Die Braut des Piraten
Zug um den Mund des Fischers und seinen verächtlichen Blick wahrzunehmen.
»Der Rest wird morgen zu Mittag im Anker nachgeliefert. Ich nehme an, dass George seinen Anteil haben möchte, da nun absehbar ist, dass Euer Schiff nicht mehr kommt.« Der Fischer lachte, und es war kein freundliches Lachen.
Godfrey umklammerte seinen Degengriff fester. »Nichts hätte er lieber getan, als den Mann mit seiner Klinge aufzuspießen. »Wann holt Ihr die Sachen?«, fragte er ungehalten. »Ich werde zur Stelle sein.«
»Bald nach Tagesanbruch, denke ich«, sagte der Fischer gedehnt. »Aber Ihr müsst nicht da sein. Meine Männer wissen, was sie zu tun haben.«
Jetzt muss es etwa eins sein, rechnete Godfrey. Nur vier Stunden, und es wurde Tag. Heute würde er keinen Schlaf bekommen. »Ich werde da sein«, sagte er. Hielt der Mann ihn für so dumm, dass er ihn die Ladung unbeaufsichtigt abholen ließ?
»Wie Ihr wollt.« Der Fischer wandte sich ungerührt dem versteckten Höhleneingang zu. »Dann haltet Wache, wenn es Euch beliebt. Aber ich muss Euch warnen … meine Leute werden ihre Waffen nicht ablegen. Sie bewegen sich rasch und lautlos und werden um sechs zur Stelle sein. Folgt ihnen jemand, fassen sie das nicht freundlich auf. Und ihre Manieren sind nicht so gepflegt wie meine. Also lauft ihnen lieber nicht über den Weg.«
Damit war er verschwunden und ließ Godfrey allein mit seiner Wut und seinen fünfhundert goldenen Guineen in der Höhle zurück.
Anthony ging den Pfad zurück und nahm seine Waffen an sich. Sam und sein Begleiter tauchten aus den Schatten des Kliffs in einiger Entfernung von der Höhle auf.
»Findet ihr den Weg wieder?«
»Ja, Sir.«
»Dann also im Morgengrauen. Ihr braucht zehn Mann und die Boote. Die Waren sind mit einem Kreidekreuz gekennzeichnet.«
»Wird es Arger geben?«
»Ich glaube nicht. Der Kerl ist zu habgierig, um den Handel zu gefährden. Aber seid dennoch auf der Hut.«
»Ja, Sir. Ihr wollt zurück zum Schiff?«
Da lächelte Anthony und versetzte Sam einen leichten Schlag auf die Schulter. »Nein, noch nicht, mein Freund. Kein Grund zu Befürchtungen. Ich bin voll bei Verstand.«
»Na, hoffen wir's«, murmelte Sam. »Ich glaube, Mike erwartet Euch oben.«
»Das will ich hoffen.« Anthony lachte und lief leichten Schrittes davon.
Mike wartete am oberen Ende des Pfades. Zwei Ponys grasten ruhig die spröden Halme des Klippenkammes.
»Erfolg gehabt, Mike?« Anthony nahm seinen Waffengürtel ab.
»Ja, Sir. Ich konnte einen groben Plan zeichnen. Die junge Dame bewohnt ein Gemach im Seitentrakt.« Mike entrollte einen Bogen Papier. »Seht her, Sir.« Auf der sachkundig ausgeführten Planskizze von Lord Granvilles Haus in Chale war jede Tür und jedes Fenster deutlich eingezeichnet. »Da ist dieser Baum … seht … eine Magnolie.« Er deutete auf den Baum vor dem betreffenden Fenster.
»Wie passend«, murmelte der Pirat und riss seinen Schnauzbart mit einer schmerzlichen Grimasse ab. »Bist du sicher, dass es ihr Gemach ist? Ich würde nur ungern bei Lord Granville und seiner Gemahlin landen.« Er steckte den schäbigen Schnauzer in seine Hosentasche und zog ein Taschentuch und ein zusammengedrehtes Stück Papier, das Salz enthielt, heraus.
»Ich weiß es von Milly, Sir. Sie ist dort Hausmädchen. Ich kenne sie von Jugend auf. Sie kredenzte mir in der Küche ein Ale und schwatzte mit mir.«
»Und was ist mit Hunden?« Anthonys Stimme war gedämpft, als er seine geschwärzten Zähne mit Salz abrieb.
»Zwei Jagdhunde, die über Nacht in der Küche gehalten werden. Wenn sie Euch hören, wecken sie das ganze Haus.«
Anthony steckte das Taschentuch wieder ein und studierte den Lageplan. »Die Küche ist im rückwärtigen Teil des Hauses?«
»Ja, Sir. Hier.« Mike deutete darauf.
»Dann werden sie mich nicht hören.« Er faltete den Plan zusammen und griff wieder in seine Tasche, um einen schmalen Band hervorzuholen, den er lächelnd in der Hand wog. Dann platzierte er den Plan vor das Deckblatt und steckte das Buch zum Taschentuch in seine Tasche.
Er ergriff die Zügel eines der Ponys. »Nimm meinen Degen an dich. Vor Tagesanbruch bin ich wieder da.«
»Sollte ich nicht mitkommen, um Euch Deckung zu geben?«
Anthony schüttelte den Kopf und schwang sich auf den Rücken des Ponys. »Mike, das ist ein Streich, den ich allein ausführe. Ich bin mir selbst Deckung genug. Sei bei Tagesanbruch zur Stelle, damit du das Pferd übernehmen kannst.« Grinsend hob er die Hand zum
Weitere Kostenlose Bücher