Die Braut des Kreuzfahrers
er hier todesmatt auf das Lager gezwungen war und das Ziel seiner Fahrt nicht erreichen konnte. Damaskus. Dort hatte man sie als Sklavin verkauft. Dort musste er nach ihr suchen, doch ihm fehlte die Kraft. Ein tückischer Eisenstab hatte seinen Körper durchbohrt, und die Wunde, die er gerissen hatte, wollte sich nicht schließen.
Immerhin klärte sich sein Geist trotz des Fiebers, und er begriff, dass er sich in einem Spital befand. Es gab eine solche Einrichtung im Perche, das Maison Dieu, das sein Vater für Pilger und Kranke gegründet hatte. Dort hatte man auch die Pockenkranken gepflegt. Dass auch die Muselmanen für kranke Menschen sorgten, verwunderte ihn, zumal dieses Haus um vieles größer war als alle christlichen Spitäler, die er gesehen hatte. Einige der Patienten wurden von ihren Familienangehörigen oder von Freunden betreut, die abwechselnd an ihrem Lager saßen, sie unterhielten und trösteten, Lebensmittel und frische Gewänder herbeitrugen. Andere Kranke lagen unbeachtet, und nur die Spitaldiener kümmerten sich um sie. Täglich ging der Leiter des Spitals mit seinen Untergebenen durch den großen Saal und sah nach jedem einzelnen Kranken, befragte und untersuchte ihn, gab Anweisungen, redete mit den Anverwandten. Es war nicht der Mann, der seine Wunde ausgebrannt hatte, das musste ein ihm untergebener Arzt gewesen sein. Der Leiter des Spitals nannte sich Mohammed Chalif, er war grauhaarig, und die Lider, die seine schönen, dunklen Augen zur Hälfte bedeckten, schienen zart und durchscheinend.
Er war ein Mensch, der Sanftmut und Härte gleichermaßen besaß. Niemals hatte er Mitleid, wenn ein Kranker durch seine Maßnahmen Schmerzen litt, doch er war unablässig bemüht, zu heilen und zu lindern. Darüber hinaus war er ein kluger Mensch, er kannte viele Sprachen, darunter auch die der Franken. Von ihm erfuhr Gottfried von Perche, dass er am Ziel seiner Wünsche war. In Damaskus.
» Eine Karawane hat Euch am Wegrand gefunden und hierhergebracht. Allah tut Wunder, niemand hätte geglaubt, dass Ihr am Leben bleibt. «
Gottfried gelang es nun, Stück für Stück zusammenzusetzen, was ihm seit seinem Aufenthalt in der Burg des Mehmed al Faruk zugestoßen war. Als er begriff, dass Tiessa nach Damaskus verkauft worden war, hatte er trotz des heftigen Fiebers sofort dorthin aufbrechen wollen. Er war von seinem Lager aufgestanden, hatte nach Fulco und Hasan gerufen und sich dann in den Hof geschleppt, um nach seinem Pferd zu suchen. Dort traf er auf Mehmed al Faruk, der soeben mit seinem Gefolge in die Burg einritt – der Mann, der Tiessa entführt und verschleppt hatte, der ihr die Jungfräulichkeit genommen und sie dann verkauft hatte. Gottfried konnte seinen Hass gegen diesen Menschen kaum bezwingen. Wäre er ihm an einem anderen Ort begegnet, hätte er ihn ohne Zweifel zum Kampf gefordert. Doch er hatte die Gastfreundschaft des Emirs in Anspruch genommen, mehr noch, er war als Kranker auf die Burg gebracht worden, und die Frauen des Burgherrn hatten ihn gepflegt. Es wäre im höchsten Grad undankbar gewesen, seinen Widersacher in dieser Lage zu einem Streit herauszufordern. Zumal er selbst unsicher auf den Beinen stand.
Was dann geschehen war, empfand Gottfried als beschämend und verwirrend, aber er musste es hinnehmen, ohne sich dagegen wehren zu können. Mehmed al Faruk nahm ihn auf wie einen lieben Freund, verbrachte den Abend in seiner Gesellschaft, und wider Willen musste Gottfried zugeben, dass dieser Sarazene ein angenehmer und kluger Mensch war. Er sprach die Sprache der Franken mit einem harten Akzent, doch flüssig. Sie redeten vom Fall der Stadt Akkon und von dem englischen König Richard Löwenherz, von Gottfrieds Grafschaft im Perche und von Sultan Saladin, den Mehmed al Faruk ebenso bewunderte, wie er ihm misstraute. Sie spielten Schach gegeneinander und kämpften lange und verbissen, bis sie die Partie endlich aufgaben, denn keiner von beiden konnte den anderen bezwingen.
Trotz aller Zuneigung verschwieg Gottfried seinem Gastgeber den Grund seiner Reise und erklärte nur, unterwegs nach Damaskus zu sein, da er so viele Wunderdinge von dieser Stadt gehört habe. Mehmed stimmte ihm darin zu, nur Bagdad sei mit Damaskus zu vergleichen, doch habe momentan Damaskus die größere Bedeutung, da es die Residenz des Sultans sei.
» Es ist mutig von dir, mein Freund, diese Stadt besuchen zu wollen, ohne die Sprache ihrer Bewohner zu kennen. «
» Ich habe einen Mann bei mir, der für
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