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Die Braut des Nil

Die Braut des Nil

Titel: Die Braut des Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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abzuwägen.«
    Kamose
schätzte die Zurechtweisung nicht, es gelang ihm aber, sich zu beherrschen.
    »Kamose spricht mit großer
Heftigkeit«, unterbrach Nofret, »aber du musst ihn verstehen, mein Vater. Kann
man ihm vorwerfen, dass er seine Eltern liebt? Kann man ihm vorwerfen, dass er
ihnen ein Glück zurückgeben will, das ihnen genommen wurde?«
    »Fällen wir kein vorschnelles
Urteil«, forderte Rensi. »Im Kataster arbeiten gewissenhafte Männer. Sie kennen
die Bedeutung ihrer Aufgabe. Noch nie habe ich eine Klage wegen eines solchen
Irrtums erhalten.«
    »Und doch ist
es so«, erklärte Kamose, der sich bemühte, nicht ganz so leidenschaftlich zu
sein. »Meine Eltern haben das Recht erhalten, durch hartnäckige Arbeit ihren
Grund zu erwerben. Sie genießen das Ansehen des ganzen Dorfes. Ihr Gut ist
heute das fruchtbarste und das am besten bestellte von allen. Warum hat Setek,
selbst wenn er ein Held ist, das Recht, sich mit Gewalt anzueignen, was ihm
nicht gehört?«
    Richter Rensi
schien verwirrt.
    »Der Fall ist
seltsam… Ein Stück Land wird nur mit Zustimmung des Pharao, der seine Befehle
an das Katasteramt leitet, zu Privatbesitz. Wurden deine Eltern wegen etwas
verurteilt?«
    »Aber
niemals«, entgegnete Kamose, empört über eine solche Unterstellung. »Sie sind
die rechtschaffensten Menschen, die ich kenne.«
    »Ich hoffe, ich
muss dich nicht enttäuschen«, entgegnete der Richter.
    »Was hast du vor?«, fragte
Nofret ängstlich.
    »Ich will den
wichtigsten Mann des Katasters befragen«, antwortete Richter Rensi. »Die
betreffende Person ist nicht sehr zugänglich und verlässt den geschlossenen
Tempel nur sehr ungern. Ich werde meine ganze Autorität einsetzen müssen.«
    »Werden
Abschriften der Archive nicht in einem Ministerium aufbewahrt?«
    »Ich will die
Originale sehen«, erklärte der Richter. »Das ist die einzige Möglichkeit,
Gewissheit zu erlangen.«
    »Wann kannst
du handeln?«
    »Ich brauche
mindestens drei Tage. Ich habe andere laufende Geschäfte, darunter einige
dringende. Ihr werdet hier auf mich warten. Ich dulde keinerlei Initiative von
eurer Seite.«
    Nofret
verbarg ihre Freude. So gute Nachrichten hatte sie nicht erhofft.
    Nofret und
Kamose verbrachten die meiste Zeit im Palmenhain und gingen nur in die Villa,
um dort ihre Mahlzeiten einzunehmen. Kamose war überzeugt, Recht zu erhalten,
und erging sich in Lobreden auf die Rechtschaffenheit des Richters. Er sah
seine Fehler ein und bedauerte seine Kritik gegenüber den hohen Würdenträgern.
Von einer schweren Last befreit, konnte er seiner Liebe freien Lauf lassen.
    Nofret
erwiderte Kamoses Leidenschaft mit der gleichen Intensität wie er. Er war ihre
erste Liebe und würde ihre letzte sein. Sie war davon überzeugt, dass sie nie
einen anderen Mann lieben würde, wie Kamose überzeugt davon war, nie eine
andere Frau zu lieben.
    Und so
schenkten sie sich ihre Körper und ihre Seelen.
    »Ich möchte
dein Mann sein«, erklärte er.
    »Ich möchte
deine Frau sein«, erwiderte sie.
    Auf die
Begeisterung folgte Sorge. Nofret war sich im Klaren darüber, dass es schwierig
werden würde, ihren Vater davon zu überzeugen, einen Schwiegersohn zu
akzeptieren, der nicht aus einer adligen Familie stammte. Kamose wusste, dass
er ein Haus bauen müsste, um seine Frau aufnehmen zu können. Sobald er sie in
seine Arme schließen würde und sie vereint die Schwelle ihres Hauses
überschreiten würden, würde man sie als Mann und Frau ansehen – ohne irgendeine
andere Zeremonie.
    Beide
beschlossen, die Zukunft erst einmal zu vergessen und sich an der Gegenwart zu
berauschen. Sie hatten so viel gemeinsam zu entdecken: Nofret erteilte Kamose
seinen ersten Reitunterricht. Sie schwammen gemeinsam in den Wasserbecken, und
er half ihr, ihre Technik zu vervollkommnen. Sie stiegen auf einen Wagen,
fuhren kilometerweit in die Wüste und genossen ihre Einsamkeit. Sie lasen
gemeinsam Liebesgedichte und erkannten sich in den Beschreibungen der Dichter
wieder, die von Liebenden erzählten, die sich in einem irdischen Paradies
bewegten, in dem allein die Stärke ihrer Gefühle zählte.
    Trunken vor
Glück versuchten sie, in einem fischreichen Kanal zu angeln, hatten kein Glück
und lachten schallend über ihr Ungeschick. Die Fische kümmerten sie nicht viel.
Alles war Vorwand, sich zu umschlingen und zu küssen. Aber beide bewahrten
dabei eine erstaunliche Klarsicht. Ihr Wesen hatte sich durch die Erkenntnis
ihrer gegenseitigen Leidenschaft grundlegend

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