Die Braut des Kreuzfahrers
Kapitän einige Worte zu wechseln. Jean jedoch näherte sich den beiden Frauen, grüßte Beatrice und ließ sich dann aufseufzend neben seiner Tochter nieder. Seit Beginn der Seereise verspürte er heftige Schmerzen in Gelenken und Schultern, für die er die Feuchtigkeit und die mangelnde Bewegung verantwortlich machte.
» Diese Flaute hat doch auch ihr Gutes « , meinte er mit grämlicher Ironie zu Tiessa. » Die heiße Sonne heilt meinen Gliederschmerz, noch ein paar Tage und ich werde das Schwert wieder schwingen können, wie damals, als ich ein Knappe war. «
Tiessa hörte diese Nachricht nicht allzu gern, sie hoffte immer noch, dass Gottfried von Perche ihren Vater nicht als Kämpfer, sondern für andere Dienste einsetzen würde. Man wollte zuerst die Hafenstadt Akkon von den Sarazenen befreien, danach – so hatte man ihr erklärt – konnten die Kreuzritter gen Jerusalem ziehen. Akkon wurde schon seit über einem Jahr von vielen tapferen Rittern belagert, darunter Guido von Lusignan, der König von Jerusalem, der die Heilige Stadt vor einigen Jahren an die Sarazenen verloren hatte und nun verzweifelt darum kämpfte, sein Königreich wieder zu erlangen. Auch König Philipp von Frankreich – so hatte man in Messina erfahren – war inzwischen mit seinem Heer vor Akkon eingetroffen.
» Wer weiß « , meinte Jean verdrießlich. » Vielleicht haben sie die Stadt ja schon befreit und wir werden zu spät kommen. Es wäre kein Wunder, wenn es den französischen Rittern auch ohne die Hilfe des angevinischen Heeres gelänge. In Zypern sei König Richard gelandet, hat es geheißen … «
Tiessa unterdrückte einen Seufzer und sah zu Beatrice hinüber, doch die schwieg sanftmütig und hatte nicht vor, Jean zu unterbrechen. Jetzt würde er also wieder über den englischen König Richard herziehen, wie jeden Tag, seitdem sie Messina verlassen hatten. Es war nicht zu übersehen, dass Jean seine frühere kluge Gelassenheit verloren hatte, er war reizbar geworden und liebte es, sich zu ereifern.
» Weshalb reist er nach Zypern, dieser schlaue Bursche? Doch gewiss nicht, weil der Sturm ihn dorthin verschlagen hat. Er wird die Insel erobern, so wie er auch in Messina gehaust hat. Es geht ihm doch nur darum, diese Orte unter seinen Einfluss zu bringen. Sizilien hat er dem Kaiser entrissen, und so wird er sich auch Zypern unterwerfen. «
» Aber es ist doch gar nicht sicher, dass sich Richard auf Zypern befindet « , warf Tiessa ein.
Leise drückte ihr Beatrice die Hand – das bedeutete, sie solle einfach schweigen und ihren Vater nicht noch mehr in Harnisch bringen. Sie hatte recht, denn nun zählte Jean alles auf, was man in Messina über Richard erfahren hatte und dazu angetan war, seinen Zorn zu erregen. Die Braut, mit der er seit Jahren verlobt war, Alice von Frankreich, die Halbschwester des französischen Königs, habe er kurzerhand ausgeschlagen und eine andere zur Frau genommen. Was für ein Affront gegen Philipp von Frankreich! Und wer war wieder einmal die führende Kraft dabei gewesen? Natürlich Eleonore von Aquitanien, Richards zärtliche Mutter. Die hatte nicht gerastet noch geruht und ihm die Ehefrau in eigener Person nach Messina gebracht. Berengaria sei ihr Name, die Tochter des Herrschers von Navarra – da konnte man sich doch schon denken, wohin Richard seine Hand demnächst ausstrecken würde.
» Vater « , meinte Tiessa freundlich. » Das hattest du mir schon erzählt … «
» Dieser Mann ist voller Hochmut und Gier – wie kann er da ein Pilger sein? « , fuhr Jean fort, ohne auf Tiessas Bemerkung zu achten. Gerade über diesen Punkt regte er sich besonders auf, da etliche der Kreuzfahrer eine andere Meinung dazu hatten als Jean. Viele beneideten die Ritter des englischen Königs, denn sie konnten kämpfen und Beute machen, während man selbst schon seit Wochen tatenlos auf diesem elenden Kahn herumschwamm. Lebten hier nicht an allen Küsten dunkelhäutige Sarazenen? Standen nicht überall auf den Märkten die verfluchten Juden, die Feinde Christi, die Gottes Sohn ans Kreuz geschlagen hatten? Also wäre es kein Schaden gewesen, bei einem Landgang ein paar Ortschaften zu überfallen. Aber der Herr von Perche hatte ja nur die Heilige Stadt im Kopf, der war selbst ein Heiliger, Gott schenke ihm recht bald das Paradies.
» Was für eine lächerliche Geschichte war das mit dem Schwert Excalibur, das er angeblich dem König Tankred von Sizilien geschenkt hat? Verschenkt man das Schwert des Königs
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