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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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guter Letzt ein Trinkgefäß aus getriebenem Silber, auf dem der heilige Christophorus dargestellt war, der einen kleinen Knaben durch ein wildes Wasser trug.
    » Diese wenigen Dinge sind kaum der Rede wert, im Vergleich zu dem, was Ihr für uns getan habt, Ivo. Ihr seid jederzeit in unserem Haus willkommen. «

6
    N ur wenige Tage brauchte der Herbst, um sich das Land untertan zu machen, denn der heiße, trockene Sommer hatte den Pflanzen alle Kräfte geraubt. Der Sturm riss das welke Laub von den Ästen, noch ehe es die Zeit gehabt hatte, sich bunt zu färben, und trieb dichte Schwärme dunkelgrüner Blätter über die Wiesen. Aus den Wäldern stachen kahle Baumkronen heraus, und die Früchte der Obstbäume waren klein und hatten wenig Saft. Manche schienen schon an den Bäumen getrocknet zu sein, hingen dort aber so fest, dass man sie mit Gewalt abreißen musste.
    Jean war häufig unterwegs und kehrte am Abend schweigsam und düster heim. Es war kein gutes Jahr gewesen. Die Ernte war klein und viele zinspflichtige Bauern versuchten, den Grafen um die Abgaben zu betrügen. Jean wusste recht gut, dass sie Vieh und Feldfrüchte versteckten, wenn er auf die Höfe ritt. Er war oft ärgerlich, dass der Burgherr – anders als sein Vater Rotrou – die Bauern gewähren ließ und verboten hatte, die Anwesen zu durchsuchen.
    » Sie haben im vergangenen Jahr bluten müssen, als mein Vater wegen des Kreuzzugs die Abgaben erhöht hat. Lassen wir sie in diesem Jahr gewähren. «
    Freilich hatte der Graf viele Mittel für den anstehenden Kreuzzug aufbringen müssen. Vor allem die Handwerker und die Ministerialen hatten die Zinslast getragen, nicht zuletzt der Jude Aaron. Auch Jean selbst hatte eine Summe gegeben, sogar mehr als der Graf von ihm gefordert hatte. Dennoch war es eine Dummheit, die Bauern in diesem Jahr zu schonen. Sie waren wie die Kinder – ließ man einmal Milde walten, nutzten sie die Schwäche aus, um beim nächsten Mal umso dreister zu lügen. Oft nahm er Ambroise mit auf seine Ritte, denn der Bursche war schlau wie ein Fuchs und hatte dazu ein gutes Gespür. Er schwatzte dies und das, verwickelte die einfältigen Bauern in Gespräche und brachte sie mit Leichtigkeit dazu, ihre Verstecke zu verraten. Er tat dies aus eigenem Antrieb, Jean hatte es ihm niemals aufgetragen.
    » Weshalb macht dir das solche Freude? « , hatte Tiessa ihn einmal gefragt.
    » Weil ich sie nicht leiden kann, diese Geizhälse und Dreckwühler! «
    » Was haben sie dir getan? «
    Er wandte sich mit einer raschen Bewegung von ihr ab, doch sie hatte den bitteren Hass in seinen dunklen Augen gesehen. Er war ein Waisenkind – wer weiß, was er schon erlebt hatte.
    An den Abenden saß man in der Küche beieinander. Hier brannte immer ein kleines Feuer unter dem Rauchfang, darüber hing eine flache Tonschale, in der man das Obst für den Winter dörrte. Es wurde geschwatzt, wobei sich besonders Ambroise hervortat, der allerlei Geschichten von Klosterbrüdern und fahrenden Rittern zum Besten gab. Niemand wusste, woher er sie nahm, doch sie waren stets lustig, und Jordan jammerte, man müsse diesem Burschen das Maul zubinden, denn sein Bauch schmerze von dem lauten Gelächter. Auch Corba, die die Früchte verlas, musste immer wieder innehalten, weil die Heiterkeit über sie kam. Nur Millie sortierte die Beeren und Äpfel, ohne eine Miene zu verziehen, und ihr grämliches Gesicht schien noch ein wenig blasser und schmäler geworden zu sein. Jordan hatte seiner Mutter berichtet, dass Millie schon geglaubt hatte, guter Hoffnung zu sein, doch leider war die Blutung nun wieder gekommen, und so würde man weiter auf das erste Kind warten müssen.
    Tiessa hatte ihren Zorn auf Millie längst vergessen, sie tat ihr jetzt leid, doch ihre tröstenden Worte wurden von der Schwägerin nur schweigend aufgenommen. Tiessa machte sich nichts daraus, sie war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Einige Male schon war Ivo zu einem kurzen Besuch erschienen. Man hatte im Wohnraum gesessen und geplaudert, aber niemals hatten sie Gelegenheit gehabt, miteinander allein zu sein. Er hatte berichtet, dass er oben auf der Burg häufig Wache hielt, auf dem Wehrgang stünde und auch auf dem hohen Wohnturm seinen Dienst tat. Er lobte den Burgherrn, der klug, umsichtig und zu jedermann freundlich sei und sich um Gerechtigkeit bemühe. In den Nächten habe er oft Kerzen im Gemach des Herrn brennen sehen, er scheine schlecht schlafen zu können und dann über Büchern

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