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Die Braut des Satyrs

Die Braut des Satyrs

Titel: Die Braut des Satyrs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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Menschenstrom mitgetrieben wurde.
    Bald fand sie sich am Rive-Droit-Ende der Brücke wieder, dort, wo sie hergekommen war. Verärgert drehte sie sich um, so dass ihre Röcke flogen. Sie hatte die Kobolde verloren – und mit ihnen ihr kostbares Pergament!
    Leider blieb nun auch keine Zeit mehr, um die Sachen zuzubereiten, die sie in ihrem Korb trug. Für das Abendessen mussten die Gerichte reichen, die sie bereits vorbereitet hatte.
    Was sollte sie tun? Vor lauter Aufregung fiel es ihr zusehends schwerer, eine klare Entscheidung zu treffen. Die Reizüberflutung setzte ihr mehr und mehr zu, was sehr gefährlich war.
    Panisch mischte sie sich wieder ins Getümmel, entschlossen, die ganze Brücke abzusuchen. Inzwischen hatten sich noch mehr Leute den Tänzern angeschlossen, die ihr entgegenkamen und sie beinahe erdrückten. Es schien, als würde der Pont Neuf unter dem Stampfen und Hüpfen vibrieren. Konnte die Brücke diesen Massen standhalten? Oder stürzte sie womöglich ein und Juliette in den Fluss? Schwindelerregende Angst überkam sie.
    Sie versuchte, sich zu konzentrieren, nicht auf die vielen Menschen zu achten. Jemand rempelte sie an, und der Korb fiel ihr aus der Hand, als sie in eine der halbrunden Ausbuchtungen auf der Nordwestseite gedrängt wurde. Halb über die Steinbrüstung gebeugt, musste sie warten, bis die Menge an ihr vorbei war, wobei sie ihre liebe Not hatte, zu verhindern, dass sie über das Geländer in den Garten geschubst wurde, der sechs Meter tiefer lag. Ihre Füße baumelten schon in der Luft.
    Als sie ihren Kopf nach hinten beugte, um sich aufzurichten, sah sie plötzlich einen Fluss aus Blut, der sich unter ihr erstreckte. Die Seine. Der Sonnenuntergang hatte sie in eine scharlachrote Schlangenlinie verwandelt, in eine gigantische offene Ader, die durch das Herz von Paris floss.
    »Nein!«
, schrie sie und stemmte sich von der Brüstung ab. Doch ehe sie ihr Gleichgewicht wiedergefunden hatte, wurde sie aufs Neue so heftig nach vorn gepresst, dass die Steinbrüstung gegen ihre Rippen drückte und sie kaum noch Luft bekam. Sie wandte den Blick vom Fluss ab und sah direkt nach unten in den vergleichsweise ruhigen Parc Vert Galant. Einige Paare schlenderten über die Wege oder saßen engumschlungen auf den Bänken, wo sie nur als Schatten unter dem ocker- und kirschrotgefärbten Herbstlaub auszumachen waren. Die teuflischen Diebe indessen waren nirgends zu entdecken.
    Etwas bewegte sich unter der Brücke, und Juliette schaute hin. Eine Erscheinung, die verblasste und wieder auftauchte. Es erschien wie eine Art erotisches Trugbild, das zunächst als eine Abfolge von Wellen, Kurven und Tälern in einem Relief erschien.
    Sie sah genauer hin und versuchte, Umrisse zu erkennen. Im nächsten Moment nahm die Erscheinung mit schockierender Deutlichkeit Konturen an. Juliette starrte hin und wollte ihren Augen nicht trauen.
    Unter ihr in dem Park war ein Herr, ein ausgesprochen gutaussehender Herr noch dazu, der beinahe so nackt war wie die Statuen, die sie in der königlichen Sammlung im Louvre gesehen hatte. Er lag mit dem Gesicht nach unten im Gras, sein Rücken und sein Haar vom letzten Sonnenlicht in ein leuchtendes Rotgold getaucht.
    Die Muskeln seiner Schultern wirkten wie aus Stein gemeißelt; seine Arme waren stark und angespannt, denn er stützte sein Gewicht auf die Hände. Sein Schatten verdunkelte das Gras unter ihm. Ein loses helles Band teilte seinen Körper an der Hüfte entzwei. Es war sein Hemd, erkannte Juliette, das ihm von den Schultern hinuntergeschoben worden war und sich an seinen Ellbogen verfangen hatte. Seine Hose hing tief an seinen Schenkeln fest, so dass sein Hintern entblößt war. Er bewegte sich in einem kräftigen rollenden Rhythmus.
    Während Juliette zusah, glitten zarte Frauenhände unter den Armen des Mannes hindurch auf seinen Rücken und streichelten seinen Po. Der Männerkörper war so groß und breit, dass er die Frau darunter vollständig abschirmte. Einzig ihr langes Haar war zu sehen, das sich wie ein Pfauenrad auf dem Gras fächerte.
    Ganz kurz nur neigte der Mann seinen Kopf leicht seitlich, so dass eine blasse Wange unter ihm zu erkennen war. Dann bewegte er sich wieder, und die Gestalt unter ihm war erneut verdeckt.
    Juliette riss vor Staunen die Augen weit auf. Könnten sie tatsächlich tun, was sie zu tun schienen? Hier im Freien? Und falls ja, warum empörte sich niemand? Sie blickte sich im Park und auf der Brücke um, wo die Leute sie immer noch

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