Die Braut des Normannen
Männer gerichtet.
Nichola spähte verstohlen auf den Ritter, der neben ihrem Bräutigam stand. Sie erinnerte sich daran, daß er Lawrence hieß und Royces erster Offizier war, außerdem war er der erste gewesen, der sie nach ihrer Ankunft in London so freundlich begrüßt hatte.
Lawrence spürte ihren Blick und zwinkerte ihr zu. Sie wurde rot, brachte jedoch ein Lächeln zustande. Sie hätte gern ein paar Worte mit dem Ritter gewechselt, aber Royce ergriff ihren Arm und zog sie näher an sich, das machte eine Unterhaltung unmöglich.
Einer von Royces Vasallen kam auf sie zu, beugte vor Nichola das Knie, und während er die Hand über den Kopf hob, schwor er ihr die Treue. Nichola war überrascht über diese Geste.
Dann trat ein Ritter nach dem anderen vor und kniete sich vor sie. Nachdem alle sie auf diese Weise als neue Herrin anerkannt hatten, nickte Royce.
Nichola war peinlich berührt und verwirrt zugleich bei den Treueschwüren der Männer. Hatten sie vergessen, daß sie eine Angelsächsin war? Das muß wohl so sein, dachte sie. Sonst hätten sie sicherlich nicht gelobt, sie, wenn nötig unter Einsatz ihres eigenen Lebens, zu beschützen.
Royce wußte, daß Nichola aufgeregt war, und zog sie, ohne sie anzusehen, so nah an sich heran, bis sie sich eng an seine Seite schmiegte.
Der König beobachtete das Geschehen von dem Podest aus, und als der letzte von Royces Gefolgsmännern den Treueeid geleistet hatte, verließ er schwerfällig das Podest, um Royce auf die Schultern zu klopfen und Nichola zu umarmen. Er drückte sie fest an sich und schob sie Royce wieder zu. Sie war gerade dabei, ihren ersten Schreck zu überwinden, als William ihr noch einmal die Schulter tätschelte. Diese herzliche Geste brachte sie beinah zu Fall, aber Royce fing sie noch rechtzeitig auf und legte besitzergreifend den Arm um sie.
»Ich freue mich sehr über diese Heirat«, erklärte der König. »Ihr habt eine gute Wahl getroffen, Lady Nichola.« Er machte eine Pause und unterstrich seine Worte mit einem dramatischen Nicken. »Meine liebe Frau hatte recht – wie gewöhnlich. Sie war sicher, daß Ihr Euch für den von mir am meisten geschätzten Baron entscheiden würdet. Ja, meine süße Matilda hat das vorausgesehen.«
Nichola konnte sich ein Lächeln nicht verbeißen. Es war erheiternd, diesen grimmigen Riesen so liebevoll von seiner winzigen Frau reden zu hören. Und herzerwärmend. Die beiden konnten nicht verhehlen, daß sie sich aus tiefstem Herzen liebten. In dieser modernen Zeit, in der Liebe so gut wie gar keine Rolle mehr bei der Partnerwahl spielte und andere Überlegungen wichtiger waren, erschien es wie ein Wunder, daß William Matilda so zugetan war und daß sie seine zarten Gefühle auch noch erwiderte.
Das nahm Nichola um so mehr für das Paar ein. Dieser Respekt und das Vertrauen, das sich der König und die Königin entgegenbrachten, erinnerten Nichola an ihre eigenen Eltern.
Himmel, was war nur los mit ihr? Sie konnte doch für den normannischen König und seine Gemahlin keine Sympathie empfinden, das wäre so etwas wie Verrat, oder nicht?
Verrat an wem? Der angelsächsische König war seit fast drei Monaten tot. Die Normannen hatten England erobert, und es schien keine Macht oder Gruppe zu geben, die stark genug war, sie herauszufordern. Nichola war vollkommen durcheinander – sie brauchte Zeit, um mit all dem Neuen, das auf sie einstürmte, fertig zu werden.
»Vielleicht hat Lady Nichola Royce nur auserwählt, weil er der einzige Ritter ist, den sie kennt«, rief jemand. »Wenn man mich damit beauftragt hätte, sie zu holen, wäre ihre Wahl sicher auf mich gefallen.«
Der Mann, der versucht hatte, sich Nichola in den Weg zu stellen, stolzierte in den Vordergrund, als er seine überheblichen Reden schwang. Er verzog den Mund zu einem Lächeln, aber Nichola spürte, daß es nicht von Herzen kam – seine Augen schimmerten kalt wie Eis.
Sie mochte diesen Mann nicht.
Zwei Gefolgsleute flankierten den angeberischen Ritter. Nichola senkte den Blick und wartete darauf, daß ihr die Männer formell vorgestellt wurden.
»Nichola«, sagte Royce. »Darf ich dich mit Baron Guy und seinen Gefolgsmännern, Morgan und Henry, bekannt machen?«
Baron Guy verbeugte sich tief, aber seine Begleiter blieben unhöflicherweise stocksteif stehen. Nichola begrüßte Guy, indem sie den Kopf ein wenig neigte, dann wandte sie sich seinen beiden Vasallen zu, wünschte jedoch sofort, sie hätte sich die Mühe erspart. Ihr
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