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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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erschreckte sie mehr als Pfeil und Bogen.
    » Gott im Himmel! « , rief da eine bekannte Stimme. » Das ist Tiessa, die Tochter des Verwalters. «
    Ivos Stimme! Jetzt, da sie näher zu ihr hinritten, erkannte sie ihn. Er war der Letzte in der Gruppe und gerade eben erst aus dem Unterholz herausgekommen.
    » Jeans Tochter? « , sagte der Mann im blauen Mantel und trieb sein Pferd näher zu ihr hin, um sie genau anzusehen. Tiessa presste den Rücken an den Eichenstamm. Es hatte keinen Zweck, jetzt noch davonzulaufen, man hatte sie ohnehin erkannt. Es war der Burgherr selbst, Gottfried von Perche. Tiessa hatte ihn nur selten gesehen und nie zuvor aus solcher Nähe. Doch er musste es sein, sein Gesicht war voller Narben.
    » Wir … ich habe Pilze und … Kastanien gesammelt … « , stotterte sie.
    » Du warst sehr unvorsichtig, Tiessa! Leicht hätte ein Pfeil dich treffen können! «
    Seine Worte klangen vorwurfsvoll, aber nicht zornig. Es schien, als habe auch er sich erschrocken. Für einen Augenblick musterte er sie mit schmalen Augen, dann wandte er sich ab und pfiff die Hunde herbei. Die Jagd war zu Ende. Einer nach dem anderen schlüpften die braunen und gefleckten Jagdhunde aus dem Gesträuch. Hechelnd umkreisten sie die Reiter und beschnüffelten neugierig das Mädchen, doch da Tiessa keine Angst zeigte, kümmerten sie sich bald nicht mehr um sie. Gleich darauf gab der Burgherr seinem Pferd die Sporen, Jäger und Meute entfernten sich, verschwanden bald zwischen Stämmen und Buschwerk. Eine Weile noch war das Hundegebell zu hören, dann verschluckte der Wald auch dieses Geräusch.
    Einer jedoch war zurückgeblieben, hatte sein Pferd auf die Seite gelenkt und gewartet, bis der Burgherr mit den anderen davongeritten war. Tiessa hatte es gesehen und den Atem angehalten. Sie fürchtete bis zuletzt, der Burgherr könne sich umwenden und Ivo befehlen, ihm zu folgen. Doch nichts dergleichen geschah.
    Er stieg vom Pferd, band das Tier an einem Ast fest und sah zu ihr hinüber, lächelnd wie ein Verschwörer, der mit ihr im Bunde war. Sie hätte fliehen müssen, denn sie war ganz allein und ihm ausgeliefert, doch sie dachte nicht daran. Stattdessen lief sie auf ihn zu.
    » Tiessa! «
    Er rannte die letzten Schritte, bis sie dicht voreinander stehen blieben. Beide atmeten rasch, ihre Herzen hämmerten. Die knorrigen Stämme, das wirre, kahle Geäst und der taubenblaue Himmel dazwischen schienen sich um sie zu drehen.
    » Ihr wart einmal mehr mein Beschützer, Ivo. «
    » Dafür danke ich Gott, denn ich wäre vor Verzweiflung gestorben, hätte dich ein Pfeil getroffen. «
    Er hob die Arme zögerlich, unsicher, ob sie nicht erschrecken würde. Als er begriff, dass sie ihm entgegenkam, umfasste er sie und zog sie an sich. Tiessa verspürte ein ungeheures, berauschendes Glücksgefühl, schmiegte sich an seine Brust, hörte sein Herz wild klopfen und schloss die Augen, um seinen Geruch einzuatmen.
    Als er ihr sacht den Kopf zurückbog, glaubte sie, er wolle ihr in die Augen sehen, doch dann pressten sich seine Lippen heiß auf ihren ahnungslosen Mund. Sie erzitterte, als sie seine Zunge schmeckte.
    » Bist du erschrocken? «
    Er strich ihr mit zartem Finger über die Stirn, streifte ihre Wange und zog die geschwungene Form ihrer Lippen nach. Als sie den Mund ein wenig öffnete, neigte er sich über sie, und dieses Mal erwiderte sie seinen Kuss mit Leidenschaft.
    » Ich liebe dich, Tiessa « , flüsterte er. » Ich finde keine Ruhe mehr, bevor ich nicht weiß, ob du das Gleiche fühlst. «
    » Was würdest du tun, wenn es so wäre, Ivo? «
    Er las die Botschaft in ihren Augen und küsste sie voller Dankbarkeit auf die Wangen. Auch ihren Mund berührte er, doch er hütete sich, sie noch einmal mit gar zu heißen Küssen zu erschrecken.
    » Ich würde zu deinem Vater gehen und ihn um deine Hand bitten. «
    Da war es, das Glück. Es war wirklich und tatsächlich, sie spürte es an ihrem ganzen Körper, es pulsierte durch sie hindurch und brachte ihr Herz zum Rasen. Was redete der Pfarrer von der Seligkeit des Paradieses? Sie war hier, jetzt in diesem Augenblick, da sie in seinen Armen lag.
    » Geh zu ihm, Ivo. Er wird es dir nicht abschlagen, denn ich werde ihm sagen, dass ich dich liebe. So sehr, dass ich sterben werde, wenn ich nicht bei dir sein kann. «

7
    G ottfried von Perche fuhr sich mit der Hand über die Augen. Für einen Moment schienen die Figuren der Buchminiatur in Bewegung geraten zu sein. Das Pferd des Heiligen

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