Die Braut des Satyrs
hervortretenden Adamsapfel. Zerzaustes Haar umrahmte seine Züge wie ein goldener Heiligenschein, glänzend im Mondlicht und ein wenig feucht an den Schläfen vor Anstrengung.
Er kniff die Augen leicht zusammen, als wollte er Juliette genauer ansehen. Prompt wich sie zurück und stieß mit dem Kopf gegen eine Schulter hinter sich.
Sobald der Blickkontakt unterbrochen war, fiel der Zauber des Fremden von ihr ab und sie versuchte, sich aufzurichten. Sie fühlte sich schwindlig und kraftlos wie eine abgegriffene Stoffpuppe. Benommen senkte sie die Stirn auf ihren Unterarm an der Brüstung und atmete tief ein, während sie um ein Gefühl von Normalität rang. In den letzten Minuten hatte sie so gut wie gar nicht geatmet, folglich nahm es nicht wunder, dass ihr schwindelte. Und wahrscheinlich hatte sie auch noch halluziniert.
»Ist Ihnen nicht wohl, Madame?«, fragte jemand nahe bei ihr.
»W-wie bitte?«
Sie hob den Kopf und blickte verwundert auf die Hand eines Mannes, die auf ihrem Arm lag, dann in sein ältliches Gesicht mit breitem Backenbart und besorgten Augen. Immerhin kam sie schnell zur Besinnung und ergriff die Chance auf Hilfe, indem sie den Unterarm des Mannes packte.
»
Non
, ich habe mir meinen Knöchel verdreht,
Monsieur.
« Sie musste es ihm laut zurufen, damit er sie verstand. »Könnten Sie mir bitte helfen, dort zu dem Stadthaus gleich am anderen Ufer hinüberzugehen?«
»Certainement!«
Ihr Retter hakte ihre Hand in seine Ellbogenbeuge, tätschelte sie beruhigend und nahm den Korb auf, den sie ihm mit dem Fuß hinschob.
Ihre Beine zitterten wie Espenlaub, als sie sich von der Steinbrüstung abstemmte, und sie musste sich mit beiden Händen an dem Mann festhalten. Anfangs bewegten sie sich nur sehr langsam voran, denn Juliette musste sich anstrengen, um eine weitere Wandlung zu vermeiden. Dies gelänge ihr umso besser, wenn sie die eben bezeugte Szene aus ihrem Kopf verbannte, weshalb sie ihre Schritte zählte und an lauter Belangloses dachte, auf dass es die Erinnerung vertreiben mochte.
Als sie die Statue von König Henri passierten, erzählte sie ihrem Begleiter alles, was sie im Laufe des letzten Jahres über das Denkmal erfahren hatte: dass die Bronze aus zwei eingeschmolzenen Statuen des früheren französischen Herrschers Napoleon stammte und dass offizielle Dokumente in dem Statuensockel verborgen wurden. Der Mann fand sie gewiss ein wenig seltsam, aber er nickte lächelnd. Wahrscheinlich verstand er ohnedies kaum, was sie sagte.
Während sie nach und nach die Fassung wiedererlangte, wurden ihre Beine allmählich fester und kräftiger. Zunehmend verlässlicher trugen sie Juliette von der Brücke fort und in die Normalität zurück.
Sie musste heim. Sobald sie drinnen war, würden sich die bizarren Wandlungsprozesse in ihr noch rascher umkehren, denn eine richtige Verwandlung war einzig unter freiem Himmel möglich. Aus ebendiesem Grund zog sie es vor, ihr Leben drinnen statt draußen zu verbringen. Nichts war ihr lieber, als sicher in einem Zimmer zu sitzen, das von mörtelverbundenen Mauersteinen und Dachschindeln geschützt war.
Inzwischen gingen sie am Quai de Conti entlang, dann die Treppe hinauf, Juliette dankte ihrem Retter und betrat das Haus. Sicher.
Oder zumindest so sicher, wie sie es jemals sein konnte.
»Wer zum Teufel war das?«, fragte Lyon. Ungläubig und streng zugleich blickte er Sibela in die Augen, die recht verblüfft schien.
»Was?«, stammelte sie. »Ich weiß nicht …«
Er schüttelte sie. »Die Frau auf der Brücke. Du hast sie erkannt, wie ich dir deutlich ansah.«
Sibelas Mund öffnete und schloss sich wie das Maul einer Makrele. Offensichtlich suchte sie nach einer glaubwürdigen Geschichte.
»Spar dir deine Lügen!« Er entzog sich ihr wenig rücksichtsvoll, was eigentlich nicht seiner Art entsprach, aber er empfand auf einmal eine solche Unruhe, dass er gar nicht anders konnte. Blitzschnell sprang er auf und stellte sich breitbeinig über die Nymphe, die Füße zu beiden Seiten ihrer Hüften.
»Ich frage sie selbst«, beschloss er, während er sich schon sein Hemd richtete.
Sibela kniete sich vor ihn und packte seine Schenkel. Flehentlich schaute sie zu ihm auf. »Sie hat keinerlei Bedeutung für uns.«
Lyon jedoch riss bereits seine Hose hoch und zog eine Grimasse, als er seinen noch steifen Penis in den Schlitz zwängte und ihn zuknöpfte. Eben hatte sein Glied den fulminantesten Orgasmus seines lüsternen Lebens erfahren, dennoch war es
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