Die Braut des Kreuzfahrers
Pfeilen. Diese todbringenden Hölzchen kannte Tiessa zur Genüge.
Nie war sie diesen Sarazenenkriegern so nahe gewesen. Sie konnte ihre braungebrannten Gesichter betrachten, die dunklen Bärte und Schnurrbärte, die ganz offensichtlich der Stolz jedes erwachsenen Mannes waren, während die fränkischen Ritter Kinn und Wangen so glatt wie möglich schoren. Einige hatten dunkle, andere hellblaue Augen, aber allen gemeinsam war jener unverblümt gierige Ausdruck, wenn sie eine Frau anstarrten.
Es gab einen kurzen Wortwechsel zwischen einem der Sarazenenreiter und dem alten Chalef. Wahrscheinlich wollte man wissen, woher und wohin, außerdem schien es um den Inhalt der Säcke auf den beiden Wagen zu gehen. Dieser klein gewachsene, drahtige Mann musste der Anführer der Gruppe sein, was jedoch nur in seinem Gebaren, nicht aber in Kleidung, Waffen oder Pferd zum Ausdruck kam.
» Er ist nicht sehr höflich « , bemerkte Josepha.
» Nein, wirklich nicht « , stimmte Philippa ihr zu.
» Sie werden doch wohl keinen Wegezoll fordern? «
» Den sollen die Händler zahlen, wir sind Kinder Gottes und besitzen kein irdisches Gut. «
Inzwischen waren einige der Reiter abgestiegen und gingen breitbeinig zwischen den Reisenden umher. Niemand wagte, sich ihrem selbstherrlichen Gehabe zu widersetzen. Hasan musste einige Säcke von seinem Wagen heben und sie aufschnüren, auch der andere Wagen wurde untersucht. Noch kümmerte sich niemand um die ahnungslosen Klosterfrauen, ebenso wenig um Dinah und Tiessa, die dicht nebeneinander am Straßenrand standen und das Geschehen mit angstvollen Blicken verfolgten. Was hatten diese Kämpfer vor? Die Händler waren doch Muselmanen, wie sie selbst. Bestahl man die eigenen Leute? Oder ging es nur darum, ihnen einige Waren abzukaufen? Wenn ja, dann würde der alte Chalef dabei wohl kaum einen Gewinn erzielen – zumindest war das in seinem verdrießlichen Gesichtsausdruck zu erkennen.
Bald stapelten sich etliche Dinge auf dem Weg, die man aus den Säcken genommen und für nützlich befunden hatte. Teppiche wurden aufgerollt und begutachtet, krumme Dolche auf ihre Schärfe geprüft, glitzernde Ketten und Amulette erregten Gefallen, auch bestickte Lederbeutel, eine schön gearbeitete Dolchscheide und mehrere Mäntel aus farbigem Stoff. Dinah wechselte einen erstaunten Blick mit der Freundin – ein armer Trödler war der alte Chalef wohl doch nicht, denn die hier aufgehäuften Dinge waren neu und in den Säcken schien es noch andere wertvolle Waren zu geben.
Verhandlungen begannen, die den Händlern wenig Freude bereiteten. Als sich gleich darauf auch Sulamith und Leila an den Säcken zu schaffen machten und weder Chalef noch seine Söhne es ihnen verwehren durften, begriff sogar Tiessa, was hier im Gange war.
Die beiden Frauen hatten sich bereits ihre zukünftigen Gönner ausgewählt, ein Vorgang, der nur wenige Minuten in Anspruch genommen hatte – ihnen genügte ein Blick und ein verständnisinniges Lächeln. Sie würden aller Wahrscheinlichkeit nach mit den muselmanischen Kämpfern davonziehen und sich ihre Dienste gut bezahlen lassen. Tatsächlich warf Leila ihnen im Vorübergehen einige Worte zu, die Tiessa zwar nicht verstehen konnte, deren Sinn sie jedoch erriet.
» Seid nicht dumm, ihr beiden. Sie werden euch sowieso mitnehmen, ihr könnt genauso gut von der Lage profitieren. «
Dinahs Antwort war kurz, aber eindeutig, und Leila wandte sich mit einem Schulterzucken von ihr ab. Tiessa spürte, wie die Angst in ihr hochkroch. Nein, gewiss hatte sie sich das alles nur eingebildet, Leila hatte ganz sicher von etwas anderem geredet, von etwas vollkommen Belanglosem …
Der Anführer war es jetzt leid, weiter zu verhandeln. Er ließ den alten Chalef stehen, stieß einen bunten Teppich mit dem Fuß beiseite und ging auf Tiessa zu.
» Kein Wort « , murmelte Dinah noch rasch, dann stand er vor ihnen, und seine hellblauen Augen schienen Tiessa zu durchbohren.
Was für eine Sprache! Kehlige, klumpige Laute drangen aus seinem Mund, wie sollte man Worte unterscheiden, wie einen Sinn erraten?
Hilflos schwieg sie und blickte auf Dinah, die nun ruhig und freundlich Antwort gab. Wie mutig sie war, ihre Freundin. Wie gelassen sie mit diesem wild dreinblickenden Burschen umsprang. Und wie anders die gleiche Sprache doch klang, wenn sie aus Dinahs Mund kam. Melodisch hörte es sich an, wie ein glänzender, stiller Fluss, der durch ein sanftes Tal dahinströmte.
Dinahs Auskunft schien dem
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