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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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bekannt geworden war, dass sie die Tochter eines Ministerialen war, hatte sie doch den Status einer Magd behalten. Die Knappen und die übrigen Kämpfer besahen sie oft mit einem vieldeutigen Lächeln, und sie hatte rasch begriffen, dass sie sich vor ihnen in Acht nehmen musste. Trotz der strengen Regeln, die der Herr von Perche den Pilgern auferlegt hatte, war es auf dem Schiff in aller Heimlichkeit zu unzüchtigen Begegnungen mit einigen der Mägde gekommen. Ivo Beaumont wollte sie so wenig wie möglich ins Gespräch ziehen, und der kleine Bertran, den sie ins Herz geschlossen hatte, hielt sich meist abseits, und es war klar, dass er von den Kampfgebräuchen der Männer ebenso wenig wusste wie sie selbst. So hatte sie sich schließlich an Yolanda gewendet, und zu ihrer Verblüffung konnte ihre Herrin ihr Antwort geben.
    » Ob es klug ist, die schwere Wehr anzulegen? Eine Dummheit ist es. Wer damit ins Meer stürzt, der versinkt in den Fluten und wird nicht wieder gesehen. Aber wer ein adeliger Herr ist und solch einen Panzer besitzt, der will ihn eben auch zeigen. Eitel sind sie allesamt, unsere Ehemänner und Söhne. Gebe Gott, dass wir nicht angegriffen werden, solang wir auf diesen albernen Kähnen herumschwimmen! «
    Misstrauisch wurden die Schiffe beäugt, die ihnen in einiger Entfernung zu folgen schienen. Wenn ihnen ein Boot entgegenruderte, fassten die Männer unruhig an die Griffe ihrer Schwerter, doch bisher hatte sich keines der Boote als feindselig erwiesen. Gemächlich zog die Küste an ihnen vorüber, die im grellen Sonnenlicht zum Greifen nah und erstaunlich friedlich schien. Die Wellen schlugen auf einen breiten Streifen aus weißem Sand. Dahinter war der Boden voller Felsbrocken, ockerfarben bis rötlich, nur an wenigen Stellen von einer dünnen Schicht Gras bewachsen, das staubbedeckt und vertrocknet wirkte. Hie und da sah sie Gärten, viereckige grünende Inseln im ausgedörrten Land, die von niedrigen Steinwällen geschützt wurden. Neben kastenförmigen Steinhäusern blühten rote und weiße Büsche. Weiter hinten erhoben sich Hügel und Gebirgszüge, auf denen an manchen Stellen ein wenig grünes Buschwerk und sogar Wald zu wachsen schienen. Doch bei dem Gedanken, dass sich dort überall feindliche Sarazenen aufhielten, wurde ihr beklommen zumute. Dies also war das Land, auf dem Jesus Christus, der Sohn Gottes, gewandelt war. Eigentlich hatte sie es sich viel schöner vorgestellt, glänzender, voller goldener Kuppeln und Türme, von Eremiten und frommen Mönchen bewohnt. Sie hatte sogar geglaubt, eine Art Paradiesgarten vorzufinden, in dem die Engel Gottes umherwanderten. Aber das war natürlich sehr dumm von ihr gewesen. Das Heilige Land war kahl und felsig, überall war rötlicher Staub und nur wenig dürres Gebüsch. Auf dem schmalen Küstenpfad erblickte man hie und da Menschen von dunkler Gesichtsfarbe, die beladene Maultiere hinter sich herzogen. Wenn man an einer Flussmündung vorüberfuhr, sah die Küste grau und sumpfig aus, es schienen sogar Massen von Mücken dort herumzuschwärmen.
    Inzwischen hatte Yolanda von Villeneuve die dicht stehenden Kämpfer beiseitegeschoben und den Platz an der Bordwand neben Tiessa erobert.
    » Jetzt müssten wir sie bald zu sehen bekommen « , meinte sie grimmig. » Ich bin sehr neugierig, wie solch ein Sarazenenkämpfer aussieht. Manche schwatzen ja, dass sie Gesichter wie schwarze Teufel hätten und statt der Hände Löwenpranken. «
    » Besser ist es wohl, wir bekommen sie nicht zu sehen « , wandte Tiessa ein. » Zumindest bis wir vor Akkon angekommen sind. «
    Yolanda hatte ihren Dolch im Gürtel stecken – sie war schon eine ungewöhnliche Frau, vielleicht hätte sie auch einen guten Ritter abgegeben.
    » Du hättest in Tyros bleiben können, Mädchen. So wie Vallette, Amicia und auch Godvere. Meine Güte – in ihrem Alter reist man eben nicht mehr ins Heilige Land. Die Ärmste liegt nur noch da und muss gefüttert werden. Es ist gut, dass die beiden Klosterfrauen sich um sie kümmern. «
    Tiessa hatte auf keinen Fall in Tyros bleiben wollen und hart mit ihrem Vater um die Erlaubnis gestritten, mit nach Akkon reisen zu dürfen. Yolanda hatte sich in diesem Streit zuerst zurückgehalten, dann aber Tiessa unterstützt. Sie, Yolanda, war fest entschlossen, die Eroberung der Stadt mit eigenen Augen zu sehen, und sie benötigte ihre Magd zu ihrer Bedienung. Auch als Jean ihr anbot, eine einheimische Magd für sie anzumieten, war sie stur geblieben.

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