Die Braut des Ritters
„Selbstbeachtung“ meinte und „reparieren“ statt „präparieren“. Doch Paens Kraftausdrücke, das musste sie zugeben, hatte er sich vorbildlich gemerkt.
Kopfschüttelnd setzte sie sich wieder in Bewegung und überquerte Seite an Seite mit David den Burghof. In Gedanken war sie mit dem beschäftigt, was sie gerade erfahren hatte. In jüngster Zeit war sie mit Artigkeiten geradezu überschüttet worden. Die Bewunderung war ihr höchst unangenehm und peinlich, sodass sie die Männer allmählich mied, wo sie nur konnte. Nun endlich begriff sie, was es mit all den schönen Worten auf sich hatte: Paen hatte seinen Leuten befohlen, ihr zu schmeicheln. Avelyn war den Tränen nahe, so gerührt war sie. Ihr Gemahl sorgte sich also so sehr um sie, dass er den Schaden wiedergutmachen wollte, den ihr „räudiges Vettern- und Cousinenpack“ angerichtet hatte.
Je mehr sie über ihren Gemahl erfuhr, desto inniger liebte sie ihn. Als ihr aufging, was sie da gerade gedacht hatte, blieb sie abrupt stehen. Ihn lieben? Paen? Gewiss mochte sie ihn auf die pflichtschuldige Art und Weise, auf die eine Frau ihren Ehemann zu mögen hatte, denn das war nur recht und billig. Aber sie liebte ihn doch nicht - oder?
„Da seid Ihr ja.“
Avelyn riss sich von diesem Gedanken los und lächelte dem Mann entgegen, dem er gegolten hatte.
„David, geh hinein und poliere meine Brünne, sie liegt auf der Tafel“, beschied Paen seinem Knappen. „Geh nirgendwohin, ohne zuvor Lady Helen um Erlaubnis zu fragen.“
„Aye, Mylord.“
Avelyn hob die Brauen, als der Junge davoneilte.
„Lady Helen hat sich einverstanden erklärt, ein Auge auf ihn zu haben, während wir fort sind“, erklärte Paen, hakte sie unter und schritt mit ihr den Weg zurück, den sie gerade erst gekommen war. Noch immer hielt sie Samson auf dem Arm.
„Wohin gehen wir denn, Mylord?“, fragte Avelyn und warf einen neugierigen Blick auf Paen, der ein Bündel und ein zusammengefaltetes Fell trug.
„Zu unserem Mittagsmahl“, erwiderte er.
Sie riss die Augen auf. „Zu unserem Mittagsmahl? Heißt das, wir nehmen es draußen ein?“, rief sie begeistert.
„Aye“, brummte Paen, und ihr entging nicht, dass er es verlegen zugab. Damit war dieser Ausflug, wie sie jetzt annahm, wohl wieder einmal einer von Lady Gervilles Einfällen. Lady Gerville hatte ihr von Paens Geständnis berichtet - dass das Hinterntätscheln und der Apfel seine Art seien, Avelyn Anerkennung zu zollen. Seine Mutter hatte befürchtet, Avelyn könne dieses „Lob“ in den falschen Hals bekommen haben, und hatte die Sache klären wollen, indem sie Paens Verhalten nachvollziehbar machte. Auch hatte ihre Schwiegermutter ihr gestanden, dass sie Paen andere Wege der Belobigung aufgezeigt und ihm geraten habe, mehr Zeit mit Avelyn zu verbringen und mit ihr Schach zu spielen oder spazieren zu gehen. Dafür war Avelyn ihr dankbar, denn sie hatte Paens Gesellschaft in der vergangenen Woche genossen.
Es war ihr egal, dass das abendliche Schachspiel und die Spaziergänge tagsüber auf Lady Gervilles Anregung zurückzuführen waren. Denn Paen wollte sie ja loben und folgte dem Ratschlag seiner Mutter nur deshalb, weil er wirklich gerne Zeit mit ihr verbrachte. Das war es, was zählte.
Paen führte sie aus dem Burghof hinaus. Es ging in den Wald, wobei er zielstrebig einen Pfad einschlug, der ihm bekannt sein musste. Bald darauf kamen sie auf eine Lichtung, und mittendrin plätscherte hier ein kleiner Bach.
„Oh, wie bezaubernd!“, rief Avelyn und schaute sich um, während Paen sein Bündel ablegte und das Fell ausbreitete. „Woher wusstet Ihr von dieser Stelle?“
„Ich bin gestern ausgeritten, um nach einem geeigneten Platz zu schauen.“
„Und so nah bei der Burg“, murmelte Avelyn. Sie war gerührt von dem Gedanken, dass Paen nach einem hübschen Fleckchen für sie beide gesucht hatte. Lady Gerville mochte ihm geraten haben, Avelyn zu einem Mahl unter freiem Himmel einzuladen, doch Paen hatte von sich aus Zeit und Mühe darauf verwandt, einen geeigneten Ort dafür ausfindig zu machen. Das ließ sie hoffen, dass er dabei sei, zumindest ein wenig Zuneigung zu ihr zu entwickeln.
„Setzt Euch“, forderte Paen sie auf, nachdem er das Fell geglättet hatte.
Avelyn ließ sich lächelnd darauf nieder und setzte Samson neben sich ab. Das Schweinchen machte sich sofort auf, die Lichtung zu erkunden. Avelyn sah ihm eine Weile zu, sorgte sich aber nicht darum, dass es davonlaufen könnte. Das Ferkel
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