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Die Braut des Piraten

Die Braut des Piraten

Titel: Die Braut des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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spähte in die Finsternis zu dem kleinen, einmastigen, dümpelnden Boot hinab. »Soll ich jetzt gehen?« Ihre Stimme war tonlos.
    »Ja.« Er half ihr nicht, als sie sich über die Reling schwang und sich ins Boot hinuntergleiten ließ. Dann blickte sie noch einmal zu ihm hinauf. Sein Gesicht war bleich in der Finsternis, seine Augen glitzerten wie graues Eis. Er nahm sein Halstuch ab, ballte es zusammen und warf es hinunter ins Boot. Einer der Seeleute hob es auf.
    Das Leinentuch lag warm über ihren Augen. Der Duft, den es verströmte, war so stark, dass es sie wie ein Schlag traf. Sie atmete in der vollkommenen Dunkelheit tief ein, und plötzlich tauchte ein Raum auf, ein offener Raum, in dem die Verzauberung so stark war, so klar, dass die Schrecken der Vergangenheit keinen Platz mehr fanden. Sie spürte seinen Körper an sich, seine Härte an ihrer Weichheit. Seine Lippen. Schwäche und ein Schwindelgefühl machten sich bemerkbar, sodass sie an der Ruderbank Halt suchte.
    »Alles in Ordnung, Miss?«
    Die besorgte Stimme brachte Ernüchterung. »Ja, danke. Sind wir bald da?«
    »Es dauert nicht mehr lange.«
    Olivia lauschte dem leisen Plätschern der Ruder, die sie von der
Wind Dancer
fortbrachten. Plötzlich war der Wind frischer, und sie hörte, wie die Mannschaft das Segel setzte. Erst ging ihre Orientierung verloren, dann ihr Zeitgefühl. Einer fing leise zu summen an, ein anderer fiel ein. Eine süße Melodie. Dann verstummte das Summen. Der Bug schabte über Sand, das Boot hielt an.
    »Darf ich das jetzt abnehmen?« Olivia griff nach ihrer Augenbinde.
    »Aye, Miss.«
    Sie löste die Binde und blinzelte im Halbdunkel. Sie hatte keine Ahnung, wo sie sich befanden, sah nur, dass es eine schmale Bucht war. Das Meer war schwarz; Klippen erhoben sich auf drei Seiten. Nun sah sie den Himmel und das Sternenmeer wieder. Von der
Wind Dancer
war nichts zu sehen, was nicht weiter erstaunlich war, da die Fahrt mit dem kleinen Segelboot ziemlich lange gedauert hatte.
    Die Männer sprangen aus dem Boot und zogen es an den Strand. Dann halfen sie ihr beim Aussteigen. »Jetzt geht es steil den Pfad hinauf, Miss.«
    »Schon gut, das sch-schaffe ich schon«, sagte sie und lächelte dem Mann zu, der ein besorgtes Gesicht machte.
    »Sollen wir auf dich warten, Mike?«
    »Nein, ich bleib die Nacht über zu Hause.« Der Mike Genannte querte den Strand und hielt auf eine schmale weiße Linie in der Klippenwand zu. »Hier entlang, Miss. Der Karren wartet oben.«
    Olivia folgte ihm und steckte Anthonys Halstuch in die Tasche ihres Kleides.
    Anthony betrachtete sich im Spiegel seiner Kabine. Er schob den geschwungenen Schnurrbart zurecht, der nun seine Oberlippe zierte, und führte stirnrunzelnd einen dunklen Stift an seine Brauen.
    »Na, was meinst du, Adam? Reicht das?« Er sprach mit dem breiten Akzent der Inselbewohner.
    »Aye.« Adam reichte ihm eine gestrickte Seemannsmütze. »Das war's wohl mit dem Mädchen?«
    Anthony gab keine Antwort. Er war damit beschäftigt, sein Haar unter der Mütze zu verbergen und zog die Krempe tief in die Stirn. »Ich glaube, ich sehe ausreichend schurkisch aus«, grinste er. »Die schwarzen Zähne machen sich hübsch, nicht?«
    »Ich dachte, du sagtest, sie sei anders.«
    »Verdammt, Adam, ich. möchte nicht darüber sprechen.«
    »Hab wohl den wunden Punkt getroffen?« Adam ließ sich von der Barschheit seines Herrn nicht beirren. Er hatte ihn seit seiner Geburt an gepflegt, hatte ihm die Windeln gewechselt, ihn mit Milch aus der Flasche ernährt und war mit ihm nach der Schlacht auf dem Weißen Berg unter widrigsten Umständen aus Böhmen geflohen. Er hatte ihn behütet und unversehrt zur Familie seines Vaters ins große Palais nach London gebracht.
    Und hatte mit ansehen müssen, wie das Kind von denen zurückgewiesen wurde, deren Pflicht es gewesen wäre, es aufzunehmen …
    »Adam, der Teufel soll dich holen. Du schläfst ja ein. Hilf mir mit dem Wangenrot. Ich muss meine Nase rot anfärben und mir ein paar geplatzte Äderchen aufmalen.«
    Adam nahm den Rougetiegel, der ihm unter die Nase gehalten wurde. »Möchtest du als Clown auftreten?«
    »Nein, nur als Trunkenbold. Aber beeil dich. Du kannst mit diesem Zeug besser umgehen.«
    Adam machte sich an die Arbeit und bewies in der Tat eine geradezu künstlerische Hand. Als er fertig war, schimmerte Anthonys fleckiges Gesicht wie ein rosiger Apfel.
    »Wen nimmst du als Schutz mit?«
    »Sam … aber ich erwarte keinen Ärger. Der Mann hat Waren

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