Die Braut des Piraten
Augen.
Anthony bemerkte es, drehte sich jedoch um und begrüßte Olivia. »Lady Olivia, ich bin ja so glücklich, dass Euer Kleid durch mein Ungeschick nicht dauernden Schaden nahm.«
»Wir hatten Glück, Mr. Caxton.« Sie knickste mit züchtig gesenktem Blick. »Aber wenn Ihr mich entschädigen wollt…«
»Ich tue alles, Teuerste. Alles, was in meiner Macht steht, damit Eure Meinung von mir sich bessert.« Er führte ihre Hand an die Lippen. Dabei erhaschte er die Andeutung beifälliger Belustigung in Lady Rothburys Miene, einen gewissen Schimmer in ihren grünen Augen. Lady Granville aber wich seinem Blick mit jenem Anflug von Hochmut aus, den er schon zuvor an ihr wahrgenommen hatte.
Olivia hatte sich also ihren Freundinnen anvertraut.
»Ich brauche meinen Schal«, sagte Olivia. »Mich friert ein wenig. Vielleicht könnt Ihr mich zur Kutsche begleiten, damit ich ihn holen kann.«
»Mit Vergnügen, Lady Olivia.« Sein Ton war nichts sagend, als er ihr den Arm reichte.
Olivia legte eine Hand auf seinen Arm und spürte, wie die Muskeln unter der dunkelblauen Seide sich unter ihren Fingern strafften. Es genügte, ihn so zu berühren, dass ihre Haut glühte und sich in ihrem Kopf alles drehte. Ihr Griff wurde fester, ihre Finger gruben sich unwillkürlich fest in seinen Arm, als er sie aus der Halle geleitete.
Auf dem Hof wimmelte es von Soldaten, da eben die Wachablöse stattfand. »Was ist?«, fragte Anthony leise. »Um ein verliebtes Stelldichein dürfte es sich wohl nicht handeln.«
Er klang so kalt, so hart.
»Gehen wir in den Privatgarten?«, flüsterte Olivia. Seine Bitterkeit kam nicht unerwartet, da sie diese immerhin verursacht hatte, doch schmerzte sie zutiefst. Am liebsten hätte sie ihn angeschrien, dass es für sie unendlich kompliziert war, und hätte Verständnis für sich gefordert. Falls es je einen Moment für dieses Eingeständnis gegeben hatte, war er vorbei.
Wortlos lenkte Anthony ihre Schritte über den Hof zur Kapelle und dem Garten dahinter.
Einige Paare lustwandelten in der Abendluft im umfriedeten Garten. Die Neuankömmlinge erregten keine Neugierde.
»Also, was hast du mir zu sagen?« Er fragte es leise und knapp. Olivia hielt die Augen auf den Kiesweg gerichtet. »Du stehst unter Verdacht«, murmelte sie. »Ich wollte dich warnen. Man munkelt, dass du nicht das bist, was du zu sein vorgibst.«
Sie spürte, wie sein Armmuskel unter ihrer Hand zuckte, sein Schritt aber stockte nicht. Er blickte einmal um sich, rasch, als schätze er die Lage ab. »Du hast also etwas verraten«, sagte er.
»Nein!«, rief sie unterdrückt aus. »Natürlich nicht. Ich sagte, dass ich es nicht tun würde. Nie würde ich ein Versprechen brechen.«
»Pst«, befahl er. »Nicht so auffällig. Sag mir, was du weißt.«
Leise und hastig berichtete Olivia von dem Gespräch bei Tisch. »Mein Vater sagte, es sei nur ein Gerücht.«
»Und woher kommt es? Wenn nicht von dir, dann von einer der Freundinnen, denen du meine Geheimnisse anvertraust?« Sein Ton war barsch.
»Nein«, wiederholte Olivia mit Festigkeit. Ihr Ton verriet trotz ihrer Beherrschtheit, wie gekränkt sie war. »Ich brauchte ihre Hilfe, um heute hierher zu kommen, ohne Verdacht zu erregen. Bis jetzt wussten sie nichts … und jetzt spielt es keine Rolle mehr, da du bereits unter Verdacht stehst. Niemand, den ich kenne, verriet dich. Meine Freundinnen würden niemanden ans Messer liefern, mit dem ich befreundet bin. Unter Freunden gibt es keinen Verrat.«
Er begegnete ihrem klaren offenen Blick, der allerdings ebenfalls Schmerz über seine Anschuldigung zeigte.
»Ich kam, um dich zu warnen«, wiederholte sie.
Er nickte langsam. »In Freundschaft?«
Nein, in Liebe.
Olivia zögerte, ehe sie sagte: »Wenn du möchtest.«
Er ließ ein bitteres Auflachen hören. »Nun, ich danke dir für deine Freundschaft, meine Blume. Sicher ist sie mehr, als ein Ehrloser verdient. Jetzt muss ich gehen, ehe man die Hunde auf mich hetzt. Ich werde dich vor der Halle verlassen. Trenne ich mich hier von dir, würde es auffallen.« Er ging mit ihr über den Hof, dann entzog er ihr seinen Arm.
Einen Moment blickte er schweigend in ihr bleiches Antlitz, um dann eine Hand zu heben und das Rund ihrer Wange zu umfassen, als könne er nicht anders. »Lebewohl, Olivia«, sagte er mit leiser Endgültigkeit. Dann machte er kehrt und hielt gemächlich auf das Torhaus zu.
Olivia blieb außerhalb des Lichtkreises der offenen Tür stehen, mühsam um Fassung
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