Die Braut des Kreuzfahrers
hatte, denn er handelte nicht nur mit Pferden, sondern auch mit allerlei anderen Dingen und zahlte pünktlich seine Abgaben. Die Söhne hatten ihn draußen vor dem Ort beerdigt und nach Sitte der Juden einen Stein auf sein Grab gestellt. Nun hatten sie beschlossen, die Siedlung zu verlassen, wahrscheinlich zogen sie zu Verwandten, die hie und da in der Gegend verstreut lebten und alle miteinander Handel trieben. Seit einigen Jahren wurden sie nicht mehr verfolgt. Sogar der Lehnsherr, König Philipp, hatte längst eingesehen, dass sein Eifern gegen die Juden dem Land Schaden gebracht hatte, und einige waren bereits nach Paris zurückgekehrt. Dennoch hassten die Leute die Juden, und das Gerede darüber, dass sie die kleinen Kinder der Christen entführten und grausam dahinmetzelten, wollte nicht verstummen.
Es schien Gottfried kein gutes Vorzeichen, dass dieser Auszug gerade jetzt seinen Lauf nahm, da seine junge Ehefrau wieder in die Burg zurückkehrte. Die beiden Reisegruppen stießen unweit der Stadt aufeinander, und die Juden wichen in weitem Bogen in die Wiesen aus, wobei die Räder ihres schweren Karrens tief in den weichen Boden einsanken. Die Ritter würdigten sie keines Blickes, während sie an ihnen vorüberzogen, sie waren froh, bald die Burg erreicht zu haben und die Herrin unbeschadet ihrem Gemahl übergeben zu können. Immerhin hafteten sie mit ihrer Ehre und ihrem Leben für die Sicherheit der Richenza von Perche.
Sie war also zurück – es hatte zwar ein wenig gedauert, bis sie sich dazu entschlossen hatte, aber sie war schließlich gekommen. Gottfried war erleichtert und zugleich unruhig. Er hatte Richenza in der Hochzeitsnacht zwar berührt, doch er hatte sie nicht genommen. Es schien ihm gar zu gewaltsam, was er ihr hätte antun müssen. Sie war ein zartes Mädchen, fast noch ein Kind, obgleich man ihm versichert hatte, dass sie seit einigen Monaten eine Frau sei. Sie hatte geweint, nachdem er in dieser Nacht von ihr gegangen war, das hatte man ihm berichtet. Sie selbst hatte darüber geschwiegen. Sie schwieg auch, als er ihr verkündete, dass er ihr noch eine Weile Zeit lassen wolle, denn sie schiene ihm noch zu jung, um Kinder zu gebären. Bald darauf war er erkrankt, hatte sich von allen zurückgezogen und Richenza ins Kloster bringen lassen. Er fürchtete, sie könne ebenfalls die Blattern bekommen, wenn sie in der Burg blieb.
Gott hatte ihm das Leben erhalten, nun würde er mit Richenza endlich Kinder zeugen und sie würde ihre Aufgabe als Burgherrin annehmen. Immerhin war sie um ein dreiviertel Jahr älter – sie würde bald fünfzehn werden.
Am Abend bevor er sie aufsuchte, wusch er sich sorgfältig am ganzen Körper, ließ sich noch einmal rasieren und kleidete sich – ganz gegen seine Gewohnheit – nach der Mode der Zeit in ein langes, zweifarbiges Gewand. Eine Seite war blau mit weißen Streifen, die andere hellgrün, dazu trug er einen schmalen Gürtel, der bis zur Hüfte hinuntergeschoben wurde. Das Kleid war vorn und hinten geschlitzt, um das Reiten zu erleichtern. Darunter hatte er rote Beinlinge angelegt, die beim Gehen sichtbar wurden. Die beiden Pagen, die ihm beim Ankleiden behilflich waren, betrachteten die schönen Gewänder mit ehrfürchtigen Augen und versicherten ihm, dass sie ihn seit dem Tag seiner Hochzeit nicht mehr so prächtig gekleidet gesehen hatten. Er selbst fühlte sich unwohl in dieser Aufmachung, mehr noch, seine Bemühungen kamen ihm bald lächerlich vor. Kein noch so kostbares Gewand konnte das Unheil wettmachen, das die Krankheit in seinem Gesicht hinterlassen hatte.
Als er in ihr Gemach trat, erwiderte sie sein Lächeln zwar nicht, doch zu seiner Erleichterung zeigte sie auch keinerlei Schrecken oder gar Entsetzen bei seinem Anblick. Auch sie hatte sich geschmückt, um ihn zu empfangen, ein Untergewand mit lang herabhängenden Ärmeln angelegt, das rote Obergewand war um Brust und Taille geschnürt. Er stellte fest, dass sie ein wenig fülliger geworden war und weibliche Rundungen bekommen hatte. Überhaupt erschien sie ihm erwachsener, die Gestalt größer. Haube und Schleier ließen einen Teil ihres blonden Haares sehen, das sie in Locken gelegt hatte.
» Ich freue mich, dass du gekommen bist « , redete er sie freundlich an. » War die Reise sehr schlimm? «
» Das Wetter ist nicht angenehm. «
Sie sprach leise, mit einer immer noch hellen, kindlichen Stimme, doch ohne die Vertrauensseligkeit eines Kindes. Sie stellte fest, beklagte sich nicht,
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