Die Braut des Kreuzfahrers
der Kreuzfahrer öffnen sollte – vermutlich hatten sie noch vor zwei Wochen im Namen Allahs und seines Propheten Mohammed gebettelt.
Nach einer Weile entdeckte er Yolanda von Villeneuve und Beatrice von Chenet zwischen den Ständen, wo sie gemeinsam mit der Magd Marie letzte Einkäufe vor der Abreise tätigten, während die Ritter Fulco und Gilles sich mühten, ihre Pferde in den Bauch des Frachtschiffes zu locken. Gottfried ritt herbei, und obgleich er sich über die Abreise seiner Lehnsleute geärgert hatte, war er ihnen nun beim Verladen der kostbaren Tiere behilflich. Man schied in guter Freundschaft voneinander, und Fulco versprach, die Pergamentrolle getreulich an seine Herrin Richenza von Perche zu übergeben.
Auf dem Rückweg schloss sich ihm Roger de Briard an, der ebenfalls zum Hafen geritten war, um zu sehen, wie der französische König » davonschwamm « . Gottfried war diese anhängliche Begleitung zwar ein wenig lästig, doch auf der anderen Seite war Roger trotz seiner grobschlächtigen Art ein treuer Freund. Dazu kam, dass er aus Gründen, die Gottfried noch nicht kannte, stets ausgezeichnet über das Geschehen in der Stadt Bescheid wusste.
» So geht’s hierzulande zu, lieber Freund « , rief Roger gut gelaunt und schnalzte einer jungen Magd zu, die einen Wäschekorb schleppte. » Gestern war er noch König von Jerusalem, heute ist er abgesetzt, der graubärtige Konrad von Montferrat. Hast du gehört, wie die Könige den Zwist entschieden haben? «
» Man redete davon, doch ich bin mir nicht sicher. «
» Du hockst zu viel hinter deinen Folianten, mein Lieber. Die erzählen dir vielleicht vom Leben der Heiligen, aber nichts vom wirklichen Leben. «
Sein Lachen endete in einem Hustenanfall. Er hatte Gottfried erzählt, dass der verfluchte Sarazenenpfeil eine Narbe in seinem Hals hinterlassen habe, die ihn beim Lachen störe. Auch beim Essen sei es hinderlich, besonders wenn er nur dicken Brei zu schlucken bekäme. Den müsse er dann mit dem roten Wein aus Genua hinunterspülen.
» Sie haben den Lusignan nun endgültig zum König von Jerusalem gemacht « , vermeldete Roger. » Er trägt die Königswürde solange er lebt, doch er muss die Hälfte der Einnahmen an Konrad von Montferrat abgeben. Dazu erhält Konrad noch die Städte Tyros, Beirut und Sidon, und wenn der gute Guido einst den letzten Schnaufer getan hat, geht die Königswürde an Konrad und seine Frau Isabella über. Oder an ihre Kinder … «
Roger versicherte, man könne ihm sogar eine Kaiserkrone und dazu die Einnahmen aller Kreuzritterstaaten anbieten – er habe keine Lust, sich hier in der Gegend anzusiedeln.
» Unter uns gesagt, alter Freund « , meinte Roger und lenkte sein Pferd ein wenig näher an Gottfrieds Reittier heran. » Die Sache kann auf die Dauer nicht gutgehen. Nicht solange dieser Saladin die Sarazenen anführt, der ist ein verteufelt harter Gegner. Ja, wir werden ihm einige seiner Eroberungen wieder abjagen, da bin ich ganz sicher. Ich habe den Löwenherz vor Akkon gesehen – dem traue ich alles Mögliche zu. Aber was ist, wenn wir alle wieder heimwärts ziehen? Dann hockt der Lusignan hier ohne das große Heer der Kreuzfahrer, und es wird nicht lange dauern, da hat Saladin ihn im Sack. «
Gottfried hatte selbst schon über dieses Problem nachgedacht. Sultan Saladins Stärke beruhte darauf, dass es ihm gelungen war, die vielen einzelnen Stämme der Sarazenen im Kampf gegen die Christen zu vereinen. Die Lage der Franken im Heiligen Land würde tatsächlich nach Abzug des Kreuzfahrerheeres schwierig sein, doch sie war zu meistern, wenn die christlichen Herrscher hierzulande einig und geschlossen gegen Saladin standen. Man konnte also nur hoffen, dass der unselige Streit um die Königswürde nun endlich auf Dauer beigelegt war.
Roger de Briard schien in diesem Punkt weniger hoffnungsvoll, allerdings schien ihm das Schicksal der christlichen Staaten und des heiligen Jerusalem nicht wirklich am Herzen zu liegen. Gottfried stellte fest, dass Roger sein Pferd in immer schmälere Gässchen lenkte, und bald vernahm man das Geschrei und Gelächter froher Zecher, auch weibliches Gekreische, das nicht von Angst oder Schrecken, sondern ganz im Gegenteil von Wohlbehagen kündete. Während viele Bewohner Akkons die Eroberung mit ihrem gesamten Besitz oder gar mit ihrem Leben bezahlten, machten andere mit den Kreuzfahrern gute Geschäfte, allen voran die Tavernen und Hurenhäuser.
» Lass uns hier absteigen und
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