Die Braut des Scheichs
Schweigen verriet, dass sie diese Reaktion nicht erwartet hatte. Sofort meldete sich Xenias schlechtes Gewissen. Sie wollte ihre Tante wirklich nicht kränken oder in Schwierigkeiten bringen. Soraya war immer überaus nett zu ihr gewesen … aber sie wusste auch um die wirklichen Pläne von Abu Assad, wie Xenia sich energisch ins Gedächtnis rief.
„Dein Großvater wird enttäuscht sein“, antwortete Soraya nun, wobei sie ein wenig erzwungen lächelte. „Er hat sich so darauf gefreut, dich kennen zu lernen. Aber wenn du natürlich etwas anderes zu tun hast …“
„Ich habe für morgen einen Ausflug in die Wüste gebucht“, erklärte Xenia ihr fast schuldbewusst, „und muss natürlich einiges vorbereiten.“
Ihre Tante nickte und nahm diese Erklärung ohne weiteren Kommentar hin. Sie begleitete Xenia noch zum Hotel zurück, lehnte aber ab, als Xenia sie zu einer Tasse Kaffee einlud. Sie wollte gerade in ihr Taxi einsteigen, als Xenia … aus einem spontanen Gefühl heraus, das sie selber am wenigsten begriff … sie zurückhielt und ihr zuflüsterte: „Ich … habe es mir anders überlegt. Ich werde heute Nachmittag kommen und Großvater besuchen.“
Unglücklich über ihre eigene Schwäche, presste Xenia die Lippen zusammen, während ihre Tante sie strahlend an sich drückte. „Ich weiß, dass es nicht leicht für dich ist, Xenia“, sagte Soraya aufmunternd. „Aber dein Großvater ist kein Unmensch. Er will nur das Beste für dich.“
Diese in vieler Hinsicht bedeutsamen Worte weckten in Xenia erneut böse Vorahnungen. Doch es war zu spät, ihre Entscheidung zurückzunehmen.
„Dein Großvater macht nach dem Essen einen Mittagsschlaf. Ich werde dir rechtzeitig einen Wagen schicken, der dich abholt und zur Villa bringt. Wäre dir halb fünf recht?“
Xenia nickte. Was blieb ihr anderes übrig?
Xenia hatte halb erwartet, dass Blaize während ihrer Abwesenheit aus dem Hotel versucht hätte, Kontakt mit ihr aufzunehmen. Schließlich hatte sie ihm bislang noch nichts für seine bisherigen „Dienste“ bezahlt. Aber bei ihrer Rückkehr erwartete sie keine Nachricht … und Blaize schon gar nicht!
Sie versuchte, sich einzureden, das der Stich, den ihr diese Erkenntnis versetzte, lediglich damit zusammenhing, dass es sie danach drängte, die überraschenden Entwicklungen des Tages mit ihm zu besprechen … auf rein geschäftlicher Basis natürlich … und mit ihm nun das weitere Vorgehen abzusprechen. Es war schließlich nur natürlich, dass sie in Anbetracht von Sheikh Rashids Rückkehr ein Treffen mit Blaize kaum erwarten konnte. Und was den vorangegangenen Abend betraf … was bedeutete schon ein Kuss? Nur sie allein wusste, dass sie … etwas übertrieben darauf reagiert hatte. So naiv war sie nicht, sich einzubilden, dass es Blaize irgendetwas bedeutet haben könnte, sie zu küssen!
Warum also hatte er nicht versucht, sie zu erreichen? Und warum hatte sie sich nicht endlich eine Handynummer oder so etwas von ihm geben lassen, um ihn erreichen zu können?
Obwohl es schon nach zwei Uhr war und sie am Morgen kaum gefrühstückt hatte, hatte Xenia überhaupt keinen Appetit. Im Gegenteil, ihr war ganz flau bei dem Gedanken an das bevorstehenden Treffen mit ihrem Großvater … und die Sorge um Rashids Rückkehr und Blaize’ unerklärliches Schweigen trug nicht gerade dazu bei, sie zu beruhigen. Xenia entschied sich, ein entspannendes Bad zu nehmen und sich noch etwas auszuruhen, bevor der Wagen sie abholen würde.
Schließlich war es aber Zeit, sich umzuziehen und für das Treffen mit ihrem Großvater fertig zu machen. Unschlüssig begutachtete Xenia ihre Garderobe. Das Leinenkleid mit der dazu passenden Jacke wäre sicher eine gute Wahl, schlicht, aber elegant … oder … Mit zittriger Hand nahm sie den schwarzen Hosenanzug von der Stange. Einfach geschnitten, aus matt schimmernder schwarzer Rohseide gefertigt, bedeutete ihr dieser Anzug etwas ganz Besonderes. Ihre Mutter hatte ihn ihr kurz vor ihrem Tod gekauft … als Glücksbringer für die Vorstellungsgespräche an der Universität.
Stattdessen hatte Xenia ihn dann zur Beerdigung ihrer Eltern getragen. Wann immer sie aber den zarten Stoff berührte, kam ihr nicht mehr dieser traurige, trostlose Tag ins Gedächtnis, sondern sie sah das liebevolle Leuchten in den Augen ihrer Mutter, als diese entschlossen in die teure Boutique marschiert war und verkündet hatte, ihrer Tochter ein Geschenk kaufen zu wollen … und dann darauf bestanden hatte,
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