Die Braut des Kreuzfahrers
junge Frau mit einem Kind auf dem Schoß, ein zweites – ein dünner Knabe mit einem Wust schwarzer Locken auf dem Kopf – hockte neben ihr und hielt die Zügel des Maultiers.
Vielleicht war es ja eine Fügung Gottes, dass sie eine Rast hatten einlegen müssen, denn wie es schien, bekamen sie nun drei kräftige Männer als neue Reisegefährten. Falls diese Leute Christen waren, würden sie wohl auch die erschöpfte Klosterfrau Agnes auf einen der Wagen aufsitzen lassen, und man würde von nun an rascher vorankommen.
Sie nahm Abschied von den zärtlichen, kleinen Meereswellen, zog die Schuhe wieder an und lief neugierig zu den anderen, um beim Zusammentreffen der beiden Reisegruppen anwesend zu sein.
» Das sind muselmanische Händler « , nahm Dinah ihr die Hoffnung. » Keine reichen Leute, eher solche, die nur einen kleinen Laden haben, vielleicht sogar Trödler. Ich fürchte, sie werden uns nicht freundlich gesinnt sein, weil sie ganz sicher von christlichen Händlern aus Akkon vertrieben wurden. «
Mitleidig sah Tiessa auf die junge Frau, die ihr Kind wiegte, und auf den dünnen Knaben. Wieso hatte sie einmal geglaubt, es sei ehrenvoll, ins Heilige Land zu ziehen, um dort die Stätten der Christenheit von den Heiden zu befreien? Vielleicht war es ehrenvoll, im Heer der Kreuzfahrer gegen Saladins Kämpfer anzutreten – doch das war Sache der Ritter, dazu hatte der Papst sie aufgerufen. Das Unglück der Menschen, die getötet, verfolgt und heimatlos umhergetrieben wurden, hatte nichts mit den edlen Taten der Ritter gemein.
Auch die drei Händler und die junge Frau betrachteten die Reisegesellschaft, die da auf dem Weg nach Tyros rastete, mit großer Aufmerksamkeit. Wie es schien, unterhielten sich die Männer miteinander. Man konnte nun erkennen, dass einer von ihnen einen weißen Bart trug, der ihm bis auf den Gürtel reichte. Der Alte schien das Regiment zu führen, er beendete das Gespräch mit einer energischen Armbewegung, und gleich darauf machte sich einer der beiden jungen Männer auf, um ihnen entgegenzulaufen. Trotz des aufwirbelnden Staubes schien er Vergnügen an dieser Aufgabe zu finden, denn als er sie erreichte, sah Tiessa seine schmalen, dunklen Augen blitzen.
» Salam aleikum « , grüßte er mit einer eigenartig hellen und doch sanften Stimme. » Allah schütze euch auf euren Wegen. Können wir helfen? Ist jemand krank geworden? «
Es klang so freundlich, dass Tiessa sich über Dinah nur wundern konnte. Weshalb sollten diese Leute sie für das verantwortlich machen, was das Heer der Kreuzfahrer und einige gierige christliche Konkurrenten ihnen angetan hatten? Hatten nicht Christen und Muselmanen seit langer Zeit friedlich miteinander gelebt und würden es wieder so halten, wenn die Kriegshelden davongezogen waren? Der beste Beweis dafür war, dass dieser junge Sarazene die Sprache der Franken beherrschte. Nicht gerade fließend, aber man konnte ihn gut verstehen.
» Ich bin Ali … mein Vater Chalef handelt mit Stoffen und Teppichen, gute Waren, nicht teuer, haltbar, schöne Arbeit. Das ist Hasan, mein Bruder. Der ältere Bruder. Er hat einen Sohn, Machmet. «
Obgleich seine Rede an alle Mitglieder der Reisegruppe gerichtet war, hingen seine Augen doch nur an Tiessa. Ein seltsames Gefühl beschlich sie bei diesem Blick, der ganz anders war als die Blicke der christlichen Männer. Alis Augen schienen sie zu berühren, mit einer Mischung aus Frechheit und Begehren über ihr Gesicht und ihren Körper zu gleiten, und sie bedauerte jetzt, dass ihr Oberkleid so eng geschnitten und im Rücken sogar geschnürt war, wodurch sich die Form ihres Körpers genau abzeichnete.
» Salam aleikum « , grüßte Dinah zurück. » Wir sind alle nach Tyros unterwegs. Meine Freundin und ich werden meine Eltern besuchen, auch Sulamith und Leila haben dort Verwandte. Diese vier Pilgerinnen sind eigentlich auf dem Weg nach Jerusalem, doch in Akkon beschlossen sie, zurück nach Tyros zu gehen. «
» Wer will in Akkon bleiben? « , meinte Ali und machte eine wegwerfende Handbewegung. » Dort ist es hässlich, nicht gesund. Mein Vater hat zwei Söhne: Ali und Hasan. Wir gehen nach Sidon, vielleicht auch nach Beirut. «
» Wie klug von Euch « , schwatzte Philippa. » Wenn ich ein muselmanischer Händler wäre, ich würde genau das tun. «
» Akkon ist ein verfluchter Ort, das hat unsere Vorsteherin auch gesagt. Sie hatte eine Vision, sie sah schwarze Teufel über der Stadt herumflattern und dann auch die vier
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