Die Braut des Satyrs
Bett, wo er sich mit ihr in den Armen hinlegte. In ihrer wohligen Erschöpfung war sie außerstande, sich zu rühren, so dass sie nur ganz still dalag. Dann und wann zuckte ihr Leib noch unfreiwillig unter dem versteckten Puls eines Höhepunktes, der nicht recht abklingen wollte.
Das Feuer knisterte, und aus der Dunkelheit draußen drangen das Trommeln des Regens und Donnergrollen zu ihnen. Schließlich ging ihr Atem wieder ruhiger, und sie schwiegen ermattet Seite an Seite.
Juliette strich mit ihrem Handrücken über die goldene Haut auf Lyons Bauch und tiefer, wo sein Schamhaar feucht vom Liebesakt war. Dann ertastete sie seinen Penis, der immer noch steif war.
Fragend blickte sie zu ihm auf.
»Später«, murmelte er und streichelte ihre Wange. »Ruh dich aus!«
Ohne die Augen von ihr abzuwenden, berührte er den Bluterguss an ihrer Hüfte, als hätte er von seinen Brüdern erfahren, dass er dort war und was er bedeutete. »Es tut mir leid.«
Sie zuckte lediglich mit den Schultern, denn in diesem Moment wollte sie nicht über ihren Verlust sprechen. Das gehörte der Vergangenheit an. Hier, vor ihr, lag ihre Zukunft. Vielleicht. Aber plante Lyon, sie einzig für diese Nacht, ein paar Nächte oder für alle künftigen Nächte zu besitzen?
»Genug der Ungewissheiten!«, hauchte sie, drehte sich auf den Bauch und stützte sich auf ihren Ellbogen auf. »Verrate mir, was du bist und wie du andere Wesen aus dem Nichts herbeirufen kannst!«
»Ah!« Er sank auf den Rücken, wobei er sie mit sich nahm, so dass sie auf seiner Brust landete. Erst nachdem er eine Weile überlegt hatte, fragte er zurück: »Kennst du die sagenumwobenen Satyrn?«
Sie stützte ihr Kinn auf eine Faust, um ihn besser zu sehen. »Die Jünger von Dionysos, dem Gott des Weines?«
Er nickte. »Oder Bacchus, wie er in Italien heißt, aber sie sind ein und derselbe. Die Satyrn sind seit Anbeginn der Zeiten seine Lehrlinge.« Wieder betrachtete er sie nachdenklich, ehe er zögernd fortfuhr: »Meine Brüder und ich sind ihre Nachfahren. Bis heute bewachen wir sein Vermächtnis auf unseren Anwesen, die Weine, die er schuf und ein Portal, das seine Welt von dieser trennt.«
Während er redete, hielt er sie fester, als fürchtete er, dass sie fliehen könnte, wenn sie die Wahrheit erfuhr. Nun jedoch lockerte seine Umarmung sich, denn sie hörte ihm ruhig zu. Natürlich hatte sie noch mehr Fragen, und sie stellte sie auch. Seine Antworten kamen mit der unbeschwerten Offenheit, die sie schon an ihm schätzte, als sie erstmals bei Valmont mit ihm gesprochen hatte – vor seiner Krankheit. Hinterher wurden sie beide wieder still.
Er sah sie an, streichelte ihr Haar und entdeckte eine weiche Brustspitze unter den langen Locken, mit der er gelassen spielte, bis sie sich unter seinen Fingern aufrichtete. Dann strich er mit der anderen Hand über ihren Rücken, und ein sinnlicher Ausdruck trat auf seine Züge. »Kannst du mich noch einmal aufnehmen?«, fragte er mit tiefer, betörender Stimme. »Wo meine Brüder in dir waren?«
Lächelnd nickte sie.
So ging es die ganze Nacht über: Sie redeten, aßen, schliefen und vereinten sich im Wechsel. Hier, allein in der Hütte, waren sie die einzigen beiden Menschen, die zählten, und was sie taten, bewegte sich jenseits jedweder gesellschaftlicher Normen oder Zensur.
Inmitten des Unwetters waren sie in einem heimeligen, intimen Refugium, ihre Welt klein und sicher – heute Nacht.
Sie hatte ihm neues Leben geschenkt, und als der Morgen dämmerte, schenkte er ihr ebenfalls etwas, indem er ihr erklärte, welches ihre Wurzeln waren. Sie staunte, als sie erfuhr, dass ihr Vater ein König gewesen war.
Die Sonne kam und ging und nach ihr eine weitere. Immer noch blieben sie einander nah, liebkosten und vereinten sich so oft, dass sie bald nicht mehr wussten, wo der eine Leib endete und der andere anfing. Sie küssten einander und teilten ihre Geheimnisse, zumindest einige von ihnen. Und während sie gar nicht darauf achteten, wie die Stunden vergingen, gab es nur sie beide.
Dann, mit dem nächsten Sonnenaufgang, traf die Kutsche ein.
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14
Erdenwelt, Toskana, Italien, im November 1823
W illkommen in meinem Heim!«, sagte Lyon hörbar zufrieden.
Juliette blickte sich in der großen Diele um, die sie betraten, und mühte sich, vor Schreck nicht den Mund offen stehen zu lassen. Die Inneneinrichtung seines
Castellos
nämlich kam einem Desaster gleich! Obwohl dieser Raum und der angrenzende riesig waren,
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