Die Braut des Piraten
werden um Mitternacht den Strand erreichen. Kannst du ein paar Leute zusammentrommeln, die oben auf der Klippe Posten beziehen?«
Mike grinste. »Nichts leichter als das. Pa ist einer der Ersten, dazu drei meiner Brüder. Wir halten Ausschau, bis sie das Leuchtfeuer entzünden. Und dann bekommen sie eine tüchtige Abreibung.«
»Genau.« Anthony setzte sich auf einen Felsblock ein Stück vom Wasser entfernt, putzte sich den Sand von den Fußsohlen und zog Strümpfe und Stiefel an. »Heute bleibe ich nicht lange auf der Festung. Nur so lange, um dem König die Nachricht zuzustecken, dass es morgen losgeht. Ich hoffe zu Gott, dass er nichts verrät. Für Verschwörungen zeigt er nicht viel Talent.«
Anthony verzog genervt das Gesicht. Dem König fiel es schwer, sich zu verstellen, weil er es für unter seiner Würde hielt. Wusste er, dass sein Ausbruch aus dem Kerker bevorstand, musste man befürchten, dass sein Verhalten dem stets wachsamen Kommandanten alles verraten würde. Es war in der Vergangenheit jedes Mal der Fall gewesen und stellte ein ständiges Risiko dar, das Anthony auf sich nehmen musste, wollte er sein Ellen gegebenes Versprechen halten.
»Wenn auf Carisbrooke alles erledigt ist, komme ich zu euch an den Strand.«
Mike tippte grüßend an die Stirn und lief den steilen Pfad hinauf. Anthony folgte mit langen Schritten. Er konnte das aufziehende Unwetter riechen. Es war das Erste seit der Nacht des letzten Schiffbruches. Würde es Channing und seine Männer wieder aus der Deckung locken? Es wäre die ideale Gelegenheit, Godfrey Channing zu schnappen und so zwei Fliegen mit einem Schlag zu erledigen. Den Schiffbrüchen wäre ein Ende bereitet – so lange zumindest, bis ein anderer Schurke auf der Szene auftauchte – und Channing würde unschädlich gemacht, ehe er Olivia weiter Ungemach bereiten konnte. Somit blieb nur ein kleines Problem zu bewältigen, ehe er den König entführte. Dieser mysteriöse und bösartige Brian Morse.
Anthony hatte größtes Interesse, eine Begegnung mit dem Mann herbeizuführen, der Olivia als Kind missbraucht hatte. Auch in diesem Punkt konnte Channing ihm nützen.
Er betrat die große Halle auf Carisbrooke mit einem freundlichen Gruß. Der König spielte Karten am Kamin, Granville, Rothbury und Hammond waren nirgends zu sehen. Mit seiner üblichen gefälligen, leeren Miene begrüßte Anthony Mistress Hammond und bedachte die Damen in ihrer Gesellschaft mit seinem bestrickendsten Lächeln. Sie fächelten sich zu und erwiderten seinen Gruß, während Mistress Hammond ihn mit ihrem Zahnlückenlächeln als unverschämten Charmeur schalt, der unter ihren Damen Verwirrung stiftete.
Einer Antwort wurde er enthoben, als ein Höfling ihn bat, Seiner Majestät bei einer Kartenpartie Gesellschaft zu leisten. Anthony lächelte, verbeugte sich vor den Damen, küsste ein paar Hände und schlenderte gelassen durch die Halle, um der Aufforderung des Königs Folge zu leisten.
»Sire, ich bin ein schwacher Whist-Spieler«, kündigte Anthony entschuldigend an, als er sich vor seinem Souverän verbeugte. »Sicher werde ich die Ungeduld meiner Partner wecken.«
»Ach, das soll Euch nicht kümmern. Lord Daubney wird gern mit Euch spielen. Schlechter als sein jetziger Partner könnt Ihr nicht sein.«
»Ich hatte ein schlechtes Blatt, Sire«, murmelte der fragliche Gentleman unglücklich, als er sich vom Tisch erhob und seinen Platz Edward Caxton überließ.
Anthony setzte sich. Seine Augen schienen verschlafen, doch sein Geist war hellwach. Mit einer Hand hielt er die Karten, während die andere wie gewohnt am juwelenbesetzten Griff seines Degens ruhte. Er befand sich inmitten seiner Feinde. Falls etwas schief ging, sah er keine Chance, sich den Weg aus der Halle, geschweige denn aus der Festung freizukämpfen, aber versuchen würde er es.
»Haben Eure Majestät heute schon einen Spaziergang auf den Wehrmauern unternommen?«, erkundigte er sich beiläufig, und legte sein Blatt hin, während sein Partner ausspielte.
»Nein, ich finde, dass die Abendfeuchtigkeit meine Lungen reizt«, erwiderte der König und blickte unter schweren Lidern hervor über den Tisch.
Anthony wich dem Blick aus. Durch die Erwähnung der Wehrmauern hellhörig, wusste der König nun, dass Caxton eine Botschaft für ihn hatte. Er würde einen Weg finden, sie in Empfang zu nehmen.
Als der König sich nach einer Weile streckte, um die gewonnenen Karten einzusammeln, verfing der Rand seines breiten Samtärmels
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