Die Braut des Kreuzfahrers
wich und das Fieber sich in ihrem Körper ausbreitete.
» Sie hat Tage und Nächte kaum ein Auge geschlossen « , hörte sie Dinahs warme Stimme. » Lassen wir sie schlafen. Ich bleibe bei ihr. «
» Aber sie fiebert … «
» Macht Euch keine Sorgen, Herr. Ich weiß Mittel gegen das Fieber. «
Sie brannte in einem orangeroten leuchtenden Feuer von solcher Pracht, dass ihre Augen schmerzten und Tränen über ihr Gesicht liefen. Die Flammen züngelten empor, schwankten und reckten sich wie schlanke Frauenleiber, sie kicherten und stießen gegeneinander. Zu den roten wehenden Kleidern trugen sie jetzt gelbe Schleier, die im Feuer flatterten, als bewege sie ein Sturmwind.
» Das Töten hört nicht auf. Man sagt, Sultan Saladin habe nur einen Teil des Goldes gezahlt und auch nicht alle Gefangenen freigelassen, wie es ausgemacht war. «
» Der König von Jerusalem, Konrad von Montferrat, soll versucht haben, über Richards Kopf hinweg mit Saladin zu verhandeln. «
» Er soll vor Wut getobt haben, der Löwenherz. «
» Wie viele will er denn noch töten lassen? Dort unten stehen Tausende. Saladins Kämpfer haben darauf vertraut, gegen christliche Geiseln ausgetauscht zu werden, als sie sich ergaben. Jetzt fällt einer nach dem anderen durch das Schwert. «
» Das Volk steht auf den Mauern und gafft. «
» Wenn die vielen Leichen erst zum Himmel stinken, werden sie nicht mehr gaffen. «
Tiessa konnte den Sinn der aufgeregten Reden nicht begreifen. Vor ihren Augen schwangen sich rote Vögel in den Himmel. Sie hatten riesige Schwingen und lange, spitze Schnäbel, und wenn einer von ihnen in die Himmelskuppel hineinschlüpfte, flatterten gleich zwei neue vom Boden auf. Wie seltsam, dachte sie. Es müssen Yolandas Vögel sein, aber sie sind nicht feindselig und versuchen auch nicht, mich zu picken. Wie schade, dass mich keiner von ihnen auf seinen Rücken nehmen will, dann würde ich erfahren, was sich hinter der Bläue des Himmels verbirgt.
Eine große Sehnsucht erfasste sie. Dort oben, wo die roten Vögel verschwanden, musste das Paradies sein, jener Garten, der jetzt zwar noch verboten war, den Gott aber am Jüngsten Tag wieder für die Menschen öffnen würde. Vermutlich war sie selbst viel zu sündig, um Eingang in den Garten zu erhalten, dennoch wollte sie gern im Schatten der niedrigen Gartenmauer liegen und warten, einfach nur warten … Schlafen. Tief in die kühle Dunkelheit sinken und auf den sachten Wogen dahintreiben … Ruhen. Keine Stimmen mehr. Keine beängstigenden Bilder. Keine Gedanken. Stille.
» Sie schläft, Herr. Seit heute früh ist das Fieber gesunken. «
Sie spürte eine Berührung, jemand hatte die Hand auf ihre Stirn gelegt, doch sie war zu müde, um die Augen zu öffnen.
» Hast du alles verstanden, Dinah? Die beiden Knechte heißen Jacob und Fulbert, sie stammen aus dem Perche und haben von mir einen guten Lohn erhalten. Die Magd heißt Magot, sie ist kräftig und scheint nicht dumm zu sein. Sobald Tiessa wieder gesund ist, werdet ihr euch einschiffen. Und achtet auf die Mitreisenden, schließt euch jenen Leuten an, die fromm und ehrlich sind. «
» Seid ohne Sorge, Herr. «
» Die Magd ist unten in der Küche. Geh hinunter und sage ihr, was ihre Aufgaben sein werden. «
» Ja, Herr. «
Es dauerte eine kleine Weile, dann spürte Tiessa seine Hände auf ihren Wangen. Er strich sanft über ihre Haut, umfasste dann mit einer Hand ihren Nacken und hob ihren Kopf an.
» Tiessa? « , flüsterte er. » Bist du wach? «
Sie blinzelte verschlafen und spürte seinen Atem. Er hatte sich über sie gebeugt und nestelte mit irgendetwas an ihrem Haar herum, streifte ihr etwas über, ein Band, an dem ein lederner Beutel hing.
» Was ist das? « , murmelte sie.
» Steck es unter dein Hemd, Tiessa. Es ist Geld, denn du wirst überall für Fahrt und Unterkunft zahlen müssen. Lass niemanden diesen Beutel sehen. Wenn du bezahlen musst, nimm das nötige Geld heraus, wenn du allein bist, und binde es in ein Tuch. Die beiden Knechte werden euch beschützen, sie tragen Waffen und sind kampferfahren. «
Sie tastete nach dem Beutel und begegnete seiner Hand. Er hielt sie eine kleine Weile fest, und sie spürte, dass es ihm unendlich schwerfiel, sie wieder frei zu geben.
» Gott schütze dich, Tiessa « , flüsterte er. » Er bewahre dich vor Sünde und Falschheit und vor allem Leid, das schlimme Taten und Gedanken mit sich bringen. «
» Müsst Ihr denn fort? « , murmelte sie, während eine
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