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Die Braut des Satyrs

Die Braut des Satyrs

Titel: Die Braut des Satyrs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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blickte sich in der Suite hinter ihm um.
    Erst jetzt schien er die drei Bediensteten zu bemerken, die sie begleiteten. »Hier entlang«, antwortete er und ging voraus. Seine Suite verfügte über eine kleine Küche für wohlhabende Dauergäste, und in diese führte er sie nun.
    Ihre Entourage trug Kochutensilien, Schalen, Körbe und ein Silbertablett mit Abdeckhaube herein. Sie blieben, bis die Sachen ausgepackt waren, bevor sie alles bis auf die paar Dinge wieder mitnahmen, die Juliette später allein tragen könnte, wenn sie ging. Mit ein bisschen Glück wäre das in einer Stunde.
    Sie beachtete Lyon so gut wie gar nicht, während sie Anweisungen gab und sämtliche mitgebrachten Sachen in der Küche arrangierte. Sobald ihre Pflicht getan war, huschten die Bediensteten hinaus und überließen Juliette ihrer Aufgabe. Niemand nahm daran Anstoß, dass eine junge Mademoiselle sich ohne Anstandsdame im Hotelzimmer eines Herrn aufhielt. Offenbar wusste jeder, worin ihre Leistung heute Abend bestehen sollte.
    Ganz unten in ihrem Handbeutel befanden sich ein lederner Godemiché sowie eine Spritze, beides in saubere Leinentücher gehüllt. Außerdem hatte sie eine Flasche mit empfängnisverhütender Spülung aus Alaun, Schierlingsrinde und Himbeerblättern bei sich.
    Nur sie allein wusste die ganze Wahrheit darüber, was bei diesen Tête-à-tête-Diners vor sich ging. Und bisher war sie noch nie genötigt gewesen, das Leder oder die Spritze zu benutzen. Trotzdem war sie jedes Mal vorbereitet, wenn sie einen unbekannten Herrn bekochte, ebenso wie sie stets alles dabeihatte, um eine Empfängnis zu verhüten. Für alle Fälle.
    Lyon brachte die Bediensteten zur Tür und schloss sie hinter ihnen, ehe er zu ihr in die Küche zurückkam. Da er nichts sagte, drehte sie sich zu ihm um und sah, dass er die Sachen begutachtete, die sie mitgebracht hatte.
    »Wie lange wird es dauern, das alles zuzubereiten?«, fragte er mit unverwandtem Blick auf den Schneebesen in seiner Hand.
    »Sind Sie in Eile?« Sie hob das Seihtuch von der Butter und den Eiern, mit denen sie ihre Sauce béarnaise abrühren wollte.
    Als Lyon aus dem Fenster schaute, folgte sie seinem Blick. Die Sonne sank bereits, und in weniger als zwei Stunden würde sie in der Seine untergehen.
    »Ich gestehe, ich bin überrascht, dass Sie wahrhaftig alles für ein Diner mitbrachten«, eröffnete er ihr.
    »Es wurde Ihnen versprochen«, entgegnete sie und gab vor, keine Ahnung zu haben, was er sonst von ihr erwartet hätte. »Ich weiß, dass es früh ist, aber die Zeit gaben Sie vor. Sie sind hoffentlich hungrig.«
    Er schmunzelte amüsiert, während er einen ihrer ausgefalleneren Rührlöffel studierte. »O ja, das bin ich!«
    »In einer halben Stunde kann ich servieren«, erklärte sie, denn sie beschloss, seine Bemerkung auf das Essen zu beziehen. »Möchten Sie mir zur Hand gehen?«
    Unsicher sah er auf das Durcheinander von Zutaten und Gerätschaften. »Was ist denn noch zu tun? Hier sieht alles schon fertig aus und duftet köstlich.«
    »Ich habe tagsüber alles vorbereitet, und nun fehlen bloß noch die letzten Handgriffe an den Saucen und den Garnituren. Dazu muss einiges geschnitten und gewürfelt werden. Hier, binden Sie sich das um, dann dürfen Sie etwas klein hacken«, schlug sie vor.
    Er nahm das übergroße Leinentuch, das sie ihm reichte, und wand es sich um. »Ich muss Sie warnen: Bei empfindlichen Sachen bin ich ein bisschen ungeschickt«, ließ er mit Blick auf die Kräuter und Gemüse in ihren zerbrechlichen Schalen verlauten.
    »Nichts hiervon ist wertvoll«, beruhigte sie ihn und erläuterte, wie er Estragon und Kerbel klein schneiden sollte. Sie arbeitete unweit von ihm, so dass sie ihn beobachten konnte, wie er sich in die ungewohnte Tätigkeit stürzte. Seine Entschlossenheit, alles ja richtig zu machen, war bezaubernd, und Juliette entspannte sich ein wenig. Sie genoss es, ein Mahl zu bereiten, und vor allem war sie dankbar, dass er sie nicht sofort in sein Schlafzimmer gedrängt hatte.
    Angesichts seines Vermögens erstaunte seine Garderobe sie auch heute wieder. Abermals versuchte er nicht, sie mit edlen Seiden zu beeindrucken, sondern war so formlos gekleidet wie gestern Abend, ausgenommen den beigefarbenen Gehrock. Seine Kleidung war makellos, aber schlicht. Von Zeit zu Zeit streckte er seine Schultern durch, als wäre ein maßgeschneidertes Jackett ein zu enges Gefängnis für seine muskulöse Statur. Für einen kurzen Moment vergaß Juliette sich

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