Die Braut des Kreuzfahrers
Reiter, die das Ende der Welt ankündigen. «
Ali hörte eine kleine Weile aufmerksam zu, dann blinzelte er und richtete seine Augen wieder auf Tiessa. Ganz offensichtlich hatte er gemerkt, was es mit den Klosterfrauen auf sich hatte, denn durch seinen noch spärlichen Bart hindurch sah man, dass er lächelte.
» Es wäre vielleicht nicht dumm, wenn wir alle gemeinsam weiterzögen « , schlug Tiessa vor.
Dinah schwieg, was Tiessa etwas verwunderlich fand. Dafür waren die beiden muselmanischen Frauen sogleich einverstanden, und seltsamerweise störte es die Schönen nicht, dass Ali sie kaum eines Blickes würdigte. Auch als die beiden Wagen dicht vor ihnen anhielten, glitten die Blicke von Vater und Sohn geradezu verachtungsvoll über die Muselmaninnen mit den goldenen Ohrgehängen. Ali trat zu seinem Vater und begann, rasch und leise mit ihm zu reden.
» Willst du wirklich mit diesen dreien weiterreisen « , flüsterte Dinah ihr zu.
» Weshalb denn nicht? « , meinte Tiessa verwundert. » Was stört dich an ihnen? «
» Ich weiß nicht, Tiessa « , gab Dinah leise zurück. » Auf jeden Fall ist es nicht sehr höflich, dass sie sich so heimlich miteinander besprechen. «
Das war nicht zu leugnen. Auch hatte es Tiessa nicht gefallen, dass weder die junge, verschleierte Frau noch das kleine Mädchen beim Namen genannt und vorgestellt wurden. Aber dies – so meinte Dinah mit einem Schulterzucken – sei vollkommen normal.
Die Besprechung dauerte nicht allzu lange und wurde von dem alten Chalef mit einem herrischen Kopfnicken beendet.
» Mein Vater freut sich, solch gute Reisegefährten zu finden « , wandte sich Ali an Tiessa. » Die kranke Klosterfrau kann sich zu Hasans Frau auf den Wagen setzen, bis wir am Rosh ha Nikra ankommen. Dann werden wir einige Säcke von den Wagen herunternehmen müssen, weil die Maultiere die Last sonst nicht über den steilen Pfad hinauf zum Pass ziehen können. «
» Dabei helfen wir euch gern « , versicherte Tiessa fröhlich.
Agnes musste mit List dazu überredet werden, sich fahren zu lassen, da sie doch gelobt hatte, den Weg nach Jerusalem zu Fuß zu gehen. Erst als die halb blinde Amicia ihr erklärte, dass man ja gar nicht nach Jerusalem, sondern zurück nach Tyros, also in die falsche Richtung lief, war sie bereit, sich zu der Muselmanin und ihren Kindern auf den Wagen zu quetschen. Hasan, der ältere Bruder, schien von ganz anderer Sorte als der gewandte Ali. Sein Gesicht war breit, und die Nase glich einer kleinen Birne, was ihm ein plumpes Aussehen gab. Er hatte das Gespräch zwischen Ali und dem Vater schweigend verfolgt und war auch jetzt, da Tiessa und Dinah neben seinem Wagen herliefen, nicht zu einer Unterhaltung geneigt. Vielleicht lag es aber einfach nur daran, dass er genau wie der alte Chalef die Sprache der Franken nicht verstand.
Die neu formierte Reisegesellschaft bewegte sich gemächlich voran, dem Tempo der Maultiere angepasst, die auf dem sandigen Weg kräftig ziehen mussten, um die schwer beladenen Wagen von der Stelle zu bringen. Vorn ging der alte Chalef, der sein Maultier immer wieder mit einem dünnen Stecken antreiben musste, dann folgten die drei Klosterfrauen, schwatzend und kichernd mit Ali in ihrer Mitte. Der junge Händler wäre wohl sehr viel lieber an Tiessas Seite gelaufen, doch all seine Versuche, die freundlich auf ihn einredenden Nonnen loszuwerden, waren fehlgeschlagen. Sulamith und Leila bildeten hinter Hasans Wagen das Schlusslicht, doch schienen auch sie bester Laune zu sein, denn Tiessa hörte sie immer wieder laut auflachen.
» Worüber lachen sie? «
Dinah wischte sich mit dem weiten Ärmel den Schweiß von der Stirn und zog das Kopftuch zurecht. Sie war unzufrieden, denn nun kamen sie langsamer voran als geplant, und es sah ganz danach aus, dass sie die Nacht irgendwo am Weg verbringen mussten.
» Sie lachen nicht wirklich von Herzen, Tiessa. Ihr Gelächter ist laut und herausfordernd, weil sie die Verachtung der drei Männer verletzt. Doch sie wissen auch, dass die gleichen Männer in der Nacht voller Verlangen zu ihnen kommen werden, und darüber lachen sie. «
Tiessa blickte die Freundin ungläubig an. Machte sie Scherze?
» Aber … aber Leila und Sulamith sagten doch, dass sie in Tyros Verwandte besuchen … «
Sie kam sich schrecklich dumm vor, als sie Dinahs lächelnder Seitenblick traf. Natürlich, das hätte sie eigentlich wissen können. Die beiden Frauen waren Huren, vermutlich gingen sie nach Tyros, weil es
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