Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
Vom Netzwerk:
aber mit einem Grinsen, hielt er ihr seinen Fund vor die Nase.
    » Das gehört dir, nicht wahr « , schmunzelte er. » Es ist besser, wenn du dein Haar bedeckst, Mädchen. Vor allem hier, in der Fremde. «
    In der Gasse rumorte es. Oben an den schmalen Fensterluken erschienen Gesichter, hie und da traten zerlumpte Burschen aus einem Eingang, die der Lärm herbeigelockt hatte. Es waren breite Gestalten unter ihnen, die den Eindruck machten, kräftig zuschlagen und auch den Dolch gebrauchen zu können.
    » Lasst uns besser gehen, Herr « , knurrte Gilbert.
    Wachsam, die gezückten Schwerter in den Händen, bewegten sich die beiden Ritter durch die enge Gasse. Gilbert ging voraus, dann folgte Tiessa, Gottfried war die Nachhut.
    Der schmale Weg mündete abrupt in einen kleinen Platz, auf dem sich eine niedrige Kapelle befand, die aus rötlichem Stein erbaut war. Tiessa erkannte sie sofort wieder, auch die Bettler hockten vor dem Eingang und reckten ihnen die dürren Hände entgegen.
    » Mein Vater und Ivo werden nach mir suchen « , platzte sie heraus und erschrak gleich darauf, jetzt hatte sie den Vater doch verraten. Gewiss würde der Herr von Perche ihm nun Vorhaltungen machen, denn sie waren ihretwegen in eine gefährliche Lage geraten.
    Gottfried hatte das Schwert wieder in die hölzerne Scheide versenkt, jetzt hob er den Kopf und blickte Tiessa unmutig an. Seine Augen glitzerten im Sonnenlicht und schienen die gleiche Farbe zu haben wie das Wasser des Hafenbeckens.
    » Ivo Beaumont etwa? Warst du mit diesem Mann in der Stadt unterwegs? «
    » Ja, Herr « , nickte sie, eifrig bemüht, ihn zu besänftigen. » Mit ihm und mit meinem Vater. Wir beide haben Ivo seine Schuld vergeben. Wir sind doch Pilger, Herr, und dürfen nicht im Zorn zueinander stehen. «
    Er wandte sich ab, ohne eine Antwort zu geben. Stattdessen befahl er Gilbert Corniac, Tiessa im Quartier der Frauen abzuliefern. Er selbst wolle in der Kapelle ein Gebet sprechen.

17
    D as große Ungeheuer auf dem Grund des Meeres war eingeschlafen, sein Atem ging flach und war kaum mehr zu spüren. Keine Woge hob die Schiffe an, kein Wind bewegte die schlaff hängenden Segel. Wer auf das Meer hinaussah, musste die Augen vor der Sonne schützen, die sich gleißend in der See spiegelte. Doch alles Ausspähen war umsonst – wo immer die Himmelswölbung in die glatte Oberfläche des Meeres eintauchte, zeigte sich nur grauer Dunst, nicht aber die dunkle Form einer Insel.
    Tiessa kauerte auf den Deckplanken, den Rücken gegen die hölzerne Kabinenwand gepresst, wo ein schmaler Schattenstreifen ein wenig vor der unbarmherzig herabbrennenden Sonne schützte. Die Mittagsglut in der Flaute war tückisch, sie saugte alle Kraft aus dem Körper, brachte Schwindel und Mutlosigkeit, und nicht selten war es zu sinnlosen Streitereien unter den Reisenden gekommen.
    Hinter ihr trat Beatrice aus der Kabine. Sie hatte den Schleier vor das Gesicht genommen, um nicht von der Sonne verbrannt zu werden, dennoch waren ihre Sommersprossen während der Reise zu kräftigen braunen Flecken erblüht.
    » Wie hältst du das aus, Tiessa? « , stöhnte sie. » Es ist hier ja wie ein Kessel, in dem sich die Sonnenstrahlen fangen. «
    Das Schiff war breit und schwerfällig und hatte Ähnlichkeit mit einer schwimmenden Burg. Die niedrigen Holzkabinen waren am Heck längs der Bordwände errichtet. Sie umschlossen einen kleinen Innenhof, der von den Passagieren zu gemeinsamen Mahlzeiten, Gesprächen oder auch ritterlichen Übungen mit dem Schwert genutzt wurde. Hinter den Kabinen erhoben sich hohe hölzerne Bordwände, die mit Zinnen besetzt waren und den Mauern einer Festung glichen. Auch bei windigem Wetter spürte man unten im Hof kaum einen Luftzug – jetzt, da alle Winde eingeschlafen waren, hatten sich die Schiffsplanken so aufgeheizt, dass sich die hellblaue Farbe von ihnen löste, und der beißende Stallgeruch aus dem unteren Deck lag wie eine stinkende Wolke über dem Hof.
    » Es ist immer noch besser als drinnen « , meinte Tiessa.
    » Ich verstehe, was du meinst. «
    In den Kabinen war die Luft so schlecht, dass man kaum atmen konnte. Obgleich man vor der Sonne geschützt war, lief den Passagieren dort der Schweiß am Körper herunter. Nachdem Beatrice den Boden geprüft hatte, um ihr Gewand nicht mit Farbe zu beschmutzen, ließ sie sich vorsichtig neben Tiessa nieder. Sie drückte sich ebenfalls eng an die Bretter der Kabinenwand, damit wenigstens Gesicht und Oberkörper beschattet

Weitere Kostenlose Bücher