Die Braut des Piraten
auf der Isle of Wight, sodass Anthony ganz selbstverständlich in dieses Gewerbe hineingewachsen war. Binnen eines Jahres hatte er genug Geld beisammen gehabt, um sich ein eigenes Schiff zu kaufen, und bald darauf hatten andere, die dieses Gewerbe in kleinerem und wenig wirksamen Rahmen betrieben, sich mit ihm zusammengetan und ihn als Führer akzeptiert. Nicht lange, und er konnte die
Wind Dancer
kaufen und hatte dann als Pirat auf offener See reichere Beute gesucht.
Für die Familie seines Vaters existierte er nicht, und die Familie seiner Mutter hatte nie etwas von seiner Geburt erfahren. Anthony Caxton ging seinen eigenen Weg und kümmerte sich lediglich um seine eigenen Sachen. Wer sich seiner Freundschaft erfreute, durfte sich glücklich nennen, wer sich aber seine Feindschaft zuzog, hatte es irgendwann zu bereuen.
Nach einer Stunde erreichten sie den kleinen Hafen Yarmouth. Das Schloss hielt Wache an der Mündung des River Yar, gegenüber von Hurst Castle auf einer der Landzungen des Festlandes. Beide Festungen beherrschten die Einfahrt in den Solent. Die Spitze der Landzunge von Hurst war auch jene Stelle, wo Anthony der ortsüblichen Gepflogenheit folgend am Höhepunkt seiner Schmuggelaktivitäten seine Kontrabande an Land gebracht hatte.
Sie ließen die Ponys im King Charles, einer Taverne, und gingen an den Kai.
Ein ergrauter Fischer erwartete sie in einem kleinen, am Kai vertäuten Segelboot. Als er sie kommen sah, sprang er auf. »Ihr seid pünktlich, Sir.«
»Jeb, ich lasse dich ungern warten.« Anthony lächelte dem Mann zu, der ihm alles über die Gezeiten und die Gefahren der Strömungen in den oftmals tückischen Gewässern des Solent beigebracht hatte.
Er stieg ins Boot und schüttelte Jebs Hand, als dieser zurück auf den Kai kletterte. Adam folgte Anthony und nahm seinen Platz auf der Ruderbank ein. Jeb stieß sie ab, und Anthony setzte die zwei Segel. Dann stellte er sich ans Ruder, drehte das Schiff in den Wind und nahm Kurs auf Hurst Castle und den Keyhaven River.
Kapitel 11
Ellen Leyland, die in ihrem Gemüsegarten arbeitete, richtete sich vom Spargelbeet auf, das es zu jäten galt, und wischte sich die feuchte Stirn, als zwei Männer um die Biegung des schmalen Weges in Sicht kamen.
»Anthony … Adam … was für eine wundervolle Überraschung!« Sie lief den Pfad entlang, um das Gartentor zu öffnen. »Ich habe euch nicht erwartet. Hast du Neuigkeiten, Anthony?«
»Glaubst du, ich komme nur, wenn es Neuigkeiten gibt?«, schalt er sie und beugte sich vor, um ihre sonnengebräunte Wange zu küssen. »Bin ich so pflichtvergessen?«
»Ach, Unsinn«, sagte sie und versetzte ihm einen spielerischen Klaps. »Adam, mein Lieber, wie geht es immer?«
»Na, danke der Nachfrage, Ellen.« Adam strahlte sie an. Einmal, es lag viele Jahre zurück, hatte sie mit Adam nicht nur die Erziehung von Edward Caxtons Sohn, sondern auch das Bett geteilt.
Von Standesunterschieden unberührt, hatte Ellen sich schon in jungen Jahren bis in ihre agile Lebensmitte Freunde und Liebhaber genommen, wo sich diese boten. Ihr Interesse an den Irrungen und Wirrungen der Liebe war in den letzten Jahren jedoch geschwunden, da ihre Hingabe an die Sache des Königs all ihre Energien, seelische wie geistige, beanspruchte.
»Kommt herein«, sagte sie und lief ihnen voraus. »Eben habe ich zwei Haferkuchen aus dem Backofen geholt. Und eine köstliche Geflügelpastete steht auch bereit.«
»Und Cognak, Madeira und guter Burgunder zum Umtrunk«, vollendete Anthony und stellte seine Lederflaschen auf den geschrubbten Kiefernholztisch, ehe er sich liebevoll in der Küche umblickte, die Schauplatz so vieler seiner Kindheitsfreuden und -leiden gewesen war. Wie gewohnt war alles blitzblank, die Porzellanteller blinkten aufgereiht auf dem Schrankregal, die Kupfertöpfe schimmerten an ihren Haken.
»Ich könnte mir denken, dass Adam ein Ale vorzieht. Hol doch einen Krug von hinten, Anthony.«
Anthony nahm einen Krug vom Schrank und ging in die schmale Kammer, in der Ellen ihr Ale braute.
Ellen stellte das Essen auf den Tisch. »Setz dich, Adam.«
Adam zog die Bank unter dem Tisch hervor und setzte sich mit einem erleichterten Seufzer. Ihre Fahrt hatte länger gedauert, da sie über den Solent gegen den Wind hatten kreuzen müssen.
»So, das wär's, Alter.« Anthony grinste, als er den Alekrug vor Adam hinstellte. »In letzter Zeit knarren bei dir wirklich alle Scharniere.«
»Hüte deine Zunge, junger Mann«, schalt
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