Die Braut des Kreuzfahrers
Helm, auch Schild und Sattel und nicht zuletzt sein Schwert. Dieses war der schmerzlichste Verlust, denn er hatte es am Tag seiner Schwertleite von seinem Vater erhalten und war fest davon überzeugt gewesen, diese Waffe eines Tages an seinen ältesten Sohn weiterzureichen.
Mohammed Chalif, der Leiter des Spitals, zeigte sich hilfreich. Er ließ die Wäscherin ausfindig machen und drohte, ihr den Zutritt zum Spital zu verwehren, wenn sie nicht auf der Stelle das Gewand herbeischaffte. Obwohl sie eine Muselmanin war, ließ sich die Frau von der Drohung des Arztes nicht beeindrucken. Gottfried musste erfahren, dass sie sein Gewand schon um wenige Silbermünzen an einen Trödler verkauft hatte. Das Geld habe sie längst ausgegeben, um Mehl, Öl und eine Handvoll Erbsen zu erwerben, sie habe drei Kinder, eine alte Schwiegermutter und einen Taugenichts von Ehemann zu ernähren. Die Sache war vorerst nicht zu ändern, schlimmer noch, Gottfried von Perche musste sich Gedanken darüber machen, wie er wohl seinen Aufenthalt im Spital bezahlen würde, der zwar für arme Leute – so sagte ihm der Spitalleiter – auf Anordnung des Sultans umsonst war, für Wohlhabende oder gar adelige Herren aber keinesfalls. Er konnte nur hoffen, dass unter den Kaufleuten, die in die Stadt kamen, auch solche aus Genua, Lyon oder gar Paris waren, die ihm Geld auf einen Schuldschein leihen konnten. Mohammed Chalif versprach auch hier, dem fremden Ritter behilflich zu sein, er wollte seine eigene Dienerschaft ausschicken, um einen solchen Kaufmann aufzutreiben und zu dem Herrn von Perche ins Spital zu bitten. Bis dahin solle er sich keine Sorgen machen, die Wunde heile zufriedenstellend, und auf ein paar Tage mehr oder weniger käme es nicht an.
Gottfried konnte es indes kaum erwarten, das Spital endlich zu verlassen. Die Enge, das beständige Stöhnen der Kranken, das Schwatzen der Besucher, die Gerüche von Urin und Eiter, die schweigenden Diener, die mit einer Trage durch die Reihen gingen, um einen Gestorbenen abzuholen – all das glaubte er, nicht länger ertragen zu können. Es ging ihm besser, er war wieder unter den Lebenden, nun wollte er endlich seine Nachforschungen anstellen. Ungeduldig saß er auf seinem Lager, fürchtete, der Spitalleiter habe vergessen, was er ihm versprochen hatte, und überlegte schon, ob er nicht doch den langen Burnus anlegen sollte, den man ihm gebracht hatte, um das Spital zu verlassen und seine Angelegenheiten in die eigenen Hände zu nehmen. Der Burnus war allerdings ziemlich schäbig und am Saum ausgefranst, vermutlich hatte er einem Unglücklichen gehört, der im Spital gestorben war.
Gegen Mittag, als er schon das fremdartige Gewand übergezogen hatte und feststellte, dass es ein ganzes Stück zu kurz war, erblickte er einen fremden Besucher, der zwischen den Lagerstätten umherging und jeden einzelnen der dort liegenden Kranken genau musterte. Es war etwas an diesem jungen Mann, das ihn verwirrte, obschon er gut gekleidet und von angenehmem Äußeren war. Lag es an seinem Gang? An der Art, wie er sich zu seinem Diener neigte, um etwas mit ihm zu besprechen? Obgleich sich der Fremde noch ein gutes Stück von seinem Lager entfernt befand, konnte Gottfried die Augen nicht von ihm wenden. War es möglich, dass es ein fränkischer Kaufmann war, der ihm Geld leihen wollte? Aber nein, dazu war er zu jung. Allerdings konnte es ein Bediensteter oder ein junger Verwandter eines solchen Kaufmannes sein, der ausgeschickt worden war, um die näheren Umstände dieser seltsamen Anfrage zu erkunden. Es handelte sich schließlich nicht um einen Dienst christlicher Nächstenliebe, sondern um ein Geschäft, bei dem der Kaufmann eine größere Summe zurückerhielt als die, die er verliehen hatte. Dafür trug er das Risiko, alles zu verlieren. Ein solches Risiko musste von vornherein gut bedacht und genau eingeschätzt werden, das tat jeder gute Kaufmann. Vermutlich würde man ihn genau nach Namen, Stand und Herkunft befragen, vielleicht musste er sogar Bürgen nennen.
Der junge Mann war jetzt ein wenig näher gekommen, er hob den Kopf, schob die dunkelrote Kappe, die wohl ein wenig zu groß war, ins Genick und blickte suchend über die Kranken hinweg, bis sein Blick an Gottfried hängen blieb.
Bis zum Ende seiner Tage vergaß der Ritter Gottfried von Perche diesen Moment nicht, da er die wohlbekannten Züge erblickte und für einen Augenblick so verwirrt war, dass er an seinem Verstand zweifelte. Es konnte
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