Die Braut des Ritters
ihrem Gesicht zuckte. Wie Wölfe, die am Rande der Herde ein schwaches Reh ausgemacht haben, begannen sie Avelyn zu umkreisen und ihre Selbstachtung Stück um Stück zu zerfleischen.
5. Kapitel
Im Traum rang Paen mit den Flammen. Er hatte nichts, um dem Feuer beizukommen. Verzweifelt schlug er mit bloßen Händen darauf ein. Die prasselnden Flammen versengten ihm Finger und Handflächen. Paen zwang sich, die Höllenqual auszublenden. Doch die Schmerzen waren so entsetzlich, dass sie ihn schließlich weckten.
Keuchend fuhr er hoch und hob die Hände, um sie zu betrachten. Der brennende Schmerz war ihm aus dem Traum gefolgt. Ausdruckslos starrte Paen die beiden bandagierten Stumpen an, bevor er sie in den Schoß fallen ließ und zurück aufs Bett sank. Es war kein Traum - er hatte sich tatsächlich die Hände verbrannt. Mit verbissener Miene blickte er zum Betthimmel auf. Er mühte sich, nicht auf die pochende Pein zu achten, während er im Geiste die Ereignisse der vergangenen Nacht durchging. Seine Hochzeitsnacht war nicht gerade so verlaufen, wie er es sich vorgestellt hatte.
Der Gedanke ließ Paen zur Seite blicken, aber das Bett neben ihm war leer. Seine Frau war bereits aufgestanden. Mürrisch trat er die Decken beiseite und setzte sich erneut auf. Wie es aussah, würde er einige Dinge mit seiner Gemahlin bereden müssen, sobald er sie fand. Allzu harsch würde er dabei nicht sein, nahm er sich vor, schließlich war das Dasein als Gemahlin neu für sie. Doch Avelyn musste lernen, wie sich eine gute Ehefrau zu verhalten hatte. So verließ sie beispielsweise das Bett nicht ohne ihren Mann. Was, wenn er hätte fortführen wollen, was sie vergangene Nacht nicht hatten beenden können? Nicht, dass er dies befriedigend hätte bewerkstelligen können mit diesen Händen, aber dennoch ...
Seine Gedanken verebbten, als er neben dem Bett stand, sich in der Kammer umsah und ihm langsam dämmerte, dass er nichts zum Anziehen hatte. Seine Kleidung war bis auf den letzten Faden dem Feuer zum Opfer gefallen, sowohl die, die ihm die Helfer vom Leibe gerissen hatten, als auch die, die in seiner Truhe gewesen war. Als Paen letzte Nacht diese Kammer hier betrat, hatte er nur das Leinentuch getragen, mit dem ihn seine Mutter nach dem Baden abgetrocknet hatte.
Als er sich an das demütigende Bad erinnerte, warf er dem Leinentuch einen finsteren Blick zu. Wie ein Säugling gewaschen zu werden, noch dazu von der eigenen Mutter, war schlicht peinlich gewesen - wenngleich es seiner Mutter nichts ausgemacht zu haben schien. Sie hatte einfach die Ärmel hochgekrempelt und sich an die Arbeit gemacht, so als würde sie einen ihrer Hunde baden. Anschließend hatte sie ihn aus dem Zuber gescheucht, rasch abgetrocknet, ihm das Leinentuch um die Hüften geschlungen und ihn zu Bett geschickt.
Der Gedanke an das nicht lange Vergangene ließ Paen den Kopf schütteln, ehe er wieder das Leinen auf dem Boden betrachtete. Ihm war klar, dass er es unmöglich aufheben und sich um die Hüften wickeln konnte. Er stupste es mit den Zehen an und überlegte kurz, ob er es wohl mit dem Fuß genügend anheben konnte, um es mit seinen bandagierten Händen zu fassen. Dann allerdings würde er es sich irgendwie um die Hüften winden müssen und ...
„Wem mache ich eigentlich etwas vor?“, fragte er sich gereizt. Allein würde ihm das nicht gelingen, ausgeschlossen. So ungern er es sich eingestand - er brauchte Hilfe. Er musste sich von irgendwem Kleidung borgen und jemanden finden, der ihm beim Anziehen half.
Wäre seine Gemahlin hier, könnte sie ihm zur Hand gehen. Aber sie war nicht da - ein weiterer Grund, um ihr zu sagen, dass sie das Gemach nicht ohne ihn zu verlassen habe.
Einmal mehr unmutig über den Umstand, dass sie nicht anwesend war, schritt er zur Tür in der Hoffnung, dass seine Eltern noch in ihrer Kammer weilten und ihm beistehen würden. Der Riegel bereitete ihm einige Mühe, gab aber schließlich nach. Paen trat hinaus. Er hatte die halbe Strecke bis zum Gemach am anderen Ende des Gangs bewältigt, als die Tür gegenüber der seiner Eltern aufging und Lord und Lady Straughton herauskamen.
Paen erstarrte, und das ältere Paar tat es ihm gleich. Einen Augenblick lang schienen alle drei festgefroren zu sein - Paens Schwiegereltern mit weit aufgerissenen Augen, Paen selbst damit beschäftigt, mit seinen verbundenen Händen so gut es ging seine Blöße zu bedecken. In diesem Moment öffnete sich auch die Tür seiner Eltern, und sein
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