Die Braut des Ritters
fürchtete, sie werde ihm die Rippen brechen. „Pass gut auf sie auf, mein Sohn. Sie ist ja so ein liebes Mädchen.“
Paen nickte, wenngleich er nicht sicher war, von wem sie redete. Erst dachte er, sie meine Avelyn, doch er betrachtete seine Frau nicht als Mädchen. Diamanda war ein Mädchen, seine Gemahlin hingegen eine Frau. „Christina“, sagte sein Vater in leidgeprüftem Ton. „Oh, Männer“, murmelte sie, ließ Paen aber los und ging zu ihrem Pferd.
„In einer Woche kehren wir zurück, um zu sehen, wie es hier steht“, verkündete Paens Vater und saß ebenfalls auf. „Schick einen Boten, sollte es Schwierigkeiten geben.“ Paen nickte und sah seinen Eltern nach, die mitsamt Wachen und Kammerfrau über den Burghof abzogen. Als sie durchs Tor waren und sich in Richtung der Hügel wandten, drehte Paen sich zu den Frauen bei der Treppe um. Sie starrten der kleinen Reisegruppe nach, als sähen sie ihre letzten Freunde auf der Welt scheiden.
Er schüttelte den Kopf und räusperte sich, um sich ihre Aufmerksamkeit zu sichern. „Nehmt ihr euch der Bediensteten und der inneren Räumlichkeiten an, während ich für alles Sorge trage, was hier draußen zu tun ist. Holt mich, wenn ihr mich braucht.“
„Aye, Gemahl“, murmelte Avelyn und brachte gar ein Lächeln zustande.
Paen brummte zufrieden und ging in Richtung Ringmauer davon, wo einige Männer damit beschäftigt waren, die kleineren Lücken auszubessern. Als er und sein Vater vor einer Woche erstmals nach Rumsfeld gekommen waren, war die Burg völlig verwahrlost gewesen.
Legere hatte das Anwesen verwaltet, seit Paens Großvater gestorben war. Das war kurz nachdem Paens Eltern geheiratet hatten. Als er selbst noch klein war, hatten seine Eltern die Burg ab und an besucht. Aber er konnte sich nicht entsinnen, dass sie in den vergangenen zehn Jahren je hergekommen waren - ein Fehler, den sein Vater bitter bereute, seit er letzte Woche gesehen hatte, wie verfallen die Anlage war. Als Legere den Posten des Kastellans angetreten hatte, war er nicht mehr jung gewesen, doch zum Zeitpunkt seines Todes war er ein steinalter Greis - zu alt offenbar, um die Burg anständig zu führen, und zu stur, es einzugestehen.
Wie es aussah, war Paens Vater der Einzige weit und breit gewesen, der nicht gewusst hatte, dass Legere der Aufgabe nicht länger gewachsen war. Den Schotten, die das Vieh gestohlen und die Burg mehrmals angegriffen hatten, war es jedenfalls nicht entgangen. Sie hatten alles von Wert mitgenommen, das nicht niet- und nagelfest war, sogar Teile der Außenmauer.
Als Paen und sein Vater schließlich aufkreuzten, war nichts übrig gewesen als die brüchig gewordene Ringmauer, die Außenwände des Wohnturms, in dem das ganze Holz verrottet war, eine Schar verlottertes Gesinde, fünfzig ärmlich gewandete Soldaten und eine Handvoll Schweine und Hühner.
Die Soldaten waren das erste Problem gewesen, auf das Paen gestoßen war. Die Männer hatten sich unwillig gezeigt und gegrollt, weil ihr Lord sie mit einem unfähigen Kastellan im Stich gelassen hatte, ohne sich selbst je herzubemühen.
Paen hatte zwei Tage gebraucht, um den Soldaten zu versichern, dass sich die Dinge nun zum Besseren wandeln würden. Erst da hatte er sie zur Mithilfe bewegen können. Seitdem arbeiteten sie aber hart, mit sichtbarem Ergebnis. Auch die Männer, die sein Vater aus Gerville mitgebracht hatte, packten mit an, und wenn sie alle so weitermachten, schätzte Paen, würde Rumsfeld bis zum Herbst wieder in seinem alten Glanz erstrahlen. Zumindest von außen. Er musste zunächst die Mauer reparieren lassen und neue Stallungen bauen. Schmiede, Schusterei und andere wichtige Einrichtungen mussten her. Zudem musste er gute Leute finden, die all diese Aufgaben versahen. Die gelernten Kräfte waren vor langer Zeit weggegangen, um ihre Fertigkeiten dort anzubieten, wo sie geschätzt wurden.
Paen hoffte, Avelyn würde das Innere des Wohnturms sehr viel früher in Ordnung gebracht haben. Verglichen mit der meinen ist ihre Aufgabe geradezu leicht, dachte er, als er die Männer an der Mauer erreichte und sich ebenfalls ans Werk begab. Drinnen musste vor allem sauber gemacht werden, und er bezweifelte, dass sich die Knechte und Mägde so widerspenstig geben würden wie die Krieger.
Avelyns Haltung angesichts des desolaten Zustands der Burg erfüllte ihn mit Stolz. Sein Vater hatte geunkt, sie werde außer sich sein, wenn sie die Anlage sähe. Paen hatte sie anders eingeschätzt. Seiner
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