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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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wurden.
    » Wie geht es Godvere? «
    » Nicht gut « , gab Beatrice traurig zurück. » Sie liegt mit geschlossenen Augen auf dem Rücken, und ihr Atem ist schwach. Gott helfe ihr, dass sie das heilige Jerusalem noch vor ihrem Tod zu Gesicht bekommt. «
    Wie froh und zuversichtlich waren sie alle gewesen, als Gottfried von Perche verkündete, endlich genug Schiffe gefunden zu haben. Es waren vier an der Zahl: ein breiter Zweimaster, mit blauer und gelber Farbe bemalt, der Raum für vierzig Menschen bot, dazu Pferde, Rüstung und Vorräte sowie drei kleinere Boote, die jeweils nur ein einziges Segel hatten und etwa zwanzig Reisende aufnehmen konnten. Die Seeleute waren Portugiesen, erfahrene Männer, die das Meer kannten. Erst später bemerkten die Pilger, dass auch allerlei buntes Volk zwischen ihnen war, Galgenstricke aus aller Herren Länder, die schon so manches in ihrem Leben getrieben hatten und gewiss nicht auf Schiffsplanken geboren waren.
    Einige Wochen würde die Reise über das Meer wohl dauern, sagten die Seeleute. Wenn die Gottesmutter Maria ihnen beistand und günstige Winde schickte, dann konnten sie in wenig mehr als einem Monat in Tyros anlegen. Man hatte die Hälfte des hohen Fahrpreises im Voraus entrichten müssen, der Rest sollte dem Kapitän in Tyros ausgehändigt werden.
    Was für ein aufregendes Schauspiel, als Gepäck und Pferde im Bauch der Schiffe untergebracht wurden! Tiessa hatte neben ihrer Herrin Yolanda gestanden und voller Mitleid zugesehen, wie man die armen Rösser in das dunkle Unterdeck führte. Fast alle scheuten und mussten geschlagen werden, denn das schwankende Schiff machte ihnen Angst. Jene, die ganz und gar nicht gehorchen wollten, bekamen von den Seeleuten betäubende Kräuter in die Mäuler gesteckt, die sie gleichmütig machten. Zwei der Rösser waren allerdings gleich am nächsten Tag daran gestorben. Unten im Schiffsraum zog man breite Schlingen unter den Pferdebäuchen hindurch und befestigte die Enden an der Decke, sodass die Tiere gerade mit den Hufen den Boden berührten und sich nicht verletzen konnten. Auch die Knechte und einige Knappen hatten ihr Quartier im dunklen Schiffsbauch, die adeligen Leute hingegen teilten die kleinen Kabinen am Heck unter sich auf. Tiessa wohnte bei ihrer Herrin Yolanda, der alten Godvere und Beatrice, dazu kamen noch zwei Mägde, die auf den Truhen schliefen. In den Nächten lag man eng aneinandergeschmiegt, und alle waren zornig auf Godvere, die schrecklich laut schnarchte, sodass man kaum ein Auge zutun konnte. Auch tagsüber war die alte Frau eine Plage, sie fand überall ein Haar in der Suppe. Mal war es ihr zu heiß, mal zu kalt, dann wieder schalt sie über die kargen Mahlzeiten, oder sie jammerte, dass sie bei ihren Jahren eigentlich das Recht auf eine Kabine für sich allein habe. Doch nach dem ersten, schlimmen Sturm war Godvere still geworden. Sie lag nur noch auf ihrem Polster, starrte hinauf zur Decke der Kabine und horchte bang auf die Schritte der Leute, die dort oben auf dem Wehrgang herumliefen.
    » Das Meer ist Satans Heimat, voller grauer glitschiger Ungeheuer und Drachen « , sagte Beatrice leise zu Tiessa. » Leviathan haust auf seinem Grund. Wenn er sein Haupt erhebt und mit dem gewaltigen Schweif die Wogen peitscht, dann kann nicht einmal die Gottesmutter Maria uns helfen. «
    Tiessa zog die Knie hoch und wischte sich mit dem Ärmel eine schweißnasse, kitzelnde Locke aus der Stirn. Ihr Gesicht war sonnengebräunt, was für eine Frau sehr hässlich war, doch es störte sie nicht. Nachdenklich lauschte sie auf das leise Knacken und Knarren der Masten und hölzernen Aufbauten. Vom Bug her war das Schwatzen der Seeleute zu hören, die sich dem Würfelspiel ergaben, und kaum vernehmbar schwappten kleine, träge Wellen gegen den Schiffsbauch. Das Meer tat jetzt harmlos, lag unter ihnen wie ein schöner tiefblauer Kristall und schien nur ein sanftes Abbild der schweigenden Himmelsbläue über ihnen.
    » Das Meer ist alles zugleich, Beatrice. Es ist grausam und auch großartig, voller Schrecken und zugleich unfassbar schön. Es trägt uns in ferne Länder und kann sich doch in jedem Augenblick öffnen, um uns zu verschlingen. Ich glaube, dass beide darin wohnen, Gott der Herr und auch der Dämon der Finsternis. «
    » Mag sein « , seufzte Beatrice. » Ich wünschte nur, wir wären bald wieder auf festem Boden. Haben sie nicht gesagt, dass wir in wenigen Tagen die Insel Kreta erreichen werden? «
    » Ja « , meinte

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