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Die Braut des Ritters

Titel: Die Braut des Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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den Anblick der Burg vorbereiten und zugleich beruhigen. Vielleicht aber wollte er, dass sie seiner Mutter beistand, falls die Ankunft auf der Burg sie allzu sehr erschütterte.

Nur zu gern würde Avelyn ihre Schwiegermutter aufmuntern und trösten, sollte dies nötig werden, denn die Dame war ihr gegenüber die Liebenswürdigkeit in Person. Doch weshalb hatte Paen dies nicht einfach sagen können? Wahrlich, es gab keine vertrackteren Wesen als Männer.
    Sie schüttelte den Kopf und legte das letzte Stück des Wegs schweigend zurück, wobei sie mehr Lady Gerville als die Burganlage im Blick behielt. Sie überquerten den Burghof und hielten auf die Treppe zum Wohnturm zu. Zunächst zeigte sich Lady Gerville gefasst, obgleich sie die Schultern mit jedem Tritt ihres Pferdes stärker straffte und das Kinn höher reckte, bis Avelyn fürchtete, ihr werde der Hals reißen. Abgesehen davon ließ sie sich ihr Entsetzen aber nicht anmerken.
    Am Fuße der Treppe saßen sie ab. Paen und sein Vater führten die Pferde zu einem Gebäude, das der Stall sein musste. So verfallen, wie er war, grenzte es an ein Wunder, dass er noch stand.
    Niemand machte eine Bemerkung darüber, dass kein Knecht kam, um ihnen die Pferde abzunehmen. Avelyn sah jedoch, dass Lady Gerville die Hände vor dem Schoß zusammenkrampfte. Die Dame fasste sich sofort wieder, hielt sich einmal mehr kerzengerade und führte die Frauen die Stufen hinauf zum Wohnturm.
    Erst als sie die enorme Doppeltür aufstießen und den desolaten Zustand dahinter erblickten, bekam Lady Gervilles beherrschte Fassade erste Risse. Sie machte große Augen und ließ die Schultern sacken. „Oh“, hauchte sie, und Betroffenheit und Schmerz schwangen in dem Laut mit.
    Es sah aus, als würde sie jeden Moment ohnmächtig werden, und Avelyn hielt sie vorsorglich am Arm. Die Berührung holte Lady Gerville aus ihrer Erstarrung. „Das ... das ist...“
    „Mit ein wenig Arbeit schnell behoben“, beendete Avelyn mit fester Stimme den Satz, was ihr einen zweifelnden Blick von Diamanda einbrachte.
    Lady Helen war zum Glück hilfreicher und murmelte zustimmend, während sie zur aufgebockten Tafel in der Mitte der Halle schritten.
    „Ach, Avelyn“, klagte Lady Gerville und wandte sich ihr zu, die Augen immer noch geweitet. „Ich habe ja nicht geahnt... Auf keinen Fall könnt Ihr bleiben. Das hier ist...“
    „Das ist schon in Ordnung“, versicherte Avelyn, bemüht, ihr eigenes Entsetzen über den Zustand des Ortes zu verdrängen. Der Fußboden war spärlich mit Binsen ausgestreut, die so alt waren, dass sich hier und da Pflanzen und - weit schlimmer - Schimmel angesiedelt hatten. Die Wände waren geschwärzt und voller Rußflecken, als seien sie noch nie gekalkt worden, obgleich Avelyn sicher war, dass dies während Lady Gervilles Zeit auf dieser Burg sehr wohl der Fall gewesen sein musste. Die Treppe zum oberen Stockwerk war arg baufällig, und stellenweise fehlten ganze Stufen. Im Holzboden der oberen Gemächer - der Decke der großen Halle - klafften Löcher, manche so groß, dass ein Bett hindurchgepasst hätte.
    „Mein armes Heim“, murmelte Lady Gerville, als sie sich schließlich auf die Bank an der Tafel sinken ließ, die prompt unter ihr nachgab.
    „Seid Ihr unversehrt?“, fragte Avelyn erschrocken, während sie und Lady Helen ihr auf die Füße halfen.
    „Aye, habt Dank“, erwiderte Lady Gerville leise. Die drei anderen umschwärmten sie und klopften ihr den Staub ab, den sie sich beim Sturz eingehandelt hatte.
    „Das Kleid lässt sich waschen“, wehrte Lady Gerville seufzend ab, als ersichtlich wurde, dass Abklopfen nicht half. Traurig sah sie sich in der großen Halle um und stutzte. „Ist das etwa ein Schwein dort hinten?“
    Avelyn folgte ihrem Blick und riss ebenfalls die Augen auf, als sie in einem Winkel eine kapitale Sau entdeckte, die mit der Schnauze in den Binsen wühlte. Während die Frauen das Tier anstarrten, scharrte es einige Male und ließ sich schnaufend auf die Seite fallen, offenbar in der Absicht, die Mittagshitze zu verdösen.
    „Ich denke, ja“, erwiderte Avelyn schwach, um eine geistreichere Antwort verlegen. Sie wusste, dass viele Leute ihr Getier für die Nacht in die Burg trieben, damit es warm und in Sicherheit war. Ihre eigene Mutter hatte nicht zu diesen Leuten gehört, ebenso wenig wie Lady Gerville, wenn man einmal von deren Hunden absah. Und Avelyn hatte keine Ahnung, was sie wegen der Sau unternehmen sollte.
    „Deine Mutter hält

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