Die Braut des Ritters
ich dir nie erzählt, oder?“
„Nay.“
„Weil es ein wenig peinlich ist, weißt du. Ich fürchte, die Geschichte ist deiner nicht unähnlich. Ich hatte brandneue Beinkleider und wollte damit deiner Mutter imponieren. Die Hosen waren zu eng, doch ich war zu stolz, es zuzugeben und sie ändern zu lassen. Also habe ich mich hineingezwängt.“ Er schnitt eine Grimasse. „Nun, ich habe mich also hineingezwängt und bin nach Quarmby aufgebrochen, um deiner Mutter den Hof zu machen. Dabei wurde ich in die Schlacht von Belville verstrickt. Lord Belville war ein Freund von mir, und so sah ich es als meine Pflicht an, ihm zu helfen und mich dabei zugleich ein wenig zu ertüchtigen. Also blieb ich und kämpfte mit. Die Schlacht war fast geschlagen, als die Nähte meines Beinkleids platzten.“ Die Erinnerung ließ ihn schaudern. „Ohne nachzudenken, bedeckte ich meine Blöße mit den Händen, und Lord Ivers, mein Kontrahent, landete einen glücklichen Streich.“
Er rieb sich die Narbe, während er mit Abscheu auf die Vergangenheit blickte. „Eine verdammte Blamage, sage ich dir. Und dieser verfluchte Ivers hat es noch sechs Monate später breitgetreten und sich jedes Mal halb totgelacht. Hat es mir bei jeder Begegnung unter die Nase reiben müssen, bis ich ihn in der Schlacht von Ipswich endlich erledigt habe.“
Avelyn zuckte zusammen. „Meine Cousins und meine Cousine werden nie aufhören, über mich zu lachen.“ „Aye." Die Erwähnung der drei schien ihren Vater mit Unmut zu erfüllen. „Zu schade, dass wir die nicht erledigen können. “
„Willham!“
Die Rüge ihrer Mutter verhallte ungehört. Ihr Gemahl zuckte mit den Schultern und zeigte keine Spur von Reue. Avelyn biss sich auf die Lippe, um nicht zu lachen. Er mochte die drei Plagegeister so wenig wie sie selbst und hielt nicht hinterm Berg damit, dass er sich von ihnen gestört fühlte und sie nur Avelyns Mutter zuliebe duldete.
Das Geräusch leiser Schritte ließ Avelyn aufblicken. Lady Gerville und ihre Kammerfrau mussten schon vor einer ganzen Weile eingetreten sein. Avelyns Schwiegermutter wirkte mitfühlend, aber auch unsicher darüber, ob ihre Gegenwart willkommen war.
Avelyn rang sich ein Lächeln ab, machte sich von ihrem Vater los und griff nach dem Kleid, das ihre Mutter hielt. In ausgerechnet diesem Moment stürmte Paen herein, und die Scham, die ihr Vater so erfolgreich erstickt hatte, kehrte mit voller Wucht zurück. Avelyn huschte hinter ihren Vater, der sich Paen zuwandte, und barg den Kopf an seinem Rücken.
„Heda, junger Mann, was soll das? Ihr könnt doch nicht einfach ... “
„Geht es ihr gut?“, unterbrach Paen ihn ungeduldig. Avelyn spürte, wie ihr Vater sich entspannte, als er die Sorge in der Stimme ihres Gemahls hörte. „Aye, es geht ihr gut.“
„Avelyn?“, rief Paen. Offenbar wollte er sich selbst davon überzeugen. Seufzend warf sich Avelyn das rote Kleid über, zupfte es zurecht und trat hinter ihrem Vater hervor. Zu ihrer Erleichterung eilte Runilda herbei, um ihr das Gewand im Rücken zu binden. Sie hoffte, dass ihr Gesicht vom Weinen nicht allzu sehr gerötet und verquollen war, reckte das Kinn und zwang sich, Paen anzusehen. Irgendwann würde sie es doch tun müssen - warum also nicht gleich?
„Es geht mir gut, Mylord“, sagte sie ruhig und gemessen. „Ich bin etwas beschämt, aber mir fehlt nichts.“ „Aye, nun, so etwas kommt vor“, versicherte er. „Und ich will nicht, dass Ihr Euch grämt. Ihr müsst Euch für gar nichts schämen. Ich werde Euch gewiss nicht am Gebaren Eurer Cousins und Eurer Cousine messen.“
Avelyn schwieg verwirrt. Ein flüchtiger Blick sagte ihr, dass auch ihre Eltern nicht verstanden. „Meiner Cousins und meiner Cousine, Mylord?“
„Aye. Ihr Betragen ist unverzeihlich, und ich würde bedauern, wenn es Euch so sehr zugesetzt hat, dass Ihr Eurem eigenen Brautmahl fernbliebt.“
„Oh. Also ... Nun, Mylord, ich bin nicht wegen ihres Hohns von der Tafel geflohen, denn den bin ich gewohnt“, erklärte sie. Sie wand sich innerlich so sehr, dass sie nicht merkte, wie seine Augen schmal wurden. „Ich habe mich zurückgezogen, um ... Also, ich wollte ein anderes Kleid ... Gewiss ist Euch nicht entgangen, dass die Nähte meines Gewands nachgegeben haben?“
„Ach, das.“ Er zuckte mit den Schultern. „Wie gesagt, so etwas kommt vor. Ich hatte gefürchtet, Ihr würdet Euch nicht mehr nach unten trauen, weil Eure Cousins und Eure Cousine Euch verspottet
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