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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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des betrunkenen Wächters zu überhören. Er war einst Knecht auf dem gräflichen Viehhof gewesen, hatte sich dort aber allzu sehr dem Bier und dem Branntwein ergeben, weshalb ihn ihr Vater davongejagt hatte. Mit Müh und Not war er danach als Stadtknecht untergekommen. Verständlich, dass es ihm Freude machte, die Tochter des Verwalters Jean Corbeille im Kerker zu sehen.
    » Bist zu stolz, um mit mir zu reden, was? Glaub nur nicht, dass du was Besseres bist. Eine Hure bist du, ein Stück Dreck, das ich unter dem Stiefel zertreten kann, wenn ich Lust dazu habe! «
    Weshalb verschwand er nicht endlich? Sie musste nachdenken. Irgendeine Möglichkeit würde sich finden, aus dieser elenden Lage zu entkommen. Das Heft umzudrehen und ihren Peiniger in den Kerker zu bringen. Oder besser gleich an den Galgen. Oh, wie hatte sie nur so dumm sein können, Ivo geradezu in die Arme zu laufen. Weshalb hatte sie sich nicht erkundigt, wie die Dinge zu Hause standen? Dann wäre sie besser gleich nach Villeneuve gelaufen, um von Yolanda Schutz und Hilfe zu erbitten. So aber hatte Ivo sie überwältigt und wie eine Ehebrecherin durch die Gassen zum Stadttor geführt, wo die Verbrecher eingekerkert wurden. Er musste den Stadtknecht bestochen haben, damit er sie ohne weitere Fragen einsperrte.
    Der Stadtknecht stand immer noch an der Pforte, den stinkenden Eimer fest in der Hand. Er schwankte ein wenig, was dem Bier zuzuschreiben war, und in seinen aufgedunsenen Zügen war pure Lüsternheit zu erkennen. Sie war schön, die Tocher des verstorbenen Jean Corbeille, sogar jetzt, da sie mit zerzaustem Haar und dreckigem Gewand am Boden hockte, erweckte sie seine Begierde.
    » Wenn du heute Nacht fein stillhältst, könnte ich dir den Mond und alle Sternlein weisen … «
    Sie hob den Kopf und spuckte ihn an.
    » Du verdammte Heidenhure! «
    Was auch immer er vorhatte, er kam nicht dazu, es auszuführen. Die schwere Pforte hinter ihm wurde aufgestoßen und schlug ihm hart in den Rücken. Er stolperte nach vorn, fiel dabei auf die Knie, und der Inhalt des Kübels ergoss sich in das umherliegende Stroh.
    » Du blöder Kerl! « , hörte man die Stimme des Stadtschultheißen Mathias. » Verdammt – hast wohl wieder gesoffen, wie? Hol einen Eimer mit Wasser und wisch das weg, ich habe keine Lust, den Gestank zu ertragen, wenn ich die Gefangene verhöre! «
    Der Stadtknecht blieb einen Moment lang in seiner knienden Position und glotzte verständnislos auf die Lache dicht vor seiner Nase. Erst als er zur Bekräftigung des Befehls einen kräftigen Tritt in den Allerwertesten empfing, kam er zur Besinnung und raffte sich auf.
    » Klopf dir das Stroh vom Gewandrock « , schalt ihn der Schultheiß. » Eine Schande, wie abgerissen du herumläufst. Nun mach schon! «
    Der Stadtknecht schüttelte sein Gewand, wobei ihn eine dichte Staubwolke einhüllte, dann bückte er sich, ergriff den Eimer und wischte mit bloßen Händen Strohhalme, Dreck und den ausgelaufenen Inhalt wieder in das Gefäß zurück. Mit untertänigem Grinsen quetschte er sich an dem Schultheißen vorbei aus dem Kerker.
    » Heute Abend gibt’s Bier und Wein für alle Bewohner « , brüllte draußen jemand mit heiserer Stimme. » Unser guter Herr und Graf will, dass wir seine Rückkehr feiern. Es soll auch Speisen geben, Brei für die Bettler. Einen Hammel und drei Zicklein für die Leute aus der Stadt … Bier und Wein, Hammel und Zicklein … «
    Der Schultheiß drückte die Pforte zu, sodass man die begeisterten Rufe nur noch gedämpft hören konnte. Tiessa überlegte, ob sie darauf bestehen sollte, auf der Stelle dem Grafen vorgeführt zu werden. Doch sie gab den Gedanken wieder auf. Gottfried von Perche war der oberste Richter in seinem Land, und sie konnte so gut wie sicher sein, dass er Ivos Machenschaften durchschauen und ihr helfen würde. Es war aber sicher nicht klug, ihn schon am heutigen Abend zu behelligen. Heute Nacht würde er bei seiner jungen Ehefrau liegen, da wollte er gewiss nicht an seine ehemalige Geliebte erinnert werden.
    » Steh auf, Tiessa! « , forderte sie der Schultheiß auf, nachdem er sie ein Weilchen schweigend angestarrt hatte. Mathias war von kleinem Wuchs, krummbeinig, aber drahtig, das struppige Kopfhaar bedeckte er mit einer Kappe, da er früher oft » der Zausig « gescholten worden war.
    Sie zögerte, dann entschied sie sich, ihm Rede und Antwort zu stehen. Natürlich nur soweit es ihr vernünftig erschien. Langsam erhob sie sich, strich sich die

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