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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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zuverlässige Beschließerin. «
    Für einen Augenblick kam die teuflische Versuchung über den Grafen, denn es hätte ihm gut gefallen, wenn Tiessa ledig geblieben wäre und in der Burg des Ritters von Villeneuve als Beschließerin gelebt hätte. Der Ritt dorthin dauerte im höchsten Fall eine Stunde – selbst bei schlechtem Wetter. Nahe genug, um dort eine Nacht zu verbringen und am Morgen zeitig wieder zurück zu sein.
    Doch er verbannte solche Gedanken aus seinem Herzen und erklärte laut vor allen Leuten, dass Tiessa sich bereits einen Eheman ausgesucht habe und er, Gottfried von Perche, gewillt sei, ihr diese Heirat zu gestatten. Mochte diese Lüge ihm auch als Sünde angerechnet werden, die größere, weitaus schlimmere Sünde hatte er damit geschickt umschifft. Fast war er nun stolz auf sich, da es ihm gelang, mit seiner Ehefrau zwanglos zu plaudern und sogar Scherze zu machen. Auch als die beiden Barden die Gesellschaft zum Tanz aufforderten, hielt er sich wacker und sprang mit den anderen im Reigen, bis alle außer Atem waren.
    Erst in später Nacht, als die Gäste auf den Polstern und Strohsäcken, die man für sie herbeigeschafft hatte, in tiefem Schlaf lagen und auch unten im Ort Nogent kein Lärm mehr zu hören war, wich die aufgesetzte Fröhlichkeit, und Gottfried von Perche fand sich schlaflos in seinem Turmzimmer wieder. Eine schwere Trauer wollte ihn zu Boden drücken, das irdische Leben erschien ihm wie ein Weg durch ein dunkles Tal. Alle Freude war vergebens, denn sie musste im Kummer enden, das Lachen verhallte und wurde zu Weinen, die Hoffnung zerschellte an der unerbittlichen Wahrheit, dass es kein Glück auf Erden geben konnte. Was blieb, war nur die Hoffnung auf das himmlische Paradies, doch auch dieses wurde nur wenigen Seligen zuteil. Die meisten Menschen riss das schwere Gewicht ihrer Sünden hinab in Satans Reich, in die ewige Verdamnis.
    Er schrieb diese trostlose Stimmung dem Wein zu, von dem er an diesem Abend wieder reichlich getrunken hatte, doch sein Blick schweifte hoffnungsfroh zu der Truhe hinüber, in der er seine Folianten aufbewahrte. Es war wohl ein guter Gedanke, beim Kerzenlicht eine der Heiligenlegenden zu lesen und darüber nachzusinnen, wie ein Mensch trotz größter Anfechtung ein gottgefälliges Leben führen konnte.
    Auf der Truhe lagen allerdings die Bücher aus Damaskus, die das Gesinde hierher in sein Turmzimmer gebracht hatte, und Gottfried war genötigt, diese Folianten hinüber auf den Tisch zu tragen, um den Deckel der Truhe heben zu können. Da wollte es das Schicksal, dass eines der Bücher seiner Hand entglitt und zu Boden fiel, sich dabei öffnete und eine bunt gemalte Zeichnung sichtbar wurde. Eine prächtige rote Blüte leuchtete auf, schien ihm förmlich entgegenzuspringen, sodass er nicht anders konnte, als bei dem Folianten niederzuknien, um das Wunder zu besehen.
    Eine Päonie, die man hierzulande auch Pfingstrose nannte. Wie lebendig sie war, wie sie glühte, es war ihm, als könne er die zarten Blütenblätter zwischen den Fingern spüren. Plötzlich glaubte er auch, ihre Stimme zu vernehmen, ihr Lachen zu hören, den Duft ihrer Gegenwart zu atmen. Tiessa, ohne die das Leben nur eine schwarze Ödnis war.
    Erschrocken klappte er den Folianten zu. Er hatte eine Weile zu kämpfen, weil die eiserne Buchschließe nicht einrasten wollte.
    Aufatmend setzte er sich auf einen Hocker. Gleich morgen Früh wollte er zu einem Ritt durch die Grafschaft aufbrechen und vor allem die Klöster besuchen. St. Denis, die große Benediktinerabtei, die sich nur eine kurze Wegstrecke von der Burg entfernt befand, sollte ihn für einige Wochen als Gast aufnehmen. Er brauchte die schweigsame Gesellschaft der Mönche, um seinen Frieden zu finden.

49
    M ach dir keine Hoffnung, meine Hübsche. Sie bringen dich zum Reden. Schneller, als du denkst!«
    Der Stadtknecht stapfte mit schwerem Schritt durch den Schmutz, der den Boden bedeckte, und hob den hölzernen Eimer auf. Ein Schwarm Fliegen schwirrte mit zornigem Summen empor, der Stadtknecht achtete nicht darauf, sondern trug den Behälter gleichmütig zur Pforte. Von draußen vernahm man das Geschrei eines widerspenstigen Ochsen, den der Fuhrmann mit der Peitsche bearbeitete. Das junge Tier weigerte sich, den Wagen durch das enge Stadttor zu ziehen.
    » Wenn du besseres Essen und ein weiches Polster haben willst, muss dein Mann dafür zahlen. «
    Tiessa hockte mit angezogenen Beinen am Boden und bemühte sich, das Geschwätz

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