Die Braut des Kreuzfahrers
benommen wollte sie sich vom Boden aufraffen, da vernahm sie ein grelles Gelächter. Es klang schadenfroh und höhnisch, ein boshaftes Lachen, das nicht frei, sondern seltsam gepresst aus der Kehle der alten Fatima drang. Gleich darauf fielen oben auf der Terrasse Sitha und Budur in das Hohngelächter ein, die Knaben hielten in ihrer Arbeit inne, und sogar der Glatzköpfige gestattete sich, die dumme Sklavin auszulachen. Vermutlich hatte es sehr komisch ausgesehen, wie sie minutenlang mit dem braunen Ziegenbock kämpfte und von ihm ein Stück über den Boden geschleift wurde.
Es war grausam, so von seinen Peinigern ausgelacht zu werden. Das Gelächter prasselte auf sie hernieder wie eine Flut eisiger Hagelkörner, wie eine Salve spitzer Sarazenenpfeile. Tiessa setzte sich auf und befühlte den zerfetzten Ärmelstoff, was die Heiterkeit ihrer Zuschauer noch verstärkte. Sie konnte nicht verstehen, was sie einander zuriefen, doch ohne Zweifel waren es boshafte Scherze auf ihre Kosten. Eine heftige Wut erfasste sie. Was für ein gemeines Pack, das sie erst mit einem Strick anband und sich dann über sie lustig machte.
Der erste Stein traf Fatimas rechten Fuß. Sie schrie überrascht auf und tat zugleich einen erstaunlich gelenkigen Sprung. Es half ihr wenig, Tiessa ließ zwei weitere Geschosse folgen, und Fatima musste hüpfend den Rückzug antreten. Tiessa verstand kein Arabisch, doch es war nicht schwer zu erraten, was die Alte ihren Dienern zurief. Zwei feste Würfe hielten die beiden Knaben auf Abstand, drei Geschosse reichten für den Glatzköpfigen, auch der freche Ziegenbock bekam sein Fett, doch der war zornige Steinwürfe gewohnt und sprang behände zur Seite. Nur die dummen Hennen krakeelten und rannten in unnötiger Panik über den Hof. Tiessa zielte gut und traf noch besser, ihre Gegner hatten bald blaue Flecke an Armen und Beinen. Einer der Knaben schlenkerte mit schmerzverzerrtem Ausdruck die rechte Hand, der Glatzköpfige schützte seine empfindlichste Körperstelle mit einem Korb, wurde dann aber am Fuß getroffen und hüpfte jammernd davon.
» Euch werde ich lehren, mich auszulachen « , keuchte Tiessa. » Verdammte Feiglinge! Da! Und Da! … und … «
Es endete, wie es enden musste. Fatima hatte die beiden Graubärte alarmiert, zu fünft drangen sie auf die wild gewordene Sklavin ein. Da Tiessa nicht nur die Kraft ausging, sondern auch die Wurfgeschosse, war es um sie geschehen.
Dieses Mal schlugen sie richtig zu. Die beiden Alten hielten sie fest, und der Glatzköpfige rächte sich ausgiebig für die verletzte Fußzehe. Auch die beiden Knaben prügelten auf sie ein, traten sie mit den Füßen und bespuckten sie. Erst als die alte Fatima ein energisches Wort sprach, ließen die Diener von ihr ab. Tiessa taumelte, sie spürte ihre Füße nicht mehr, der Boden unter ihr schien weich wie flüssiger Honig, und sie sank tief hinein. Die Erde schloss sich über ihr und barg sie vor allen ihren Feinden.
Sie schwamm in einer warmen Flüssigkeit, zusammengekauert, die Knie hochgezogen, die Arme vor der Brust gekreuzt. Eine Hülle umgab sie, eine schützende Eihaut, die alles Böse, alle Angriffe, alles Leid von ihr abhielt. Sanft wiegte sich ihr Körper im Rhythmus der kosmischen Chöre, die zu Gottes Ehre sangen und alles, den Weltenraum, die Erde und auch das Wasser, in dem sie schwamm, zum Klingen brachten. Beharrlich und leise pulsierte das Herz in ihrer Brust, sein Schlagen hallte dumpf in ihren Ohren wider. Etwas Feuchtes wischte über ihr Gesicht, stieß immer wieder gegen ihre rechte Wange, bis sie endlich Schmerzen empfand. Die Eihaut zerriss, das Wasser des Lebens floss davon, und sie blickte in die glänzenden braunen Augen des Hofhundes.
» Weg mit dir « , murmelte sie und wollte das aufdringliche Tier von sich schieben. Doch ihr Arm gehorchte nicht, und sie spürte, dass man ihr die Arme auf den Rücken gebunden hatte, auch der Strick um ihren Hals war erneuert worden. Über ihr breitete der Feigenbaum seine Zweige aus, zwischen den Ästen blitzte hie und da ein Stern am Nachthimmel, manchmal wiegte sich auch die Mondsichel für kurze Zeit in einer Astgabel, bevor die schwarzen Wolken sie wieder verschluckten.
Der Hund legte sich neben sie und fuhr fort, sie abzulecken, ohne dass sie ihn daran hindern konnte. Nach einer Weile war sie sogar froh über seine Nähe, denn es war kalt und ihre Kleider waren vom Regen durchweicht. Man hatte sie einfach im Hof liegen lassen und war schlafen
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