Die Braut des Piraten
»Ich werde sie so beschäftigen, dass sie keine Zeit hat, ihren Kopf mit solchem Unsinn zu belasten.« Wieder trank er einen Schluck und sah auf die schädelförmige Uhr, die an seinem Gürtel hing. »Ich muss mich auf den Weg machen. Um Mitternacht habe ich eine Verabredung.«
»Mit Eurem Kunden?«
»Ja.« Godfrey wirkte ein wenig erschrocken. »Was wisst Ihr von ihm?«
Brian schüttelte den Kopf. »Nichts. Ich hörte nur mit, als Ihr mit George hier über einen möglichen Käufer Eurer Beute gesprochen habt …kurz bevor Ihr und ich uns zusammenfanden. Und eine Verabredung um Mitternacht … Er zuckte anzüglich die Schultern.
Godfrey fiel die vergangene Situation ein. »Ja, Ihr habt Recht. Und sobald der Handel perfekt ist, wird meine Börse sehr viel schwerer sein.«
»Kommt in zwei Tagen in mein Quartier in Ventnor. Dann werde ich weitere Informationen für Euch haben.« Brian lehnte sich an die Wand und schloss halb die Augen.
»Morgen besuche ich Lady Olivia«, sagte Godfrey noch über die Schulter, als er sich zur Tür umdrehte.
»Ach, mein kluges Häschen.« Brian lächelte vor sich hin. »Ihr tätet gut daran, etwas Gelehrtes zu lesen, damit Ihr ein Gesprächsthema habt.«
Godfrey schnitt eine Grimasse, als er ging, doch war er durchaus gewillt, auf einen Mann zu hören, der mit den Gepflogenheiten und Neigungen der Granvilles so vertraut war.
Um Punkt Mitternacht stieg Anthony den schmalen Klippenpfad zur Puckaster Cove hinunter, um sich mit Godfrey Channing zu treffen. Verschwunden die elegante bronzefarbige Seide, die Spitzenrüschen, die schwarze Perle und der Onyxsiegelring. Er war wieder in die Fischerkluft geschlüpft, hatte sein Gesicht rot bemalt und den Schnauzbart angeklebt, der über geschwärzten Zähnen thronte. Die Mütze trug er tief in die Stirn gedrückt. Die Waffe an seiner Hüfte war die schlichte, handliche Klinge des Piraten.
Er ließ zwei Männer als Rückendeckung am Fuß des Klippenabsturzes zurück. Als die Schritte des Piraten auf dem sandigen Pfad verklangen, murmelte Sam seinem Gefährten zu: »Manchmal glaube ich wirklich, der Herr hat den Verstand verloren. Was soll das … er schickt Mike zum Haus des Mädchens, damit er einen Plan zeichnet?«
»Mike ist gut im Ausspähen«, gab der andere zurück. »Der Beste, den er schicken konnte.«
»Möchte wissen, warum er überhaupt jemanden schicken musste.« Sam spähte durch das Gebüsch, das sie verbarg, hinunter auf die Bucht. Der Herr hatte den Strandstreifen erreicht. Nun stand er da, die Hände in den Taschen, und blickte aufs Wasser hinaus. Seine Haltung war so zwanglos, als hätte er einen Mondscheinspaziergang vor.
»Sieht dem Herrn nicht ähnlich, dass ihm ein Frauenzimmer so unter die Haut geht«, bemerkte Sams Gefährte. »Eine kommt, die Nächste geht, so hielt er es immer.«
»Ja«, gab Sam ihm Recht. Dann krabbelte er vor. »Hm, das muss wohl der Kerl sein. Sieht aus, als wäre er allein. Du beobachtest den Pfad, während ich hier Wache halte.«
Der andere schlich den Weg hinunter, und Sam, der seine Klinge aus dem Gürtel nahm, behielt den Strand im Auge.
Anthony wandte sich nicht um, als Godfrey sich ihm auf dem Sand näherte. Er blickte unbeirrt hinaus auf die See und pfiff leise zwischen den Zähnen. Nur wer ihn gut kannte, hätte an der Schulterhaltung und der Kopfneigung gemerkt, dass jeder Muskel angespannt war, jeder Zoll seines Körpers auf Gefahr gefasst.
Godfrey hustete laut. Ohne sich umzudrehen, bemerkte der Fischer obenhin: »Schöne Nacht, nicht?«
»Mir einerlei«, sagte Godfrey. »Seid Ihr allein?«
Ein mordlustiger Geck, dem Schönheit nichts bedeutet. Anthony schürzte die Lippen, sagte aber nur: »So allein wie Ihr.«
Godfrey blickte aufmerksam um sich. Der Strand lag im Mondschein verlassen da. »Wir müssen klettern.«
»Dann geht voraus.« Nun erst wandte Anthony sich um und zeigte ein Lächeln mit schwarzen Zähnen. »Mal sehen, was Ihr für mich habt.«
»Ihr habt das Geld? Ich möchte es sehen, ehe ich Euch etwas zeige.«
»Ihr seid wohl nicht sehr vertrauensselig, hm?« Anthony langte in die Tasche seiner schmuddeligen Breeches und zog einen Lederbeutel hervor. »Da drinnen sind fünfhundert Guineen in Gold. Der Rest folgt bei Lieferung.«
Godfreys Augen leuchteten auf, als er den Beutel in der Hand wog. Er löste die Lederschnur und spähte hinein. Gold blinkte ihm entgegen. »Ihr müsst die Waren selbst abholen«, sagte er.
Anthony streckte die Hand aus und griff
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