Die Braut des Kreuzfahrers
al Faruk verpflichtet. Aber Gott würde sie leiten und schützen, er musste nun endlich Erbarmen mit ihr haben, denn sie hatte genug gelitten.
Da hielt Aischa plötzlich inne.
Hufschläge waren zu hören. Kein einzelner Reiter, sondern viele, ein ganzes Geschwader, dazwischen erklangen jetzt Stimmen, Rufe wurden laut, energisch, fröhlich, fordernd. Der Hund kam hinter einem Schuppen hervor, schüttelte sich und begann zornig zu kläffen. Verschlafen krähte ein Hahn.
Aischa strich ihr sacht über den Arm, als wolle sie ihr Bedauern kundtun, dann huschte sie wie ein Schatten davon, ohne ihre Absicht erreicht zu haben. Tiessa lag wie betäubt und konnte nicht fassen, dass sie so kurz vor dem Ziel gescheitert war.
Das laute Geschrei hatte die Schläfer im Haus aufgeweckt, Fackeln wurden angezündet, Fatima erschien im hellen Untergewand, eine brennende Laterne in der Hand. Tiessa erkannte jetzt auch Mehmed al Faruk, der vom Pferd stieg, die Zügel einem der Knaben zuwarf und seine Mutter umarmte. Er nahm diese boshafte Alte tatsächlich voller Zärtlichkeit in seine Arme, und das vor all seinen Kameraden und Vasallen. Wie seltsam – vor seinen Ehefrauen hatte er nicht den mindesten Respekt, seine Mutter aber schien er zu lieben und zu ehren. Verstehe einer die Muselmanen.
Tiessa versuchte, ihre Arme zu bewegen, und zerrte an den halb durchtrennten Fesseln. Doch zu ihrem Ärger gelang es ihr nicht, sich zu befreien, stattdessen musste sie sich zum Ziegenstall flüchten, um nicht im unsteten Schein der Fackeln von den heimkehrenden Kämpfern niedergeritten zu werden. Wie laut sie waren, diese Helden, wie fröhlich, wie sie schwatzten und ihre Knappen herumkommandierten. Nur wenige schienen eine Verletzung davongetragen zu haben, einer hatte ein verbundenes Auge, einem anderen musste vom Pferd geholfen werden, weil sein rechtes Bein den Dienst verweigerte. Verdrossen presste sie den Rücken gegen die Mauer und zerrte weiter an ihren Fesseln, scheuerte das Seil gegen die Steine. Vielleicht hatte sie doch noch eine Chance. Wenn die Helden und ihre Rösser alle versorgt waren, würde es hier wieder ruhig werden, bis dahin musste es gelingen, die verdammten Stricke durchzuwetzen. Der Burgherr und seine Begleiter waren ganz sicher hungrig, da hatten die Frauen mit der Zubereitung der Speisen zu tun, und niemand würde an die Sklavin Tiessa denken.
Sie täuschte sich. Noch während die Knappen die Pferde absattelten und die letzten Kämpfer ins Wohngebäude drängten, eilten zwei Männer mit einer Laterne zum Feigenbaum. Ihr Entsetzen war riesengroß, als sie das durchgeschnittene Seil fanden. Tiessa sah die beiden graubärtigen Diener zittern, als sähen sie den nahen Tod vor Augen. Sie leuchteten die Umgebung ab, und es war der dumme Hund, der Tiessa schließlich verriet, denn er lief zu ihr und leckte ihr die Füße. Selten hatte sie zwei derart erleichtert aussehende Menschen gesehen. Die Graubärte packten sie und zerrten sie zum Wohngebäude. Es war vorbei, wieder einmal hatte sie den rechten Augenblick zur Flucht verpasst, vielleicht hatte es diesen Augenblick auch nie gegeben und sie hatte es sich nur eingebildet. Gott der Herr wollte, dass sie den Kelch des Leidens bis zur Neige leerte – dagegen war nichts zu tun.
Sie hatte geglaubt, die alte Fatima habe bereits alle Schandtaten der Sklavin Tiessa vor ihrem Sohn ausgebreitet und man würde sie nun hart bestrafen – aber weit gefehlt. Sie fand sich in einem Frauengemach wieder, eine junge Magd schnitt ihre Fesseln durch, und obgleich sie sich zornig wehrte, zogen ihr Sitha und Budur alle Kleider aus. Ein runder Holzzuber wurde mit warmem Wasser gefüllt, dem Sitha duftende Kräuter und Rosenblätter hinzufügte. Dann machten die Frauen ihr Zeichen, sie solle hineinsteigen, um sich zu waschen. Tiessa war die Sache ganz und gar unheimlich, aber da sie sich seit Monaten nicht mehr hatte waschen können, geschweige denn ein Bad nehmen, war die Versuchung groß. Sie tat, wozu man sie aufforderte. Immerhin begegneten die Frauen ihr plötzlich mit großer Zuvorkommenheit, sie lächelten und zeigten ihr die Gewänder, die sie nach dem Bad anlegen sollte. Budur trug eine kleine Schatulle mit goldenen und silbernen Schmuckstücken herbei, Sitha wusch mit einem weichen Lappen ihren Rücken. Nur Aischa war nirgendwo zu sehen, dafür lugten hin und wieder verschlafene Kinder durch einen Vorhangschlitz, und der Säugling fing wieder an zu brüllen.
Zwei Mägde trockneten
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