dem Kranken zu sehen.
    Jean Corbeille lag auf dem Rücken, die Arme seitlich neben dem Körper, die Augen geschlossen. Er hatte sich seit Stunden kaum noch bewegt, sein Atem ging flach, doch regelmäßig, und manchmal sah sie am Zittern seiner Augenlider, dass seine Pupillen sich bewegten. Vielleicht träumte er schon vom Paradiesgarten, aus dem Gott der Herr zwar das erste Menschenpaar vertrieben hatte, das aber am Jüngsten Tag für

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