Die Braut des Satyrs
nicht wahr?«
Erstmals verweigerte sie ihm die Antwort, die er erwartete, und starrte ihn nur an. Vor drei Jahren war sie so dumm gewesen, ihm zu glauben, als er behauptet hatte, er würde sie lieben. Inzwischen hatte sie längst erkannt, was für ein Ungeheuer er war. Auf keinen Fall durfte sie hier bleiben und sein Kind austragen. Eher würde sie sich umbringen – oder ihn.
Valmont beachtete ihr trotziges Schweigen nicht und fuhr unbeirrt fort: »Sag mir: Wenn ich dich Lord Satyr ausleihe, könntest du dann keusch bleiben? Dürfte ich dir so sehr vertrauen? Es wäre die größtmögliche Probe, auf die ich deine Treue stellen könnte.«
Seine Frage riss sie aus ihren Gedanken. »Was meinst du mit ›ausleihen‹?«
»Wie du bewiesen hast, konntest du ihm widerstehen, als du bei ihm im Hotel warst. Er sucht eine Braut und ist in dich verliebt. Könntest du sein Vertrauen gewinnen …«
Sie klammerte sich mit beiden Händen an den Stuhl. »Sein Vertrauen gewinnen? Wie soll ich das anstellen, nachdem ich ihn gerade auf die übelste Weise hinterging?«
Diesen Einwand wischte Valmont mit einer Handbewegung beiseite. »Benutze deine List! Du wirst schon einen Weg finden. Worauf ich hinauswill, ist, dass du ihn veranlasst, dir nochmals einen Antrag zu machen. Und diesmal wirst du annehmen.«
»Annehmen?«, wiederholte sie verzweifelt. »Aber du weißt, dass ich ihn nicht heiraten kann! Es wäre ungesetzlich.«
»Und du bist eine Spezialistin in puncto ungesetzliches Handeln, nicht wahr, meine kleine Mörderin?«
»Du hast versprochen, dieses Thema nie wieder anzusprechen.«
Er erhob sich und versetzte ihr eine Ohrfeige. »Du bist mein Eigentum. Ich rede mit dir, wie es mir gefällt, und du wirst tun, was ich dir sage!«
Benommen vor Schock, fasste sie sich an ihre brennende Wange und beobachtete mit tränennassen Augen, wie er sich wieder setzte und seine Feder in das Tintenfass tunkte.
»Also, ich werde Lord Satyr eine Nachricht in sein Hotel schicken, in der ich dich ihm anbiete. Wenn er antwortet, wirst du dich mit ihm treffen. Du findest einen Weg, ihn zu ehelichen, und begibst dich in die Höhle des Dämonen. Dort wirst du in der Lage sein, herauszufinden, was sie gegen die Phylloxera tun, und mir umgehend Bericht erstatten.«
»Du erwartest von mir, dass ich als seine Ehefrau keusch bleibe, indem ich meine ›List‹ benutze, wie du es ausdrückst? Jede Nacht, in der er mit mir das Bett teilen will? Selbst wenn mir gelingt, was du von mir verlangst, weiß ich nicht, welche Auswirkungen solche ›Listen‹ langfristig auf seinen Verstand hätten. Was ist, wenn sie ihn vollständig zerstören?«
Achselzuckend schrieb er weiter. »Der Preis für Satyr-Wein ist höher denn je, wusstest du das?«, fragte er finster. »Seine Familie profitiert von der Vernichtung meiner Familie. Nun beabsichtige ich, vom Niedergang der Seinen zu profitieren.«
Während Valmont noch schrieb, wanderte Juliettes Blick zu den Augen des längst erlegten Hirsches über seinem Schreibtisch hinauf. Sie waren leer, tot, genau wie Juliette sich fühlte.
»Wirst du niemals genug haben?«, flüsterte sie unglücklich.
Er beendete seinen Brief mit einem zufriedenen Schwung und blies auf die feuchte Tinte. »Rede keinen Unfug! Mach dich lieber nützlich, und bring mir das Siegelwachs aus der Vitrine!«
Wie von selbst stand sie auf und ging zum Glasschrank. Doch was sie dort sah, weckte sie jäh aus ihrer Benommenheit. Hinter dem Glas, auf dem zweiten Fach von unten, war die seltsame kleine Sammlung weiblicher Kleinode.
Ein neuer Gegenstand lag ganz am Ende der Reihe, ein Armband. Es war dasselbe Armband, das Fleur ihr voller Stolz gezeigt hatte und nicht mehr abnahm, seit sie es geschenkt bekommen hatte.
Nun jedoch lag es hier, auf einem kleinen Fetzen Samt ausgestellt in Valmonts Vitrine. Wie eine Trophäe! Ja, das war es, was all diese Gegenstände für Valmont darstellten, erkannte Juliette entsetzt. Sie waren seine Trophäen, Erinnerungsstücke, die er Frauen wegnahm.
»Beeil dich, Mädchen! Was trödelst du so?«
Rasch steckte sie den kleinen Gegenstand in ihre Tasche und kehrte mit dem Siegelwachs zu ihm zurück. Sie hielt den Atem an, als er sie ungeduldig ansah, aber ihm schien nichts Ungewöhnliches aufzufallen.
»Geh! Ich gebe dir Bescheid, sowie ich seine Antwort erhalten habe.«
Ihre Gedanken wie auch ihre Schritte wurden von einer neuen, schockgetriebenen Entschlossenheit beschleunigt, als sie seine Bibliothek
Weitere Kostenlose Bücher