Die Braut des Kreuzfahrers
erstaunte sie nicht, sie hatte es so und nicht anders erwartet.
» Ich habe Euch nichts zu vergeben, Herr. Im Gegenteil, ich bin sehr froh, dass Ihr zurückgekommen seid. «
» Du hast tatsächlich geglaubt, ich würde dich auf diese Weise verlassen? So feige? «
» Ich schäme mich, Herr. Aber ich hatte es befürchtet. «
Es zuckte um seinen Mund, und für einen Augenblick glaubte sie, er würde sie in seine Arme nehmen. Doch er tat es nicht. Vermutlich fürchtete er, der Anziehung ihres Körpers zu erliegen.
» Es betrübt mich, dass du mich so falsch einschätzt. Doch ich will es dir nicht vorwerfen, Tiessa, denn es soll kein Streit zwischen uns bleiben. Höre, was ich dir zu sagen habe. «
Sie wusste längst, was er ihr verkünden würde, doch da er solch eine wichtige Miene machte, tat sie, als erwarte sie voller Neugier sein Urteil.
» Ich höre … «
Er musste sich räuspern, weil ihm plötzlich ein Pfropf in der Kehle steckte. Sie sah, wie sein Adamsapfel auf und nieder stieg, als er schluckte. In ihrem Kopf schwirrte allerlei sinnloses Zeug herum. War er mutig oder feige? Keines davon? Oder beides?
» Ich habe lange gegrübelt und zu Gott gebetet, um einen Weg zu finden, der uns beide aus der Sünde führt. Denn sündig war alles, was wir auf dieser Reise getan und gedacht haben, der Teufel hat uns beide in seine Gewalt gebracht. So wie er vorzeiten das erste Menschenpaar verführt hat, so hat er auch uns zu Unzucht und Laster verlockt. «
Das war mehr, als sie erwartet hatte. Vor allem war es schmerzhafter, denn er verleugnete nicht nur ihre Liebe, er machte sie zu einer schwarzen Ausgeburt Satans. Hatte sie eben noch Mitleid mit ihm verspürt, so regte sich jetzt in ihr der Trotz. Mochte der Graf von Perche sich mutig und entschlossen vorkommen – in ihren Augen war er ein jämmerlicher Feigling.
» Die Sünde, die wir auf uns geladen haben, wiegt schwer vor Gott, und ich weiß sehr wohl, dass meine Schuld noch gewichtiger und schlimmer ist als die deinige, Tiessa. Ich habe nicht nur das Versprechen der Keuschheit verletzt, das ich für diese Pilgerfahrt abgelegt hatte, ich habe auch eine Jungfrau verführt und – was das schlimmste meiner Vergehen ist – ich habe meine Ehe gebrochen. «
Von welcher Jungfrau redete er da eigentlich? Erst nach einer Weile wurde ihr klar, dass er sie damit meinte. Wie genau er die Dinge nahm – sie war zwar keine Jungfrau mehr, als sie sich miteinander auf das Lager legten, doch als er sie das erste Mal begehrte, war sie sehr wohl noch eine Jungfrau gewesen. Verblüfft erfuhr sie, dass dies schon damals gewesen war, als sie mit ihrer Mutter auf die Burg kam, um die kranke Richenza zu heilen. Damals hatte er sie das erste Mal mit Bewusstsein angesehen, und der Pfeil – so sagte er – sei auf der Stelle in seine Brust eingedrungen. Sie fragte nicht, welchen Pfeil er meinte, aber ohne Zweifel hatte Satan ihn seiner Ansicht nach abgeschossen. Auch verschwieg sie ihm, dass sie selbst erst sehr viel später von solch einem Pfeil getroffen worden war, eigentlich waren es mehrere Geschosse gewesen, die sie im Lager vor Akkon empfangen hatte. Es war nicht mehr wichtig, und sie wollte auch nicht, dass er diese Erinnerungen, die sie sich bewahren wollte, dem Wirken des Teufels zuschrieb. Als er jetzt weitersprach, verschwand ihr Trotz, und sie war gerührt.
» Deine Sünde, Tiessa, ist nicht allzu groß, und ich werde nicht nachlassen, für das Heil deiner Seele zu beten. Es ist ganz offensichtlich, dass ich es war, der dich ins Unglück gebracht und zusätzlich verführt hat. Nur dass du dich mir allzu willig hingegeben hast, muss als Sünde angerechnet werden, doch kann dagegen gesagt werden, dass ich deinen Widerstand ganz sicher mit Gewalt gebrochen hätte. «
Wie zum Hohn drang jetzt der erste Vogelruf in den beginnenden Morgen. Gottfried sprach immer noch sehr leise und vermied es, sie anzusehen. Ach, wie hatte sie so schlecht von ihm denken können? Er war ein adeliger Ritter, mutig nahm er den Großteil der Sünde auf sich, versuchte sogar zu schummeln, um sie zu schonen. Nie im Leben hätte er sie mit Gewalt genommen, da war sie sich vollkommen sicher. Er hatte zwar nicht den Mut, sich vor der Welt zu ihr zu bekennen – doch er war bereit, einen Teil ihrer Schuld im Fegefeuer und in der Glut der Hölle an ihrer statt abzubüßen. Es war seine Art, sie zu lieben, und es wäre ungerecht gewesen, ihn dafür auszulachen.
» So höre also, was ich beschlossen
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