Die Braut des Kreuzfahrers
Du bist der Herr, und alles geschieht auf deinen Befehl. «
Er schnaubte wie ein zorniges Ross, ließ sie stehen und verschwand hinter dem Vorhang. Mit halblauter Stimme rief er allerlei Namen, erteilte Befehle, schimpfte, forderte, stampfte einmal sogar mit dem Fuß auf. Tiessa konnte es kaum glauben, doch es war die alte Fatima, seine hochgeschätzte Mutter, die sich jetzt untertänig und mit schmeichelnden Worten verteidigen musste. Obgleich dieser Auftritt ziemlich scheußlich war, konnte sich Tiessa eine gewisse Befriedigung nicht verkneifen. Sollte die garstige Alte ruhig Ärger bekommen, sie hatte es redlich verdient.
Mehmed al Faruk war ein seltsamer Mensch, sie wurde nicht schlau aus ihm. Er kehrte nicht ins Frauengemach zurück – vielleicht weil es bereits Tag war und er anderes zu tun hatte. Vielleicht aber auch, weil er sie vorerst verschonen wollte. An seiner Stelle erschien Sitha mit dem Salbentopf, den sie untertänig zu Tiessas Füßen stellte. Die Botschaft war klar – sie sollte sich pflegen und ihre Wunden behandeln. Nicht lange danach brachte ihr eine Magd verschiedene Speisen, die ausgesprochen schmackhaft zubereitet waren, dazu frische Ziegenmilch und klares Bergwasser. Tiessa bediente sich von allem reichlich, dann überwältigte sie die Müdigkeit, und sie rollte sich auf einem der Polster zusammen. Nach all den schrecklichen und überraschenden Ereignissen war sie so schläfrig, dass es ihr vollkommen gleich war, ob Mehmed al Faruk zurückkehrte, um sie zu vergewaltigen, oder ob er sie vorerst in Ruhe ließ.
Eine gute Woche blieb sie unbehelligt, und obgleich sie nur wenig von dem verstand, was um sie herum geredet wurde, begriff sie, dass der Burgherr seine drei Ehefrauen der Reihe nach beglückte. Als sie schon hoffte, er könne möglicherweise die Lust verloren haben, sich ihr zu nähern, erschien er unangekündigt im Frauengemach.
» Es geht dir besser « , stellte er zufrieden fest.
Besitzergreifend ließ er die Finger durch ihr Haar gleiten, das jetzt in weichen Locken herabfiel. Sie wich vor ihm zurück, was ihn erheiterte.
» Man erzählte mir viel von deinem Mut, Tiessa. Willst du jetzt etwa furchtsam sein? «
Es war ganz anders, als sie geglaubt hatte. Sanft und schön, zugleich aber tückisch, denn seine Berührungen erweckten Empfindungen, die sie nicht zulassen wollte, denen sie sich jedoch schließlich ergab. Seine Hände waren erfahren und besiegten ihren Widerstand mit Leichtigkeit, sie wussten die Glut zu schüren und die Flamme zu entfachen. Nachdem er sie das erste Mal genommen hatte, riss er das Laken von der Bettstatt, besah ihr Blut und lachte.
» Ich wusste, dass du keine Hure bist « , sagte er. » Deshalb wollte ich dich für mich behalten, denn du gefällst mir, Tiessa. «
Von da an kam er jede Nacht zu ihr, manchmal auch tagsüber in der Mittagszeit, und sie war beschämt, weil ihr seine Besuche gefielen. Wenn er bei ihr lag, murmelte er beständig leise Worte, die zärtlich klangen, zugleich aber seltsam eintönig wie ein Gebet, und die er ihr auf keinen Fall übersetzen wollte.
38
H alt fest!«
» Verfluchter Sturm. Den hat uns der Teufel geschickt! «
» So halt doch fest … «
Die Zeltplane flatterte wie ein wild gewordener Riesenvogel im Wind, peitschte gegen die Schulter des Knappen Konrad, und Roger de Briard konnte gerade noch zupacken, sonst wäre ihr nächtlicher Schutz über alle Berge Judäas davongeflogen.
» Zu nichts bist du zu gebrauchen! « , fuhr Roger den heulenden Knappen an. » So einer wie du gehört unter Mamas Rock, aber nicht auf einen Kriegszug! «
Konrad flüchtete sich schluchzend zu den Pferden, die gottergeben in Sturm und Regen standen und der kommenden Plagen harrten. Das Heer hatte auf dem Weg durch die Berge etliche der braven Rösser eingebüßt. Sie hatten die glühende Hitze des Sommers erstaunlich gut verkraftet, Hunger und Winterkälte aber forderten ihre Opfer. Auch viele der Kämpfer waren krank, sie fieberten und husteten. Zwei junge Knappen waren schon in Ramla, wo das Heer einige Wochen gelagert hatte, am Erkältungsfieber gestorben. Der Ort war – wie üblich – von Saladins Leuten geschleift worden, kein Stein war mehr auf dem anderen, kein Leben, keine Nahrung, kein Brennholz. Dort waren auch einige Ritter ernsthaft erkrankt, doch als Richard Löwenherz den Aufbruch befahl, wollte niemand zurückbleiben. Es ging gen Jerusalem, das große, das heilige Ziel der Kreuzfahrer. Die Stadt, in der Jesus
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