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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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und einen Gewandrock zu holen, die man gestern zum Trocknen auf den Dachboden gehängt hatte. Als sie mit den Kleidungsstücken im Wohnraum erschien, kniete Ivo dort am Boden, um seine Habseligkeiten in ein großes Tuch einzurollen.
    » Wartet, das hier müsst Ihr noch dazupacken! «
    Er bedankte sich, und sie sah lächelnd zu, wie er sich bemühte, das schmale Bündel so eng wie möglich zusammenzupressen, damit er es besser auf sein Pferd schnallen konnte. Er machte es recht geschickt und ließ sich durch ihre Neugier wenig beirren. Als er die Rolle schließlich mit zwei Lederschnüren zusammenband, kniete sie rasch neben ihm nieder und hielt den Finger auf den Knoten, damit der Riemen sich nicht wieder lockerte, wenn er den zweiten Knoten machte.
    » Vorsichtig « , mahnte er. » Sonst binde ich Euren Zeigefinger mit fest, Tiessa. «
    » Das gelingt Euch nicht « , kicherte sie. » Ich bin zu rasch. «
    Tatsächlich hatte sie ihren Finger blitzschnell in Sicherheit gebracht. Er sah zu ihr auf, und sie lachten gemeinsam wie zwei Kinder, die ein neues Spiel entdeckt hatten. Sie versuchten es gleich noch einmal mit der zweiten Schnur. Dieses Mal blickte sie ihm dabei in die Augen, herausfordernd und schon im Voraus triumphierend. Wieder gelang ihr das Kunststück.
    » Ihr habt recht – ich bin einfach zu langsam. «
    Es war angenehm, mit ihm zu lachen. Seine braunen Augen blitzten, und sie hatte keine Lust aufzustehen, um sein Kochgeschirr herbeizutragen, das an dem Bündel festgeknüpft werden musste. Auch er verharrte in der knienden Stellung, sah sie immer noch an, hielt sie mit seinen Augen fest. Auf einmal war die unbeschwerte Heiterkeit zwischen ihnen vergangen.
    » Tut es Euch wirklich leid, dass ich auf die Burg ziehe, Tiessa? «
    Er sprach leise, als fürchte er, jemand könne sie belauschen. Es war ein Satz, der nur für sie allein bestimmt war, und Tiessa spürte, wie ihr Herz unruhig wurde.
    » Weshalb wollt Ihr das wissen? «
    Wie weich sein Blick war und zugleich eindringlich. Wie ging so etwas zusammen? Wie konnte Sanftheit so stark sein, dass man erzittern musste? Jetzt sah er auf das zusammengerollte Bündel hinunter und zupfte an einem der Fäden. Zweimal hob er für einen winzigen Moment den Blick zu ihr, als fehle ihm der Mut weiterzusprechen. Dann war schon der Schritt der Mutter auf der Stiege zu hören.
    » Ich wünschte, es wäre so, Tiessa « , flüsterte er hastig. » Denn ich werde Euch sehr vermissen. Werdet Ihr Euren Vater manchmal auf die Burg begleiten? «
    » Er hat mich noch niemals dorthin mitgenommen. «
    Die Mutter war schon fast an der Tür, jetzt blieb sie stehen, vielleicht hatte sie etwas vergessen? Tiessa hoffte inständig, dass es so sein möge. Ja, sie kehrte um und lief wieder hinunter.
    » Und wenn ich Euch besuche? Wäre Euch das recht, Tiessa? Oder wünscht Ihr das nicht? Seid Ihr zornig auf mich? «
    » Weshalb sollte ich zornig sein? «
    Er war jetzt aufgeregt, sein Atem ging rasch und seine Stimme klang fast flehend. Es erschien ihr angsterregend, doch zugleich lag ein süßer Zauber darin, der ihr Blut rascher durch die Adern trieb.
    » Eure Mutter weiß nun doch davon – es tut mir leid « , sagte er zerknirscht.
    Als sie nun lächelte, entspannten sich seine Züge.
    » Millie konnte den Mund nicht halten. Es ist nicht Eure Schuld, Ivo. «
    » Dann darf ich Euch sehen? «
    Die Treppenstufen knarrten aufs Neue. Dieses Mal hatte Corba es eilig, ihre Schritte waren rasch, und sie blieb auch nicht stehen. Tiessa wusste, dass sie Verbotenes tat, aber der Zauber war stärker als alles andere. Sie wartete, bis die Mutter dicht vor der Tür stand, dann neigte sie sich ein wenig vor, blickte Ivo in die Augen und flüsterte:
    » Wenn Ihr solchen Wert darauf legt … meinetwegen. «
    Er konnte ihr nicht mehr antworten, die Tür öffnete sich bereits. Als hätten sie sich verabredet, fuhren beide in die Höhe. Ivo bemächtigte sich des Bündels, Tiessa lief zum Kochgeschirr. Ihre Wangen waren noch heiß, als die Mutter eintrat. Corba bemerkte nichts davon, denn sie war mit Gegenständen beladen, die sie nun vor Ivo auf den Boden stellte: ein kleines Kästchen aus schwarzem Holz, das mit Elfenbein eingelegt war. Wenn man es aufklappte, fügte es sich zu einem Schachbrett. Die Figürchen dazu waren aus hellem und dunklem Holz geschnitzt. Dazu eine bunt gemusterte Decke aus weicher Wolle, die Corba selbst gewebt hatte. Die Fäden hatte Tiessa im vergangenen Winter gesponnen. Zu

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