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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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und gar ergeben hatte. Später, auf der mühsamen Strecke über die Berge, entwickelten sich solch alberne Spiele kaum noch, stattdessen schmiegten sie sich eng aneinander, um sich zu wärmen, und Tiessa wusste seine Sinnlichkeit mit leisen Reden und Berührungen zu entfachen. Je mehr sie sich dem Perche näherten, desto hastiger wurden ihre Liebesbegegnungen, als fänden sie dort eine Zuflucht, als könnten sie miteinander in ein Land entkommen, in dem es keine Sorgen und Pflichten und auch keine Trennung gab. Wenn sie jedoch aus dem betäubenden Rausch wieder zurückkehrten und sich mit raschen Atemzügen noch immer aneinander festklammerten, dann geschah es immer häufiger, dass sie beide weinten.
    Gottfried von Perche wählte Umwege, erklärte, diese oder jene Gegend besser meiden zu wollen, besah Städte, in denen Kirchen und neue Paläste erbaut wurden, und redete davon, im Perche ein Kloster zu stiften, in dem er selbst einst zur letzten Ruhe gelegt werden wollte.
    » Es ist schade, dass ich keine Reliquie mit in die Heimat bringe « , meinte er bedauernd.
    » Es gibt auch hierzulande genug Heilige « , behauptete sie. » Aber gewiss, Ambroise hätte uns gern etwas von seinen Waren verkauft. «
    Dieses Mal lachte Gottfried nicht über ihren Scherz, er machte sich sogar Vorwürfe, die unnützen Bücher, die er doch nur teilweise lesen konnte, mitgeschleppt zu haben, anstatt wenigstens heiliges Öl oder kostbares Geschmeide heimzubringen.
    Tiessa schwieg betroffen. Sie wusste recht gut, zu wessen Füßen er diese Geschenke legen wollte. Es war richtig so, niemand konnte ihn deshalb tadeln – sie hatte von Anfang an gewusst, dass es so kommen würde. Dennoch tat es ihr weh, und sie schalt sich eine Närrin, die selbst schuld an ihrem Unglück war. Sie hatte zugelassen, dass die Liebe in ihr wuchs und sie ganz und gar erfüllte, nun musste sie Schmerzen leiden, wenn sie die kostbare Pflanze herausriss.
    Ging es ihm ähnlich? Während sie langsam und schweigend nebeneinander herritten, hatte er keinen Blick für den blühenden Frühling rings umher. Weder die weißen und rosigen Apfelbäume erschienen ihm des Lobes wert, noch die saftigen Wiesen, und auch das junge, lindgrüne Laub der Wälder ließ ihn unbeeindruckt. Die Hügel des Perche, nach denen er sich so gesehnt hatte – jetzt ritt er so gleichgültig über sie dahin, als befände er sich noch im trockenen Sand Judäas.
    Als sie nur noch eine Tagesreise von der Burg Nogent-le-Rotrou entfernt waren, befahl er den Knechten, Zelt und Nachtlager am Waldrand zu errichten. Dann ging er ohne eine Erklärung davon, lief eine Weile am Wald entlang, als sei er auf der Flucht vor ihr, und verschwand darauf zwischen den Bäumen. Mit klopfendem Herzen saß sie auf dem Lager, hörte den Knechten zu, die miteinander schwatzend die Abendmahlzeit zubereiteten, starrte in die rotgelben, knisternden Zungen des Feuers und wartete. War das der Abschied? Dieses feige Davonlaufen ohne ein Wort? War er fortgerannt zu seiner Richenza und ließ sie hier bei den Knechten zurück?
    Sie aß allein, beruhigte die Knechte, die sich um den Herrn sorgten, befahl ihnen, am Feuer zu wachen, und legte sich dann zur Ruhe. Diese Nacht wollte sie auf ihn warten. Wenn er nicht zurückkam, würde sie morgen Knechte und Gepäck auf die Burg schicken und selbst ihrer Wege gehen. Zu ihrer eigenen Verwunderung weinte sie nicht – die Zeit der Tränen war vorbei, angebrochen war die Zeit der Buße.
    Um die Mitte der Nacht siegte die Erschöpfung, und sie schlief ein. Als sie erwachte, brach schon der fahle Morgenschein durch die Wolken, ein graues, düsteres Licht, das noch der Nacht und nicht dem jungen Tag gehörte. Das Feuer war längst erloschen, rauchlos und ohne das kleinste Restchen Glut, im Morgengrau erschienen die schlafenden Knechte wie dunkle Erdhügel.
    Gottfried von Perche saß neben ihrem Lager, bewegungslos wie eine Statue, die Arme um die angezogenen Knie gelegt, die Hände so fest ineinander verschränkt, dass die Finger bläulich erschienen.
    » Wo wart Ihr? «
    Er bemerkte erst jetzt, dass sie wach war, und löste sich aus seiner starren Haltung. Als er ihr sein Gesicht zuwandte, schwand ihr Ärger, und sie empfand Mitleid. Er war bleich, und seine Züge zeigten, wie sehr er sich gequält hatte.
    » Ich musste allein sein, um eine Entscheidung zu fällen. Vergib mir, Tiessa. «
    Er sprach zwar leise, doch sie hörte heraus, dass sein Entschluss fest und unumstößlich war. Es

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