Die Braut des Kreuzfahrers
Beulen und Prellungen, auch die tiefe Wunde am rechten Unterschenkel – all das hatte keine Bedeutung, er spürte es kaum. Nur das beständige Brennen und Pochen oberhalb der linken Hüfte nahm ihn in Anspruch, dieses Gefühl, als bohre sich der Spieß des Räubers immer aufs Neue in seinen Körper hinein, rotglühend wie das Metall im Schmiedefeuer, scharfkantig, voller Widerhaken, die sich in seinem Fleisch verfingen. Er war schließlich so erschöpft, dass er zu Gott betete und um Erlösung aus dieser Erdenqual flehte – doch der Herr erhörte seine Bitte nicht. Stattdessen gab man ihm einen Sud zu trinken, der seine Sinne verwirrte und ihn in einen Strudel wilder, erschreckender Träume stürzte. Jede Einzelheit des unglückseligen Kampfes zog in peinigender Langsamkeit an ihm vorüber. Das unvermittelte Auftauchen der Räuberhorde, die hinter einem Felsvorsprung verborgen auf sie gewartet hatte. Ihr ohrenbetäubendes Gebrüll, der Augenblick des Schreckens, die Wut, die ihn erfasste, als die Gauner über sie herfielen. Das war kein ritterlicher Kampf gewesen, sondern ein Schlachten und Morden, ein Hauen und Stechen, ein Zerren und Schleifen. Einem stieß er sein Schwert in die Brust, zugleich aber empfing er den Stich in die Seite, und noch während er dem Angreifer den Kopf herunterschlug, schlang sich ein lederner Peitschenstrang um seine Mitte, der ihn vom Pferd herunterriss. Zu Anfang spürte er die tiefe Wunde in seiner Seite kaum, fühlte auch nicht, wie das warme Blut aus seinem Körper rann. Er focht wie im Rausch, schlug mit dem Schwert und erreichte doch wenig, da keiner der Feiglinge sich ihm stellte. Die Knechte liefen voller Angst davon und ließen den Räubern Maultiere und Gepäck, auch sein Ross führten die Spitzbuben fort. Als ihm die Sinne schwanden, sah er im rötlichen Nebel den Ritter Mehmed al Faruk, der mit seinem gekrümmten Säbel gegen einen Räuber focht. Es schien ihm ein großartiger, ritterlicher Kampf, denn Mehmed führte den Säbel geschickt und kraftvoll, und Gottfried wäre dem Emir gern beigesprungen, um an seiner Seite zu streiten. Doch eine ungeheure Kraftlosigkeit zog ihn hinunter auf den feuchten Erdboden und tiefer noch. Er durchdrang Sand und Stein, stürzte durch einen langen, dunklen Schlund in die Unendlichkeit bis vor die Pforten der Hölle. Er hörte das Knirschen der gewaltigen Torflügel, als sie sich langsam vor ihm öffneten – dahinter war nichts als rotglühende Lohe. Die Glut erfasste ihn mit langen gelben Flammenfingern, umschlang ihn in heißer Begierde und fraß sich gierig in seinen Unterschenkel. Er hörte jemanden vor Schmerzen brüllen wie ein Tier und erblickte über sich das schweißbedeckte, bärtige Gesicht eines unbekannten Sarazenen, der soeben die Wunde an seinem Bein ausgebrannt hatte.
Was der Mann zu ihm sagte, konnte er nicht verstehen, doch es klang freundlich und gab ihm eine irrwitzige, durch nichts begründete Zuversicht. Nun, da er die Flammen der Hölle an seinem Leib verspürt hatte, würde Gott ihm ein neues Leben schenken. Er bemerkte, dass man ihn auf eine Trage legte, er durchflog Hallen und Säle voller Menschen, vernahm raunende, flüsternde, wimmernde Stimmen, auch Schmerzensschreie und lautes Stöhnen, gleich darauf Gelächter, Kichern, tiefe Seufzer. Bevor die Erschöpfung ihn übermannte, kam ihm der Gedanke in den Sinn, er könne gestorben sein und müsse nun hier zwischen all diesen unglücklichen Seelen darauf warten, dass Christus ihn dem Fegefeuer übergab. Doch dieser Gedanke erschien ihm bald vollkommen absurd – weshalb sollten jene armen Seelen in Erwartung des Purgatoriums lachen und kichern?
Licht und Dunkel wuchsen ineinander, der Tag umschlang die Nacht, und die Dämmerung nährte Bilder und Fantasien. Verbände wurden gewechselt, Salben und Kräuter auf die Wunde an der Seite gelegt. Wenn der bärtige Sarazene mit spitzem Metall darin stocherte, nahm der Schmerz zu, wurde unerträglich, sodass er um sich schlug und man ihn mit Stricken an den Tisch band. Er war schwach wie ein Säugling, man musste ihn tragen und auf sein Lager legen, ein Diener flößte ihm Brei und Wasser ein, half ihm, seine Notdurft zu verrichten, ohne das Laken zu beschmutzen. Wenn das Fieber für kurze Zeit wich, versuchte er zu begreifen, was mit ihm geschehen war, und er betastete seinen Körper, fühlte den Verband, ahnte, dass diese Wunde tief war und bis an die Wurzeln seines Lebens reichte. Dann kam der Jammer über ihn, dass
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